Neuenburg – Von den 5409 Personen, die im Sommer 2012 eine zweijährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) begonnen haben, schlossen fast drei Viertel ihre Ausbildung bis Ende 2014 erfolgreich ab. Die meisten (70,4%) haben dies auf direktem Weg und ohne Lehrvertragsauflösung (LVA) gemacht. Bei knapp der Hälfte der Jugendlichen, bei denen es zu einer LVA kam, gelang ein Wiedereinstieg in eine andere zertifizierende Ausbildung auf Sekundarstufe II. Erstmals haben das Bundesamt für Statistik (BFS) und das Schweizerische Observatorium für die Berufsbildung am Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung (OBS EHB) Lehrvertragsauflösungen bei den EBA-Lehren untersucht.
Lehrvertragsauflösungen sind der häufigste Grund, weshalb rund zehn Prozent der jungen Erwachsenen in der Schweiz keinen Ausbildungsabschluss erreichen. Dabei ist eine Lehrvertragsauflösung (LVA) nicht gleichbedeutend mit einem Lehrabbruch. Viele steigen wieder in eine Ausbildung ein und schliessen diese erfolgreich ab. Erst mit der Einführung der neuen AHV-Versichertennummer in der Bildungsstatistik ist es möglich geworden, den Parcours der Jugendlichen im Bildungssystem verlaufsstatistisch zu analysieren und Betriebs- oder Berufswechsel bzw. den Wiedereinstieg in eine andere zertifizierende Ausbildung auf Sekundarstufe II von tatsächlichen Abbrüchen zu unterscheiden. Im Auftrag des Bundesamts für Statistik (BFS) hat das Schweizerische Observatorium für die Berufsbildung des Eidgenössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung (OBS EHB) die Lehrvertragsauflösungen erstmals genauer untersucht. Basierend auf neuen Daten und einer dadurch neu anwendbaren Berechnungsmethode liegen nun erste Ergebnisse für die zweijährige berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest (EBA) vor. Resultate für die Ausbildungen zum eidgenössischen Fähigkeitszeugnis (EFZ) werden erstmals Ende 2017 vorliegen.
Hohe Zertifikationsquote bei den EBA
Fast drei Viertel der Lernenden, die im Sommer 2012 eine zweijährige berufliche Grundbildung begonnen haben, konnten ihre Ausbildung bis Ende 2014 erfolgreich abschliessen. Die allermeisten (70,4%) haben dies auf direktem Weg gemacht, d.h. ohne Lehrvertragsauflösung. Das restliche Viertel hat zweieinhalb Jahre nach Ausbildungsbeginn noch keinen Berufsabschluss erworben. Die meisten (20,2%) sind zwei Jahre später nicht zum Qualifikationsverfahren (QV) angetreten, weil sie die Lehre ohne Wiedereinstieg abgebrochen oder weil sie nach der Vertragsauflösung in eine andere Grundbildung gewechselt haben, die sie erst später abschliessen können. Knapp 6 Prozent der Lernenden schliesslich haben das QV nicht bestanden.
Hohe Wiedereinstiegsquote nach einer Lehrvertragsauflösung
Die Lehrvertragsauflösung stellt für viele Lernende keinen Endpunkt ihrer beruflichen Ausbildung dar. Knapp die Hälfte (48,9%) der Lernenden, die 2012 eine zweijährige berufliche Grundbildung begonnen und dann vorzeitig beendet haben, ist bis Ende 2014 wieder in eine Lehre eingestiegen. Davon hat ein gutes Fünftel den Lehrbetrieb gewechselt. Fast ebenso viele haben in eine berufliche Grundbildung mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) gewechselt – innerhalb des Ausbildungsfelds (z.B. Wechsel Detailhandelsassistentin EBA zur Detailhandelsfachfrau EFZ) oder ausserhalb.
Moderate Unterschiede nach Nationalität und Geschlecht…
Zwischen Lernenden mit Schweizer und ausländischer Nationalität zeigen sich kaum Unterschiede. Grösser sind die Unterschiede nach Geschlecht: Während 26,9 Prozent der Männer mindestens eine Lehrvertragsauflösung (LVA) hatten, waren es bei den Frauen 21,6 Prozent. Dieser Unterschied ist statistisch signifikant und bleibt auch bestehen, wenn man berücksichtigt, dass sich Frauen und Männer auf verschiedene Lehrberufe verteilen.
…grosse Unterschiede nach Ausbildungsfeldern…
Grosse Unterschiede zeigen sich nach Ausbildungsfeld gemäss ISCED 2013: Die Ausbildungsfelder „Datenbanken, Netzwerkdesign und -administration“ (12,8%), „Gesundheits- und Sozialwesen“ (14,3%) oder „Gartenbau“ (19,8%) weisen unterdurchschnittliche Auflösungsquoten auf, „Friseurgewerbe und Schönheitspflege“ (40%) sowie „Gastgewerbe und Catering“ (35,6%) überdurchschnittliche.
…und deutliche Unterschiede nach Regionen und Kantonen
Nebst der gesamtschweizerischen LVA-Quote wurden erstmals LVA-Quoten für die Grossregionen berechnet – auch dies vorerst nur für zweijährige Grundbildungen. Dabei zeigen sich deutliche Unterschiede: Während die LVA-Quote in der Zentralschweiz (LU, UR, SZ, OW, NW, ZG) bei 17,3 Prozent und damit deutlich unter dem nationalen Durchschnitt (24,4%) liegt, ist sie in der Genferseeregion (VD, VS, GE) mit 35,1 Prozent mehr als doppelt so hoch. Auch im Espace Mittelland (BE, FR, SO, NE, JU) liegt die Quote mit 26,8 Prozent über dem Durchschnitt, ebenso – wenn auch nur geringfügig – im Tessin (24,9%) sowie in der Nordwestschweiz (BS, BL, AG) mit 24,5 Prozent. Bei der Interpretation der vorliegenden Ergebnisse ist allerdings Vorsicht geboten, da aufgrund der kurzen Beobachtungszeit vorerst nur ein Eintrittsjahrgang untersucht werden konnte.
Tiefe Repetitionsquoten in der beruflichen Grundbildung
Auf der Sekundarstufe II haben zwischen 2012 und 2013 insgesamt 5 Prozent aller Lernenden das erste Jahr repetiert. An gymnasialen Maturitätsschulen lag die Repetitionsquote im ersten Jahr bei 9 Prozent und ging mit fortschreitendem Bildungsjahr kontinuierlich zurück (5% im 3. Jahr). Die berufliche Grundbildung, d.h. Ausbildungen mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) oder eidgenössischem Berufsattest (EBA), unterschied sich durch eine vergleichsweise tiefe Repetitionsquote im ersten Jahr (rund 3%). Diese stieg jedoch im Abschlussjahr systematisch an (auf durchschnittlich 6% bei den EFZ-Ausbildungen); ein häufiger Grund dafür ist das Nichtbestehen der Lehrabschlussprüfung. (BFS/mc/ps)