Texanischer Rekordsommer – Enorme Hitze über mehrere Wochen. (Foto: Tim Reinhard/pixelio.de)
Zürich – Wissenschaftlerinnen der ETH Zürich haben den Zusammenhang von Bodenfeuchte und extremer Hitze erstmals mit Messdaten global untersucht. Ihre Studie zeigt, dass fehlender Niederschlag in vielen Regionen der Welt die Wahrscheinlichkeit für Hitzetage erhöht. Die Resultate sollen helfen, Hitzerisiken besser einzuschätzen.
Im Juli 2011 brach eine Hitzewelle in Texas alle Rekorde. Seit Monaten hatte es in der Region nicht mehr geregnet. Maisfelder und Grasland verdorrten, die Böden trockneten aus. Bald stiegen die Temperaturen während mehrerer Wochen über 38 Grad Celsius und mancherorts auf 43 bis 45 Grad Celsius. Der texanische Rekordsommer war ein Beispiel dafür, was Klimawissenschaftler in den letzten Jahren auch für andere Regionen aufzeigen konnten: Fehlt Niederschlag im Frühling, steigt die Wahrscheinlichkeit für Hitzewellen im Sommer.
Der Wassergehalt des Bodens ist nämlich nicht nur ein entscheidender Faktor dafür, dass Pflanzen gedeihen, sondern beeinflusst auch den Energieaustausch mit der Atmosphäre. Ist die Erde wasserdurchtränkt, kann Feuchtigkeit aus dem Boden verdunsten und so dazu beitragen, dass die Atmosphäre nicht so schnell aufgeheizt wird. Ist der Boden jedoch einmal ausgetrocknet, heizt die Sonneneinstrahlung die Luft ungebremst auf.
Erstmals global berechnet
Doktorandin Brigitte Müller und Sonia Seneviratne, Professorin am Institut für Atmosphäre und Klima der ETH Zürich, liefern nun erstmals eine global angelegte Studie, die den Effekt der Bodenfeuchte mit Messdaten untersucht. Ihre Arbeit ist eben in der Online-Vorabpublikation der Fachzeitschrift PNAS erschienen. Die Forscherinnen bestimmten anhand von Temperaturaufzeichnungen für alle Weltregionen den heissesten Monat und untersuchten dann den Niederschlag in den Vormonaten anhand des standardisierten Niederschlagsindex.
Ihre statistischen Berechnungen zeigen einerseits, dass fehlender Niederschlag und trockene Böden die Temperaturen in vielen Regionen der Welt stärker und schneller ansteigen lassen. Hohe Korrelationen berechneten Müller und Seneviratne für Nord- und Südamerika, Süd- und Osteuropa, Australien, China, Japan sowie den südlichen Teil Afrikas. Andererseits beleuchten sie auch Extremereignisse und zeigen, dass der Mechanismus bei extrem hohen Temperaturen am stärksten wirkt.
Weiter verbreitet als erwartet
Die Wahrscheinlichkeit für eine überdurchschnittlich hohe Anzahl heisser Tage nach fehlendem Niederschlag lag in den grössten Teilen Südamerikas, der Iberischen Halbinsel und im Osten Australiens bei über 70%, in Nordamerika und Osteuropa bei über 60%. Nach einer niederschlagsreichen Zeit sank hingegen die Wahrscheinlichkeit in diesen Regionen auf 30 bis 40%.
«Wir haben gewusst, dass die Bodenfeuchtigkeit in manchen Regionen einen grossen Effekt auf die Zahl der Hitzetage hat, weil wir dies in anderen Studien zum Beispiel für Südeuropa gezeigt hatten. Dass dies aber in so vielen Regionen der Fall ist, haben wir nicht erwartet», sagt Sonia Seneviratne. Eine frühere global angelegte Studie habe bedeutend weniger Regionen identifiziert. Diese Studie beruhte jedoch auf Modellsimulationen und fokussierte sich nur auf die Monate Juni bis August eines einzigen Jahres. So wurden zum Beispiel weite Teile der Südhemisphäre übersehen.
Berechnungen sind keine Wetterprognosen
Brigitte Müller, welche die Analysen als Teil ihrer Doktorarbeit durchgeführt hat, betont, dass es sich um Wahrscheinlichkeitsberechnungen und keine Wetterprognosen handelt. «Man kann allerdings davon ausgehen, dass feuchte Bedingungen die Gefahr von Hitzewellen mindern», erklärt sie. Mit hundertprozentiger Sicherheit könne man jedoch nicht von trockenen Verhältnissen auf darauf folgende Hitzewellen schliessen, weil es nach trockenen Verhältnissen sowohl normale wie extreme Bedingungen geben kann. «Der Sommer 2011 ist ein gutes Beispiel dafür. Obwohl der Frühling in der Schweiz sehr trocken war, blieb die grosse Hitzewelle im Sommer aus», sagt sie. Der Grund war überdurchschnittlich viel Regen im Juli, der die Trockenheit milderte, und eine Kaltfront, die Anfang August einbrach. Die Frühlingstrockenheit ist also eine notwendige, aber keine ausreichende Bedingung für das Auftreten von Hitzewellen in den identifizierten Regionen.
Die Studie zeigt aber deutlich, dass sich fehlende Bodenfeuchtigkeit bei Hitzeextremen noch stärker auswirkt als bei tieferen Temperaturen. «Diese Erkenntnis ist entscheidend, da der Klimawandel die Temperaturen weiter steigen lässt und sich extreme Hitzetage deswegen in Zukunft häufen werden», erklärt Sonia Seneviratne.
Unsicherheiten ausmerzen
Die Wissenschaftlerinnen wollen nun überprüfen, ob bestehende Klimamodelle den beobachteten Effekt richtig erfassen. Diese Erkenntnisse würden genauere Klimaprojektionen erlauben. Erste Ergebnisse zeigen nämlich, dass der Mechanismus einen Teil der Unsicherheit in Projektionen von Hitzeextremen in Zentraleuropa erklärt. Ausserdem möchten sie den Effekt in den einzelnen Weltregionen für verschiedene Vegetationsarten berechnen. Denn die Bodenfeuchtigkeit verdunstet im Wald beispielsweise langsamer als im Grasland und ist ausserdem abhängig vom Bodentyp. «Unser Ziel ist, Hitzeextreme in Zukunft besser einzuschätzen, die Risiken abzuschätzen und vor allem die Unsicherheiten in den Modellen mehr und mehr auszumerzen», sagt Brigitte Müller. (ETH/mc/pg)