Brexit-Verhandlungen: London und Brüssel ermahnen sich gegenseitig

Brexit-Verhandlungen: London und Brüssel ermahnen sich gegenseitig
Brexit-Minister David Davis (l.) und EU-Chefunterhändler Michel Barnier.

Brüssel – Die Europäische Union und Grossbritannien gehen am Montag in die fünfte Runde der Verhandlungen über den für 2019 geplanten Brexit. Gut eine Woche vor einer Zwischenbilanz beim EU-Gipfel versuchen die Unterhändler in Brüssel erneut, bei zentralen Fragen des britischen EU-Austritts voranzukommen. Ein Durchbruch gilt aber als unwahrscheinlich.

Die Brexit-Verhandlungen stecken in ernsten Schwierigkeiten. Zum Auftakt der fünften Runde über den britischen EU-Austritt ermahnten sich London und Brüssel am Montag gegenseitig zu Bewegung, ohne selbst Zugeständnisse anzudeuten. Die Gespräche in Brüssel begannen dann ohne Brexit-Minister David Davis und EU-Chefunterhändler Michel Barnier, die Experten in Arbeitsgruppen das Feld überliessen.

Anders als bei früheren Runden starten die Gespräche am Montagnachmittag nicht mit den Chefunterhändlern, sondern nur auf Expertenebene. Brexit-Minister David Davis tritt erst zum Abschluss der Runde am Donnerstag mit EU-Vertreter Michel Barnier auf.

Die Finanzen im Vordergrund
Die Unterhändler sollen die Bedingungen des für 2019 geplanten EU-Austritts und die Eckpunkte für künftige Beziehungen klären. Die Gespräche laufen seit Juni aber äusserst zäh. Die EU besteht darauf, zunächst wichtige Trennungsfragen abzuhaken – unter anderem will sie finanzielle Zusagen in Milliardenhöhe. Erst wenn sie «ausreichenden Fortschritt» bestätigt, soll die künftige Partnerschaft Thema werden.

Die britische Premierministerin Theresa May sieht jedoch die EU bei den Brexit-Verhandlungen in der Bringschuld, wie sie vorab zu einer Ansprache vor Abgeordneten am Montag erklären liess. Brüssel solle mehr Flexibilität zeigen. Der Ball liege im Feld der EU.

Die EU-Kommission wies dies sofort zurück. «Der Ball liegt ausschliesslich im Feld des Vereinigten Königreichs», sagte ein Sprecher. Die EU bestehe auf der klaren Abfolge der Verhandlungen, und noch sei keine Einigung bei den Trennungsfragen erzielt. Das EU-Team stehe rund um die Uhr für Verhandlungen zur Verfügung, betonte der Sprecher.

Bis Donnerstag ist die fünfte Verhandlungsrunde angesetzt. Es ist gleichzeitig die letzte vor dem EU-Gipfel am 19. und 20. Oktober, der eine Zwischenbilanz ziehen soll. Ursprünglich war vorgesehen, bis dahin «ausreichenden Fortschritt» zu erzielen und Phase zwei der Gespräche einzuläuten. Aber vorige Woche hatte EU-Chefunterhändler Barnier im Europaparlament erklärt, so weit sei es noch nicht.

Für diese Woche steht nun ein sehr dünnes Verhandlungsprogramm auf der veröffentlichten Tagesordnung. Brexit-Minister Davis will erst zum Abschluss am Donnerstag gemeinsam mit Barnier in Brüssel auftreten.

3 wichtige Trennungsfragen ungelöst
Dabei wächst der Zeitdruck für die extrem komplexen Verhandlungen – und die Nervosität bei Wirtschaftsvertretern auf beiden Seiten des Ärmelkanals. Die Beratungsgesellschaft Ernst & Young forderte deutsche Unternehmen am Montag auf, sich für einen «harten Brexit» und hohe Zollschranken bereit zu machen. «Die verbleibende Zeit, um eine friktionslose Nachfolgeregelung nicht nur zu finden, sondern auch zu implementieren, ist ausgesprochen knapp», erklärten die Berater. Ohne Abkommen würden die Regeln der Welthandelsorganisation und damit Zollsätze von bis zu 75 Prozent in Kraft treten. Ursprünglich war geplant, dass der EU-Gipfel schon am 19. und 20. Oktober den Weg frei macht für eine zweite Verhandlungsphase, in der es um die künftigen Beziehungen zu Grossbritannien gehen soll. Dies ist der britischen Regierung besonders wichtig. Doch macht die EU zur Bedingung, dass drei wichtige Trennungsfragen vorher weitgehend geklärt sind. Bisher gelang dies nicht.

Dabei geht es um die Rechte der 3,2 Millionen EU-Bürger in Grossbritannien, die Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland und die Schlussrechnung für Grossbritannien nach mehr als 40 Jahren EU-Mitgliedschaft. (awp/mc/cs)

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