Rote Mauerbiene «bei der Arbeit». Der Wert der ökologischen Dienstleistung durch Bestäubung von rund 200 Milliarden US-Dollar im Jahr 1993 auf rund 350 Milliarden US-Dollar im Jahr 2009 zu. (Foto: Susan Walter / UFZ)
Leipzig – Der ökonomische Wert von bestäubungsabhängigen Anbaufrüchten hat sich in den vergangenen Jahren weltweit deutlich erhöht. Wie ein Team von Forschern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), der TU Dresden und der Universität Freiburg unter Federführung des UFZ in einem Beitrag für das Open-Access-Journal PLoS ONE schreibt, nahm dabei der Wert der ökologischen Dienstleistung durch Bestäubung von rund 200 Mrd Dollar 1993 auf rund 350 Mrd Dollar im Jahr 2009 zu. Erstmals konnten die Forscher auch zeigen, in welchen Regionen der Welt der Wert der Bestäubung besonders hoch und die Landwirtschaft zudem besonders abhängig von tierischer Bestäubungsleistung ist.
Analysiert haben die Wissenschaftler diesen Zusammenhang anhand von 60 Anbaufrüchten wie Kakao, Kaffee, Äpfel oder Sojabohnen, die auf die Bestäubung durch Tiere, zumeist Insekten wie Honig- und Wildbienen, Schmetterlingen oder Hummeln angewiesen sind. Damit konnten sie eine globale Karte der Abhängigkeit der landwirtschaftlichen Erträge von der Bestäubungsleistung vorlegen. „Wir können jetzt mit einer hohen räumlichen Auflösung schätzen, wie gross dieser Beitrag in vielen Regionen ist“, sagt dazu Hauptautor Sven Lautenbach, Wissenschaftler am UFZ-Department für Landschaftsökologie.
Nutzen in China, Indien, Brasilien, Japan und den USA besonders gross
In Staaten wie etwa China, Indien, USA, Brasilien und Japan ist der Nutzen durch die bestäubungsabhängigen Produkte besonders hoch. Analysiert haben die Forscher diesen Effekt erstmals auch auf regionaler Ebene: In den USA ist die Abhängigkeit beispielsweise in Kalifornien besonders hoch, im Corn Belt im Mittleren Westen dagegen relativ gering. In Asien ist die Abhängigkeit besonders gross im Nordosten Chinas, in Europa und Afrika vor allem in den Mittelmeerstaaten wie Italien oder Griechenland sowie entlang des Nils in Ägypten.
Wert hat stark zugenommen
Global hat der Wert bestäubungsabhängiger Agrarprodukte und damit der Wert der ökologischen Dienstleistung stetig zugenommen. Zurückzuführen ist das auf stark gestiegene Produktionsmengen bestäubungsabhängiger Anbaufrüchte. Seit 2001 kann zudem eine starke Zunahme der Produzentenpreise bestäubungsabhängiger Anbaufrüchte beobachtet werden, die deutlich stärker in die Höhe schnellten als Preise nicht bestäubungsabhängiger Ackerfrüchte wie etwa Reis, Getreide oder Mais. Für die Forschergruppe ist dies ein Hinweis, dass sich die Intensivierung der Landwirtschaft in einem weltweiten Preisanstieg von bestäubungsabhängigen Kulturen niederschlägt.
Ein erstes Warnsignal
Werden auf Äckern mehr Pestizide gespritzt, mehr Dünger ausgebracht und wertvolle Landschaftsstrukturelemente wie Hecken und Baumreihen in Ackerland umgewandelt, verschwinden die Insekten. Damit sinkt die Bestäubungsleistung, was sich wiederum in höheren Produzentenpreisen niederschlägt. „Wir werten diesen Preisanstieg als ein erstes Warnsignal, dass es zu Konflikten zwischen der Dienstleistung der Insektenbestäubung und anderen Landnutzungen kommen könnte“, sagt Sven Lautenbach. Sollten beispielsweise Hecken, Baumreihen oder Saumstrukturen als wertvolle Habitate für Insekten in den Produzentenländern weiter verschwinden und in landwirtschaftliche Flächen oder Siedlungsflächen umgewandelt werden, könnten die Preise für Kaffee oder Kakao in Zukunft steigen.
Besonders treffen könnte ein potenzieller Bestäuberrückgang nach Berechnungen der Forscher jene Länder, in denen bestäubungsabhängige Früchte oder Kulturen einen wesentlichen Teil des in der Landwirtschaft erzeugten Bruttoinlandprodukts ausmachen. Dazu zählen zum Beispiel Argentinien, Belgien, China, die Elfenbeinküste, Ghana, Honduras und Jordanien. Belegen konnten die Forscher beispielsweise auch, dass in Staaten wie Aserbaidschan, Armenien, Kamerun oder der Ukraine die prozentuale Abhängigkeit von diesen landwirtschaftlichen Produkten zwischen 1993 und 2009 stark zugenommen hat. In Staaten wie Ägypten, Indien, Jordanien oder der Türkei sank die prozentuale Abhängigkeit dagegen im gleichen Zeitraum. (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung/mc/pg)