Die amerikanische Notenbank Fed lieferte beim FOMC-Meeting der letzten Woche eine deutliche Wende Richtung früherer Zinsanhebung und kam damit den Markterwartungen ein gutes Stück entgegen. Nachdem bisher der Median der stimmberechtigten FOMC-Mitglieder den ‚Lift-off‘, also die erste Zinsanhebung vom bisherigen Nullniveau, erst im Jahr 2024 verortet hatte, sehen nun 13 von 18 Mitgliedern sogar zwei Zinsschritte von jeweils 0,25% schon im Jahr 2023, sieben sogar eine Anhebung schon 2022. Bemerkenswert ist dies auch, weil die Fed bisher Markteinschätzungen, die den Lift-off ein volles Jahr früher sahen, nahezu ignoriert hatte, somit nun geradezu eine Kehrwende vollzog.
Zudem mag sich mancher Beobachter gefragt haben, warum diese Korrektur gerade zu einem Zeitpunkt erfolgte, an dem die neuen Schätzungen der Fed-Volkswirte zwar Wachstum und Inflation für dieses Jahr erheblich höher sahen (kein Wunder angesichts des Impferfolgs und der massiven staatlichen Hilfsprogramme), für die nächsten beiden Jahre aber nur minimale Revisionen nach oben vornahmen.
Gut möglich also, dass sich zumindest ein Teil der Erklärung darin findet, dass die Fed den Zeitpunkt einer deutlichen Straffung für sicher genug hielt, hatten doch zuletzt die Zehnjahreszinsen trotz starker Inflationsdaten (Ende Mai bei der Kern-PCE-Rate von 3,1%, Anfang Juni dann beim CPI-Wert von 5,0%) sogar mit leichten Rückgängen reagiert. Dies könnte die Fed dahingehend interpretiert haben, dass sich die Märkte nunmehr an die Idee gewöhnt haben, dass nach der Strategieumstellung von Jackson Hole im August letzten Jahres die Notenbank auch bei Erreichen oder gar Überschreiten ihres Inflationsziels nicht mehr zwingend mit einer Straffung der Geldpolitik reagieren würde. Beim BlackRock Investment Institute haben wir diese Strategiewende „The New Nominal“ getauft. Und die Tatsache, dass die Märkte nun offenbar mit dieser Idee einer neuen Nominalzinswelt ihren Frieden gemacht haben und damit die Gefahr einer drastischen Risk-off-Wende im Angesicht strafferer Geldpolitik de facto vom Tisch war, könnte die Fed tatsächlich zu dieser unerwartet deutlichen Kommunikation zum Juni-Termin bewogen haben.
Auch wenn tatsächlich die Zinsen der zehnjährigen Staatsanleihen über den Wochenverlauf kaum reagierten (und direkt nach der Fed-Entscheidung sogar zurückgingen), zogen die kürzer- und mittelfristigen Renditen deutlich an, die gesamte Kurve wurde also erheblich flacher, um spektakuläre 27 Basispunkte über das 5-30 Jahre-Spektrum. Das ist insofern rational, als dass der kürzere Teil der Kurve naturgemäss nach oben läuft, wenn die Zentralbank baldigere Zinsanhebungen ins Fenster stellt, der längere Teil, in dem die mittelfristigen Inflationserwartungen eingepreist werden, aber mit Blick auf eine straffere Inflationsbekämpfung eher nachgibt. Und bei alledem gab es zum zweiten wichtigen Thema der Fed-Politik, den Anleihekäufen, gar keine Neuigkeiten.
In schöner Selbstironie sprach Fed-Chairman Jerome Powell von einem ‚Talking about talking about-Meeting’, mit anderen Worten, man spreche darüber, jetzt mal langsam in die Kommunikation bezüglich des Tapering, also des graduellen Abschmelzens der Anleihekäufe, einzusteigen. Kein Sprung ins kalte Wasser wie einst im April 2013, als der damalige Fed-Chef Ben Bernanke die Märkte, allen voran in Schwellenländern, in ein schmerzhaftes ‚Taper Tantrum‘ schickte, nur um seine Ankündigung dann im September wieder zu kassieren. Im Rückblick erscheint diese Art der Fed-Kommunikation fast naiv. Heute, gut acht Jahre später, scheint die Vorbereitung der Märkte auf ein bald anstehendes Schliessen der Geldschleusen erheblich besser geplant zu sein. Dass die Märkte auch die moderne, subtilere Fed dennoch zu lesen verstehen, zeigt die oben zitierte Abflachung der Zinskurve und der kräftige Sprung des US-Dollar, der im Anschluss an das Fed-Meeting gegenüber dem Euro um über zwei Prozent zulegte und jetzt wieder bei unter 1,19 notiert.
Die CDU fühlt sich wieder sicher
Mit nun weniger als 100 Tagen bis zur Bundestagswahl nähert sich auch die CDU der Fertigstellung eines Wahlprogrammes. Von dem, was bereits durchsickert, lernen wir, dass die Union den Atem der Grünen nicht mehr ganz so heiss im Nacken spürt wie noch vor einigen Wochen. Denn was die Ambitionen bezüglich Klimaschutz betrifft, scheinen die Verfasser ein erhebliches Quantum an Kreide gefressen zu haben, so dass der Entwurf eher ein Weiter-so suggeriert als den Aufbruch in eine Zeit, die sich spürbar von der Merkel-Ära unterscheidet. Das Risiko, die Wähler einzuschläfern, scheint man eher eingehen zu wollen als jenes, sie zu überfordern. Aus Marktsicht dürfte vor allem entscheidend sein, dass sich mit der stetigen Erosion der Umfragewerte für DIE LINKE (nur noch bei 6-7% bundesweit), der SPD weit unterhalb ihres 2017er-Ergebnisses von 20,5% und einer Stabilisierung der Grünen eher bei 20 als bei 25% die Gefahr eines Linksbündnisses deutlich relativiert hat. (BlackRock/mc/ps)