Nach anhaltenden Proteste der Indios wird «Belo Monte» vorerst auf Eis gelegt.
São Paulo – Die Arbeiten für das gigantische Wasserkraftwerk Belo Monte in Brasiliens Amazonas-Gebiet sind vorerst gestoppt. Ein Richter in Belém (Bundesstaat Pará) setzte mit sofortiger Wirkung die Teilgenehmigung der Umweltschutzbehörde für den Bau des weltweit drittgrössten Wasserkraftwerkes ausser Kraft.
Zur Begründung hiess es, Umweltauflagen seien nicht erfüllt worden. Auch die Finanzierung des umgerechnet etwa 8,5 Milliarden Euro teuren Projektes durch Brasiliens staatliche Entwicklungsbank BNDES wurde zunächst auf Eis gelegt. Die Umweltschutzbehörde (Ibama) hatte erst im Januar grünes Licht für vorbereitende Arbeiten und die Rodung von 240 Hektar Wald gegeben.
29 erteilte Auflagen nicht erfüllt
Die Entscheidung von Richter Ronaldo Desterro gilt solange, bis Einsprüche gegen das Projekt gerichtlich entschieden oder die Umweltauflagen erfüllt sind. Mit dem Beschluss vom Freitag kam das Gericht einem Antrag der Staatsanwaltschaft nach, die bemängelt hatte, dass vor der Ibama-Genehmigung 29 erteilte Auflagen nicht erfüllt worden seien. Die Entscheidung ist eine Schlappe für die Regierung von Präsidentin Dilma Rousseff, die sich wie ihr Vorgänger Luiz Inácio Lula da Silva massiv für den Bau des Kraftwerkes am Xingu-Fluss, einem Amazonas-Seitenarm, im Bundesstaat Pará einsetzt.
Inbetriebnahme von erster Phase 2015 vorgesehen
Das Kraftwerk sollte in der ersten Phase 2015 in Betrieb gehen. Für Bau und Betrieb ist das Konsortium Norte Energía SA verantwortlich. Die Anlage wäre mit einer Leistungskapazität von mehr als 11.000 Megawatt das drittgrösste Wasserkraftwerk der Welt, nach dem Drei-Schluchten-Staudamm in China und dem binationalen Itaipú-Werk an der Grenze Brasiliens zu Paraguay. Die Regierung in Brasília hält das Wasserkraftwerk rund 40 Kilometer von der Stadt Altamira entfernt zur Sicherung der Energieversorgung für die achtgrösste Volkswirtschaft Brasilien für notwendig.
Unkalkulierbare Auswirkungen auf die Umwelt befürchtet
Die am und vom Xingu-Fluss lebenden Indios, die katholische Kirche, Menschenrechtler und Umweltschützer laufen dagegen Sturm gegen das Projekt, das bereits seit Jahrzehnten immer wieder mal von Regierungen in Brasília in Angriff genommen wurde. Die Kritiker befürchten unkalkulierbare Auswirkungen auf die Umwelt und sehen die Lebensgrundlagen der Indios massiv bedroht. Insgesamt sollen für die Staubecken mehr als 500 Quadratkilometer Fläche überflutet werden.
Umsiedelung von mindestens 17’000 Menschen
Nach Angaben der künftigen Betreiber müssen mindestens 17.000 Menschen umgesiedelt werden. Diese Zahlen werden von den Gegnern des Projekts angezweifelt. Sie rechnen damit, dass Belo Monte mindestens 20.000, möglicherweise sogar 50.000 Menschen vertreiben wird. Zu den Kritikern des Projektes gehören unter anderen der US-Regisseur James Cameron («Avatar»), der britische Popsänger Sting und der brasilianische Bischof Erwin Kräutler, der 2010 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde. (awp/mc/ps)