Nidau/Biel – Das grosse Siedlungsprojekt «Agglolac» auf dem Boden der Gemeinde Nidau am Bielersee kann so nicht realisiert werden. Sowohl Nidaus als auch Biels Stadtrat lehnten am Donnerstagabend die vertraglichen und planerischen Grundlagen für dieses Quartier für 1700 Personen ab.
Die beiden Stadträte sagten Nein zur Bildung eines Gemeindeverbands, welcher das Projekt zusammen mit der Zürcher Immobiliengesellschaft Mobimo AG hätte weitertreiben sollen. Ebenfalls ein Nein resultierte in beiden Städten zum Vertragswerk, welches die Übertragung von Grundstücken an den Gemeindeverband hätte sichern sollen.
Nein sagte der Nidauer Stadtrat auch zur baurechtlichen Teilgrundordnung Agglolac, welche Voraussetzung war fürs Bauen auf diesem Gelände. Die Entscheide fielen hauchdünn aus, in zwei Fällen per Stichentscheid des Ratspräsidenten. Nach diesen Abstimmungen entfallen die für Juni vorgesehenen Volksabstimmungen.
Die SVP brachte im Rat am Ende noch einen Antrag durch, dass ein Runder Tisch geschaffen, an dem die Weiterentwicklung des Perimeters diskutiert wird.
Bis zu 500 Millionen Investitionen
Nach Angaben von 2016 hätte das Bauprojekt ein Investitionsvolumen von bis zu 500 Millionen Franken ausgelöst. Die Bieler und Nidauer Exekutiven sprachen jeweils von einem neuen Quartier, das nationale Ausstrahlungskraft gehabt hätte und die Stellung der Agglomeration Biel gestärkt hätte.
Gebaut werde sollte auf einem Gelände, das der Landesausstellung Expo.02 diente und seither eine Brache darstellt, die teilweise mit Zwischennutzungen belebt wird. Geplant war eine Siedlung rund um den erweiterten Barkenhafen von Nidau mit Hochhaus und «Marina». Das Land gehört mehrheitlich der Stadt Biel.
«Profitorientiert, überdimensioniert»
Im Jahr 2013 hatten die beiden Stadträte der Planungsvereinbarung der beiden Gemeinden mit der Mobimo AG noch zugestimmt. Damals hiess es im Bieler Stadtrat noch, die Wahl dieses Unternehmens sei gut. Am Donnerstag- und schon am Mittwochabend sprachen aber etliche Bieler Ratsmitglieder von einem Unternehmen, das nur auf Profit aus sei. Das Projekt sei überdimensioniert.
Ein flammendes Votum für Agglolac hielt der bekannte Bieler Architekturkritiker und «Stadtwanderer» Benedikt Loderer (Grüne). Mit Agglolac würde «endlich ein Projekt mit grossem Atem» geschaffen, «ein Stück Stadt, ein Quartier» und nicht die «Hüslischweiz». So wohne künftig die 10-Millionen-Schweiz.
Die von der Linken ins Feld gebrachte Gentrifizierung, also die Aufwertung eines Stadtteils durch eine Sanierung mit der Folge, dass die ansässige Bevölkerung durch wohlhabendere Schichten verdrängt werde, sehe er nicht. Denn er sehe dort heute die Brache.
Alfred Steinmann (SP) hingegen kritisierte, nur 25 Meter vom Bieler Strandbad entfernt würden die neuen Häuser hochgezogen. Das zeige doch, dass nicht viel bleibe vom angeblichen Freiraum, den Agglolac schaffe.
Mehrheitsfähiges Projekt gesucht
Im Nidauer Stadtrat waren sich Gegner und Befürworter einig, dass die Städte Biel und Nidau aus dem ehemaligen Expo-Gelände am See mehr machen müssten. Auch wenn das Projekt Agglolac in der vorliegenden Form keine Zustimmung fand, so solle das Gebiet genutzt und ein mehrheitsfähigeres Projekt vorgelegt werden.
«Agglolac ist nicht einfach ein Wohnbauprojekt», betonte Nidaus Stadtpräsidentin Sandra Hess. Es sei der Wille, die Stadt zu erweitern und vielfältiges Leben am Wasser zu ermöglichen.
Biels Stadtpräsident Erich Fehr sagte, mit einem Nein zu den Grundlagen werde der Stadtrat Mobimo nicht los. Schliesslich habe der Stadtrat diesen Partner vor acht Jahren ausgewählt. Er, Fehr, sei angesichts des Scheiterns von Agglolac bedrückt.
Volk sagt laut Umfrage Nein
Eine grosse Rolle spielte offenbar eine repräsentative Umfrage der Bieler Gassmann-Medien, deren Resultate am vergangenen Montag vorgestellt wurden. Laut dieser von der Berner Forschungsstelle Sotomo durchgeführte Umfrage ist eine Mehrheit der Bieler und Nidauer Bevölkerung gegen Agglolac in der jetzigen Form.
Mobimo zeigt sich enttäuscht
Mobimo nahm das Votum aus dem Seeland mit Bedauern zur Kenntnis. Man werde mit den Städten eine Standortbestimmung vornehmen und zu gegebener Zeit über das weitere Vorgehen informieren. Das Planungsprojekt Agglolac habe auf die operative Ergebnisentwicklung von Mobimo im laufenden Jahr keinen Einfluss. (awp/mc/pg)