94 % aller Lemurenarten sind gefährdet. (Foto: Martina Lippuner / WWF)
Zürich- Auch dieses Jahr musste die Weltnaturschutzunion IUCN die Liste der bedrohten Pflanzen- und Tierarten erweitern. Rund ein Drittel der Arten (22’413) gelten heute als gefährdet. Mitverantwortlich sind der Klimawandel, die Landwirtschaft und die Wilderei. Die Zahl ist gegenüber im Vorjahr nochmals um 1125 Arten gestiegen, wie der WWF mitteilt. Besonders für Lemuren, Walrösser, Elefanten, Pazifische Blauflossenthunfische und viele Amphibienarten war 2014 ein hartes Jahr. Doch es gibt auch positive Meldungen: Tiger, Blauwale und Berggorillas profitieren von neuen Schutzgebieten. Auch dem Biber geht es besser, und der in unseren Breitengraden ausgestorbene Europäische Wisent wurde in Deutschland erfolgreich wieder angesiedelt.
Verlierer 2014
Lemuren: 94 Prozent aller Lemurenarten sind gemäss IUCN gefährdet. Das gilt auch für die grösste bekannte Art, den Grossen Indri („vom Aussterben bedroht“), sowie für die kleinsten Primaten der Welt, die Berthe-Mausmaki („gefährdet“). Lemuren gibt es nur in Madagaskar, und sie sind durch die Zerstörung ihres tropischen Lebensraums und Wilderei besonders gefährdet. Mittlerweile sind 90 Prozent des Regenwaldes auf Madagaskar verschwunden.
Afrikanischer Elefant: Schon letztes Jahr wurden 20‘000 Elefanten Opfer skrupelloser Krimineller, die es auf die Stosszähne abgesehen haben. Auch dieses Jahr ging die Wilderei unvermindert weiter. Die Zahl der gewilderten Tiere liegt damit seit 2010 zum vierten Mal in Folge über der natürlichen Reproduktionsrate, sodass einzelne Populationen vom Aussterben bedroht sind.
Walross: Ende September kam es in Alaska zu einem ungewöhnlichen Schauspiel: Auf einem Strand lagen 35‘000 Walrösser. Normalerweise ruhen sich die Tiere auf Eisschollen aus. Doch wegen des Klimawandels hat sich das Packeis der Arktis 2014 stärker zurückgezogen als bisher. Das erhöht den Druck auf den Lebensraum.
Pazifischer Blauflossenthunfisch: Der weltweit steigende Hunger nach Sushi bedroht den Pazifischen Blauflossenthunfisch. Er musste 2014 auf der Roten Liste neu auf die Stufe „gefährdet“ gesetzt werden. Der bis zu 60 Kilogramm schwere Raubfisch sorgt für das ökologische Gleichgewicht unter den Fischarten. Seine massive Überfischung wirkt sich somit auch negativ auf das gesamte Ökosystem aus.
Gelbbauchunke: Wegen unserem Ordnungsbedürfnis verschwinden immer häufiger auch kleine Überschwemmungsflächen, Pfützen oder Tümpel – und damit wertvolle Lebensräume der Gelbbauchunke. Die Bestände des kleinen Lurches werden jährlich kleiner, sodass er in der Schweiz unterdessen als „stark gefährdet“ gilt.
Gewinner 2014
Europäischer Wisent: Das grösste Landsäugetier Europas starb nach dem Ersten Weltkrieg aus, doch nach und nach werden Wisente wieder ausgesetzt. Eine kleine Herde fand im deutschen Rothaargebirge eine neue Heimat. Dieses Jahr erblickten drei Kälber das Tageslicht. Total leben heute über 3’400Tiere in freier Natur. Damit rückt das langfristige Überleben der Art in freier Wildbahn wieder in greifbare Nähe.
Blauwal: Die grösste Blauwal-Population der südlichen Hemisphäre bekommt mehr Schutz. Chile hat ein 70‘000 Hektar grosses Schutzgebiet eingerichtet: Mehrere hundert Blauwale kommen jedes Jahr im Golf von Corcovado zusammen, um ihre Jungen aufzuziehen. Seit 2005 hat der WWF für das Schutzgebiet gekämpft. Es ist enorm wichtig, denn auf der Südhalbkugel leben nur noch 1’400 Blauwale.
Berggorilla: Der Ölkonzern Soco International beendet die Aktivitäten zur Ölförderung im Virunga-Nationalpark – nicht zuletzt auf Druck des WWF und von 750‘000 Menschen, die eine entsprechende Petition unterzeichneten. Damit ist die Gefahr für das UNSECO-Weltnaturerbe vorerst abgewandt. Die Region ist Heimat von knapp 200 seltenen Berggorillas. Weltweit gibt es nur noch 880 Tiere – umso wichtiger ist der Schutz dieser Region.
Tiger: Vor hundert Jahren gab es weltweit 100‘000 Tiger – davon sind heute nur noch rund 3‘200 übriggeblieben. Der WWF hat sich zum Ziel gesetzt, diese Zahl bis zum chinesischen Jahr des Tigers im 2022 zu verdoppeln. Gute Nachrichten kommen aus Nepal: Dank Schutzmassnahmen wie der Eindämmung von Wilderei und Schmuggel nahm die Zahl der Tiger dort innerhalb von vier Jahren um 63 Prozent zu – auf bereits wieder rund 200 Tiere.
Biber: Der Bestand des bereits im 19. Jahrhundert in der Schweiz ausgerotteten Bibers hat sich in den letzten Jahren massiv erholt. Nachdem der WWF 1968 Wiederansiedlungen startete, gehen neueste Schätzungen von über 2‘000 Bibern in Schweizer Gewässern aus. Der Nager mit den imposanten Zähnen hilft bei Revitalisierungsbestrebungen, indem er Flussläufe zu seinen Gunsten umbaut, was wiederum auch vielen anderen Arten zugutekommt.
(WWF/mc/pg)