London – Gut einen Monat nach dem Brexit-Referendum zieht die Grossbank Lloyds erste Konsequenzen. Das seit der Finanzkrise teilverstaatlichte Institut kündigte am Donnerstag an, seinen Sparkurs zu verschärfen und bis Ende 2017 weitere 3000 Stellen zu streichen. Zudem sollen weitere 200 Filialen geschlossen werden. Mit den Einsparungen rüstet sich das Geldhaus für die erwarteten Folgen des anstehenden EU-Austritts seines Heimatlands. Die Bank rechnet nun damit, dass die Zinsen noch länger niedrig bleiben und damit weiterhin auf die Gewinne drücken.
«Die genauen Auswirkungen hängen von einer Reihe von Faktoren ab, wie den Verhandlungen mit der EU sowie anderen politischen und wirtschaftlichen Ereignissen, aber ein schwächeres Wirtschaftswachstum ist sehr wahrscheinlich», sagte Lloyds-Chef António Horta-Osório. «Wir müssen harte Entscheidungen treffen.» Ende Juni hatte die Bank rund 74 000 Mitarbeiter. Im Oktober 2014 hatte das Kreditinstitut bis Ende 2017 den Abbau von 9000 Stellen angekündigt – wovon bereits rund 7000 gestrichen wurden.
Gewinn sinkt um 2 %
Im ersten Halbjahr ging der um Sondereffekte bereinigte Gewinn bereits um zwei Prozent auf knapp 4,2 Milliarden Pfund zurück. Das lag vor allem an etwas gestiegenen Kreditausfällen. Inklusive aller Sondereffekte verdiente Lloyds knapp 1,9 Milliarden Pfund, das ist fast eine Milliarde mehr als vor einem Jahr. Damals hatten Rückstellungen für die Entschädigung falsch beratener Kunden den Gewinn schwer belastet.
Experten enttäuscht über revidierte Kapitalziele
Als Dividende will Lloyds nun für die ersten sechs Monate 0,85 Pence je Aktie ausschütten. Analysten hatten auf mehr gehofft. Enttäuscht äusserten sie sich auch über die revidierten Kapitalziele der Bank. Lloyds rechnet nun nur noch damit, die harte Kernkapitalquote um 1,6 Prozentpunkte in diesem Jahr zu steigern. Ursprünglich sollten es zwei sein. Ende Juni lag der Wert nach Abzug der Dividende bei 13 Prozent und damit auf dem gleichen Niveau wie sechs Monate zuvor. Ohne das Brexit-Votum hätte die Quote laut Lloyds 0,3 Punkte höher gelegen.
Konzernchef Horta-Osório steht aber auch ohne den Brexit unter Druck. So musste er erst im Februar das Ziel einer anteiligen Kostenquote von 45 Prozent wegen des Dauer-Zinstiefs und der anhaltend schwierigen Lage für die Branche um zwei Jahre auf 2019 verschieben.
Lloyds noch zu 9 % in Staatsbesitz
Lloyds war in der Finanzkrise 2008 vom britischen Steuerzahler mit gut 20 Milliarden Pfund gerettet worden. Im Gegenzug übernahm der Staat fast 40 Prozent der Anteile. Inzwischen hat die Regierung mehrfach Aktienpakete mit Gewinn verkauft. Derzeit halten die britischen Steuerzahler noch 9,1 Prozent der Lloyds-Anteile. Den eigentlich für das erste Halbjahr geplanten Komplettausstieg legte die Regierung aber wegen des Absturzes an den Börsen zu Jahresbeginn auf Eis. Wann es einen neuen Anlauf geben wird, ist derzeit völlig unklar. (awp/mc/pg)