Basel – Ein Jahr nach einer Infektion mit dem Coronavirus leiden Betroffene deutlich häufiger an typischen Long Covid-Symptomen wie Erschöpfung als Personen, die nie PCR-positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Diese Häufung lässt sich nicht auf eine psychische Belastung durch die Pandemie zurückführen. Das zeigen die Befunde der Swiss Corona Stress Study der Universität Basel bei über 11’000 Teilnehmenden.
Erschöpfung, kognitive Probleme oder Schmerzen gehören zu den typischen Long Covid-Symptomen. Sie kommen in der Bevölkerung auch ohne eine vorangegangene Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 vor, einige treten möglicherweise gehäuft auf infolge der erhöhten psychischen Belastung während der Pandemie. Deshalb ist es wichtig, die Häufigkeit von Long Covid-Symptomen nicht nur bei nachgewiesen Infizierten zu erfassen, sondern auch bei Kontrollpersonen ohne Infektion. Die Daten der Swiss Corona Stress Study erlauben nun diesen Vergleich.
An der vierten Umfrage vom November 2021 im Rahmen der Swiss Corona Stress Study unter der Leitung von Prof. Dr. Dominique de Quervain haben sich über 11’000 Personen aus der gesamten Schweiz beteiligt. Zusätzlich zu Daten zur erhöhten psychischen Belastung während der Pandemie, die bereits publiziert wurden, erfragten die Forschenden das Vorhandensein diverser körperlicher und neurologischer Symptome in den letzten zwei Wochen vor der Umfrage. 744 Personen gaben an, neun Monate oder länger (im Mittel 362 Tage) vor der Umfrage per PCR positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden zu sein (98 Prozent davon ohne Spitalaufenthalt).
Symptome bei Infizierten im Vergleich zu Kontrollpersonen
Mehrere Symptome kamen bei zuvor auf Sars-CoV-2 positiv getesteten Personen häufiger vor als bei Sars-CoV-2-negativen Kontrollpersonen (siehe Grafik). Die Gruppe der Kontrollpersonen wurde so ausgewählt, dass sie sich hinsichtlich soziodemographischer Daten, wie beispielsweise Alter, Geschlecht oder Bildung, sowie im Impfstatus und bezüglich vorbestehender psychischer Probleme nicht von der Gruppe der Sars-CoV-2-positiven Personen unterscheidet.
Die deutlichsten Unterschiede zwischen den beiden Personengruppen zeigte sich bei den Symptomen Geruchs-/Geschmacksverlust, rasche körperliche Erschöpfung und Fieber. Diese Symptome traten in der Gruppe der vormals Sars-CoV-2-Positiven deutlich häufiger auf, unabhängig vom Alter oder Geschlecht der Personen. Es gibt aber auch Symptome, bei denen sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen fanden, wie beispielsweise Magen-Darm-Beschwerden.
Keine Zunahme psychischer Belastung nach Infektion
Könnten Long Covid-Symptome von einer langanhaltenden psychischen Belastung nach einer Infektion mit dem Coronavirus stammen? Dafür gibt es in dieser Studie keine Hinweise: Die Gruppe der Sars-CoV-2-positiven Personen unterschied sich hinsichtlich Stress- und depressiver Symptome nicht von den Sars-CoV-2-negativen Kontrollpersonen.
Die Resultate beziehen sich auf den Erhebungszeitraum vom 16. bis 28. November 2021. In diesem Zeitraum haben 11’167 Personen aus der gesamten Schweiz an der anonymen Online-Umfrage teilgenommen. Die Umfrage war als Stressumfrage angekündigt, die ungefähr 20 Minuten dauert. Daher ist es möglich, dass Personen, die unter starken kognitiven Problemen oder Erschöpfung leiden, unterrepräsentiert und diese Long Covid-Symptome unterschätzt sind. (Universität Basel/mc/ps)
Details und vollständige Resultate unter OSF Preprint.
Definition Long Covid
Nach einer Sars-CoV-2-Infektion können Betroffene noch viele Monate an Symptomen wie Erschöpfung, Geruchsstörungen oder Konzentrationsproblemen leiden. Nach der Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO spricht man von Long Covid oder einer Post-Covid-19-Condition, wenn die Symptome mindestens drei Monate nach dem Auftreten von Covid-19 vorhanden sind und nicht durch eine andere Diagnose erklärt werden können. Die Symptome können nach der anfänglichen Genesung von einer akuten Covid-19-Erkrankung neu auftreten oder von Beginn an vorhanden sein.