Belvédère Asset Management: H4L – Ein neues Akronym macht an den Finanzmärkten die Runde

Belvédère Asset Management: H4L – Ein neues Akronym macht an den Finanzmärkten die Runde
Thomas Heller, CIO Belvédère Asset Management. (Bild: Belvédère AM)

aktueller Marktkommentar von Thomas Heller, Belvédère Asset Management

Im aktuellen Leitartikel seines Marktkommentares greift Thomas Heller ein neues Akronym auf und fragt: «H4L: Ein neues Akronym macht an den Finanzmärkten die Runde. Die Erkenntnis, dass die Zinsen länger hoch bleiben werden, hat zuletzt deutliche Spuren an den Finanzmärkten hinterlassen. War’s das nun an der Zinsfront? Und was können Anleger bis Ende Jahr noch erwarten?»

Sie finden Sie finden unten den Leitartikel in voller Länge sowie den aktuellen Marktkommentar zum Download hier.

Zinsen:
Die Zinsen dürften einen Grossteil der Aufwärtsbewegung hinter sich haben. Hoffnungen auf einen schnellen Zinsrückgang sind aber verfrüht, auch weil die Notenbanken die Zinsen tendenziell länger hoch halten werden.

Aktien:
Die Aktien beendeten das dritte Quartal mit Verlusten im mittleren einstelligen Bereich. Die Börsen dürften im Schlussquartal volatil bleiben. Wir fokussieren uns auf Qualitätsaktien mit wenig Schulden.

Immobilien:
Kurse von Immobilienanlagen blieben im dritten Quartal per Saldo nahezu unverändert, die fundamentale Nachfrage ist intakt und die Bewertungen sind interessant. Die höheren Zinsen wirken sich hingegen belastend aus.

Rohstoffe:
Nach dem starken Anstieg wird die Luft fürs Öl dünn. Für Gold sehen wir weiterhin keine Impulse.

H4L
Ein neues Akronym macht an den Finanzmärkten die Runde: H4L – higher for longer. Gemeint ist damit, dass die Zinsen, allen voran die Leitzinsen der Notenbanken, länger auf den heutigen hohen Niveaus verharren werden, als dies viele Finanzakteure erwartet oder gehofft hatten. Zur Erinnerung: Noch im Mai waren die Märkte davon ausgegangen, dass die US-Notenbank (Fed) die Leitzinsen nicht mehr anheben, sondern vielmehr bis Anfang 2024 vier Mal senken würde. Dies schien uns schon damals masslos übertrieben und schwebte eher als Damoklesschwert über den Märkten, falls die Zinssenkungsphantasien dereinst ausgepreist würden und damit eine Stütze der Börsenhausse wegfiele.

Dass die Erwartung sinkender US-Leitzinsen in der Folge tatsächlich markant korrigiert wurde, ohne dass dies spürbare Auswirkungen auf die Märkte hatte, war äusserst bemerkenswert. Nun, mit einiger Verzögerung und mit tüchtiger «verbaler Unterstützung» der Notenbanken, ist H4L an den Märkten angekommen und hat im dritten Quartal seine Spuren hinterlassen. So stiegen die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen von Juni bis September deutlich an. In den USA etwa von 3.84% auf 4.57% (den höchsten Stand seit 2007) oder in Deutschland von 2.39% auf 2.84%, und bescherten Obligationen-Anlegern Verluste von mehr als drei Prozent. Nur wenig besser erging es Anlegern von Anleihen der Schweizer Eidgenossenschaft. Der Zinsanstieg im dritten Quartal von 0.96% auf 1.10% hatte Kursverluste von rund zwei Prozent zur Folge. Die Zinsentwicklung war auch massgeblich ursächlich für den Rückschlag an den Aktienmärkten. Ab dem – je nach Markt – Jahres- oder Zwischenhoch Ende Juli gab der SPI um 3.7% nach, der Euro Stoxx um 6.1%, der S&P 500 um 6.3% und der chinesische CSI 300 gar um knapp 8% (jeweils in Lokalwährung).

Für den Rest des Jahres stellen sich drei Fragen. Erstens: War’s das mit den Leitzinserhöhungen? Antwort: Ja. Die Notenbanken haben sich zwar die Option für weitere Zinserhöhungen offengelassen. Die anhaltende Wachstumsschwäche und die hartnäckige, aber im Trend fallende Inflation werden die Währungshüter von weiteren Zinsschritten abhalten. Auch für die langfristigen Zinsen bedeutet dies nach dem jüngsten Anstieg, dass der Höhepunkt nahe ist. Zweitens: Mündet der wirtschaftliche Abschwung doch noch in eine Rezession? Antwort: Nicht in den USA, die konjunkturell immer noch überraschend gut dastehen. Vermutlich ja, zumindest «technisch», in der zyklischeren Eurozone. Sowie ungewiss in China, wo vieles von der Entwicklung im Immobiliensektor sowie vom Willen und den Möglichkeiten der Regierung für unterstützende Massnahmen abhängt. Und drittens: Was heisst das für die Aktienmärkte? Antwort: Die höheren Zinsen und die Wachstumsschwäche dürften in den Kursen weitgehend eingepreist sein. H4L verliert etwas von seinem Schrecken, eine anhaltende Baisse ist nicht zu erwarten. H4L steht aber auch einer spürbaren Erholung im Weg. Es fehlen die Auslöser für deutlich anziehende Kurse. «Volatil seitwärts» – ein Schlagwort, das ich eigentlich ungern verwende – scheint ein realistisches Szenario für das Schlussquartal. Und es bleibt die Hoffnung auf eine so oft zu beobachtende Jahresendrallye. (Belvédère AM/mc/ps)

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