Brüssel – Die Europäische Union setzt Grossbritannien eine Frist von zwei Wochen für Zugeständnisse in den Brexit-Verhandlungen. Wenn es binnen 14 Tagen keine Grundsatzeinigung über die wichtigsten Bedingungen des britischen EU-Austritts gebe, werde man im Dezember nicht wie geplant mit den Gesprächen über die künftigen Beziehungen zu Grossbritannien beginnen können, machte EU-Chefunterhändler Michel Barnier am Freitag nach der sechsten Verhandlungsrunde deutlich.
Auch in dieser zweitägigen Runde gab es nach seinen Angaben keinen Durchbruch oder «ausreichenden Fortschritt» bei den drei wichtigsten Forderungen der EU. «Wir sind noch nicht soweit», sagte Barnier. Sein britischer Gesprächspartner David Davis betonte wie auch schon nach früheren Runden, dass es «erhebliche Fortschritte bei allen Themen» gebe und Grossbritannien in die zweite Verhandlungsphase eintreten wolle.
Gegenseitige Positionen bekräftigt
Damit bekräftigten beide Seiten ihre bekannten Positionen. Wesentliche Bewegung wurde nicht erkennbar. Trotz des nun von der EU aufgebauten Zeitdrucks wurden auch vorerst keine neuen Verhandlungstermine vereinbart, wie ein EU-Beamter bestätigte. Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber gab Barnier Rückendeckung. «Wir haben lange genug gewartet und brauchen konkrete Resultate», twitterte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei.
Verhandelt wird seit knapp fünf Monaten über die drei von der EU gesetzten Kernthemen: die britischen Finanzverpflichtungen, den künftigen Status der nordirisch-irischen Grenze sowie über Garantien für Millionen EU-Bürger in Grossbritannien. Als besonders heikel gilt die Abschlussrechnung: London soll einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag zahlen.
Erst wenn die EU bei allen drei Fragen «ausreichenden Fortschritt» feststellt, will sie über ein Handelsabkommen und die künftige Zusammenarbeit in anderen Fragen wie Sicherheit verhandeln. Eigentlich sollte es schon im Oktober soweit sein, doch der EU-Gipfel gab noch kein grünes Licht, sondern vertagte die Entscheidung auf Mitte Dezember.
Grossbritannien ist eigentlich gegen solche getrennten Phasen und will alle Fragen zusammen behandeln. Das machte Davis am Freitag erneut deutlich. Dem Drängen der EU auf eindeutige Finanzzusagen erteilte er zudem abermals eine Abfuhr.
Davis fordert EU erneut zu Flexibilität auf
Premierministerin Theresa May habe bereits gesagt, dass Grossbritannien eingegangene Verpflichtungen einhalten werde. Man schaue nun auf technische Details und müsse eine gemeinsame Sicht darauf entwickeln. Aber «spezifische Verpflichtungen» gebe es erst später, bekräftigte Davis. Er forderte die EU erneut zu Flexibilität auf und sprach von der Notwendigkeit politischer Diskussionen.
Bei den Verhandlungen geht es um ein Austrittsabkommen, das auch Grundlagen für die künftigen Beziehungen legen soll. Die EU will den Vertrag bereits im Oktober 2018 fertig haben, um Zeit zur Ratifizierung zu lassen.
Ein detailliertes Handelsabkommen soll folgen, sobald Grossbritannien im März 2019 die EU verlassen hat. In der Zwischenzeit soll es wohl eine mehrjährige Übergangsperiode geben. Auch darüber will die EU aber erst in der zweiten Verhandlungsphase reden. Gibt es keine Verständigung, scheidet das Vereinigte Königreich ungeregelt aus der EU aus – mit potenziell schwerwiegenden Folgen vor allem für die Wirtschaft. (awp/mc/ps)