Brexit: EU verlangt Klärung der britischen Positionen
Brüssel – Ohne greifbare Ergebnisse ist am Donnerstag die zweite Runde der Brexit-Verhandlungen in Brüssel zu Ende gegangen. EU-Chefunterhändler Michel Barnier verlangte von London bis Ende August zu allen zentralen Fragen «Klarstellungen».
Die EU und Grossbritannien sprachen in den vergangenen vier Tagen zum ersten Mal über Details des Brexit. Beim ersten Treffen im Juni hatte man sich lediglich über die Organisation der Verhandlungen geeinigt. In dieser zweiten Runde sollten eigentlich beiden Seiten ihre Positionen präsentieren mit dem Ziel festzustellen, in welchen Punkten es Einigkeit und wo es Differenzen gibt. Dies sei aber nur dort möglich gewesen, «wo es eine britische Position gab», sagte Barnier am Donnerstagmittag in Brüssel.
Keine britische Liste zu Finanzen
Der Franzose spielt auf die finanziellen Verpflichtungen des Vereinigten Königreichs nach dem Brexit an. Die Finanzen gehören neben den Bürgerrechten und der irischen Frage zu den drei Punkten, in denen die EU Fortschritte sehen möchte, bevor sie mit London über ein künftiges Abkommen sprechen will.
Doch Grossbritannien hatte überhaupt erst kurz vor Verhandlungsbeginn am Montag akzeptiert, dass es gegenüber der EU auch nach dem Ausscheiden noch finanzielle Verpflichtungen hat. Anders als Barnier und seine Leute war der britische Verhandlungsführer, Brexit-Minister David Davis, aber nicht in der Lage, eine Liste möglichen Verpflichtungen zu präsentieren. Barnier machte daher deutlich: «Wir wollen einen geregelten Austritt des Vereinigten Königreichs erreichen, das bedeutet, dass man auch die Finanzverpflichtungen regeln muss.»
Bis zur dritten Verhandlungsrunde verlangte der EU-Chefunterhändler daher eine Klärung der britischen Position. Die für den 28. August angesetzte Runde müsse «die Runde der Klarstellungen werden».
Streitpunkt EU-Gericht
Auch beim Thema Bürgerrechte scheint man kaum Fortschritte gemacht zu haben. Barnier jedenfalls sprach von «fundamentalen Differenzen». Brüssel möchte praktisch die Rechte seiner bereits in Grossbritannien lebenden 3,2 Millionen Bürger so weiterführen wie bisher. Dies geht den Briten entschieden zu weit.
Grosser Streitpunkt ist aber vor allem die Rolle des EU-Gerichtshofs. Für Brüssel steht ausser Frage, dass dieser auch nach dem Austritt des Königreichs für die Rechte der EU-Bürger zuständig sein wird – etwas was die Briten ebenfalls vehement ablehnen.
Doch seitens der Regierung in London ist immerzu die Rede von den Rechten der EU-Bürger in Grossbritannien nach dem Brexit. Einer Diplomatin zufolge hat sich London bisher noch nicht dazu geäussert, welche Rechte es denn für seine 1,2 Millionen in der EU lebenden Bürger einfordert.
Davis gibt sich positiv
Brexit-Minister Davis zog hingegen insgesamt eine viel positivere Zwischenbilanz der vergangenen Tage. Die Verhandlungsrunde habe «eine Menge gebracht, das wir positiv sehen», sagte er an einer gemeinsamen Medienkonferenz mit Barnier. Er sprach von «robusten und konstruktiven Gesprächen». Davis, der mit einer Delegation von 98 Mitarbeitern nach Brüssel gereist war, lobte insbesondere «die gute Diskussion» zum künftigen Status der britischen Provinz Nordirland. Es bleibe insgesamt aber noch viel zu besprechen.
Zum Streit über die Abschlussrechnung liess der Brexit-Minister trotz Zusagen offen, ob sein Land im Endeffekt Zahlungen an die EU akzeptieren wird. Grossbritannien werde natürlich seine Rechte und Verpflichtungen respektieren. Für eine Lösung brauche es letztlich «Flexibilität auf beiden Seiten», sagte Davis weiter. «Aber wenn man eine enorme Summe fordert, dann ist das eine Erpressung.»
Vier Tage liefen in Brüssel auf Expertenebene Gespräche über die Details des britischen EU-Austritts. Ziel der Verhandlungen ist es, ein Austrittsabkommen zu haben, das einen möglichst reibungslosen Austritt Grossbritanniens aus der EU im März 2019 ermöglicht. In einem nächsten Schritt soll dann ein Abkommen geschlossen werden, das die künftige Beziehung zwischen der EU und dem Königreich regelt. (awp/mc/pg)