Büroflächen: COVID-19 stärkt Nachfrage nach zentralen Lagen

Büroflächen

(Photo by Nastuh Abootalebi on Unsplash)

Zürich – COVID-19 bringt Veränderungen für den Büroflächenmarkt. Mit dem coronabedingten Wirtschaftseinbruch rücken für viele Unternehmen Kosteneinsparungen anstelle von Wachstum in den Vordergrund. Die Unternehmen zeigen sich daher zurückhaltend bei der Anmietung neuer Flächen. Zumal der vermehrte Rückgriff auf das Homeoffice den künftigen Flächenbedarf vor allem bei grossen Dienstleistungsfirmen senkt. Längerfristig erwarten die Ökonomen der Credit Suisse jedoch, dass bestehende Wachstumstreiber diesen Effekt kompensieren dürften.

Die Coronakrise trifft den Büroflächenmarkt nicht in einer Phase einer starken Flächenausweitung. Die Produktion neuer Büroflächen bewegt sich leicht unter dem langfristigen Mittel. Dennoch dürfte die krisenbedingt schwache Nachfrage zu einem weiteren Anstieg des zuletzt auf hohem Niveau verharrenden Flächenangebots führen. Insbesondere in den äusseren Teilen der Büromärkte wartet viel Fläche auf Mieter. COVID-19 dürfte die Präferenz nach zentralen Innenstadtlagen noch verstärken und damit das Gefälle zwischen Innenstädten und den Rändern der Grosszentren weiter erhöhen.

Büroflächenbedarf wird neu kalibriert
Für das aktuelle und das kommende Jahr erwarten die Ökonomen der Credit Suisse aufgrund der Coronakrise eine Abnahme der Büroflächennachfrage um rund 700‘000 m². Die Pandemie hat das Homeoffice salonfähig gemacht. Das Arbeiten von zu Hause aus dürfte in Zukunft einen fixen Anteil am Arbeitspensum vieler Beschäftigter einnehmen. Die meisten Unternehmen warten daher ab mit Neuanmietungen und prüfen, wie sich der Durchbruch von Homeoffices auf deren Büroflächenbedarf auswirken wird. Gemäss den Ökonomen der Credit Suisse dürften Mischformen von Homeoffice und Büropräsenz die Büroflächennachfrage in den nächsten zehn Jahren um rund 15 % senken. Viele Unternehmen werden jedoch mittelfristig am Büro als zentralen Ort der Arbeitsausführung festhalten, da auf längere Frist bei Homeoffice mit Produktivitätseinbussen und sinkender Innovationskraft der Unternehmen zu rechnen ist. Andere Treiber wie Wirtschaftswachstum, Digitalisierung und Tertiarisierung der Industrie werden dagegen die Nachfrage erhöhen, sodass langfristig eine stagnierende Flächennachfrage resultieren dürfte.

Attraktive Bürostandorte weisen eine hohe Dichte an «Points of Interest» (POIs) auf
In der Welt nach COVID-19 werden die Unternehmen vor der Herausforderung stehen, ihre Mitarbeiter wieder ins Büro zu locken. Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt dabei ein attraktiver Standort, der sich nicht nur durch eine gute Erreichbarkeit, sondern auch eine hohe Umgebungsqualität mit grossem Dienstleistungsangebot auszeichnet. Analysen der Ökonomen der Credit Suisse zeigen, dass Büroimmobilien an Standorten mit wenigen Anziehungspunkten (sogenannten POIs – Points of Interest) überproportional oft ausgeschrieben werden, da sie weniger nachgefragt werden. Büroimmobilien an Lagen mit einer hohen POI-Dichte dagegen generieren eine grössere Nachfrage, werden vergleichsweise zügig vermietet und erzielen höhere Mieten. Gemäss ihren Regressionsmodellen erhöhen sich die Mieten von Büroimmobilien signifikant bei folgenden Faktoren: einer kürzeren Distanz zum Bahnhof und einer höheren Anzahl an POIs. Wichtiger als eine bloss hohe Zahl von POIs ist dabei deren Vielfalt. Die Mieter bevorzugen aber nicht nur zentrale Flächen mit vielen POIs, sondern auch moderne Flächen. So lässt sich ebenfalls eine Rotation aus älteren Gebäuden in Neubauten beobachten, wie z.B. beim Grossprojekt The Circle.

Wachsendes Zentrum-Peripherie-Gefälle
Die krisenbedingt schwache Nachfrage nach Büroflächen dürfte in naher Zukunft zu einem Anstieg des Büroflächenangebots und – wegen der Präferenz für zentrale Lagen – zu einer grösseren Kluft zwischen Innenstädten und Rändern der Grosszentren in Bezug auf Flächenangebote, Leerstände und Preise führen. Die inneren und teilweise auch mittleren Büromärkte verzeichneten in den letzten zwei Jahren eine gute Flächenabsorption und weisen überschaubare Angebotsquoten aus, wohingegen die äusseren Büromärkte mit einem Überangebot kämpfen. Damit zerschlagen sich auch die Hoffnungen auf eine substanzielle Reduktion der angebotenen Flächen im Zuge der höheren Nachfrage der letzten zwei bis drei Jahre. Trotz guter Flächenabsorption in den letzten Jahren verharrt die Summe aller angebotenen Büroflächen nämlich auf dem hohen Vorjahresniveau, was schweizweit einer Angebotsquote von 5.5 % entspricht. Das anhaltende Tiefzinsumfeld, das niedrige Finanzierungskosten und beschränkte Investitionsalternativen zur Folge hat, schafft zudem einen starken Investitionsanreiz für Neubauprojekte. Auch wenn in den letzten zwei Jahren etwas weniger Büroflächen bewilligt wurden als im langfristigen Durchschnitt, dürfte die künftige Flächenausweitung im Vergleich zur erwarteten Absorptionsfähigkeit des Marktes zu hoch ausfallen.

Grosses Überangebot in Genf
Die Angebotssituation unterscheidet sich relativ stark unter den einzelnen Grosszentren, wie die Detailanalyse der Ökonomen der Credit Suisse zu den fünf grössten Büroflächenmärkten der Schweiz zeigt. Vor allem Genf sticht immer noch mit einer hohen Angebotsquote von 11.5 % hervor. Die Nachfrage in der Calvinstadt ist zu wenig dynamisch, um das von vielen Entwicklungsprojekten verstärkte Überangebot zum Verschwinden zu bringen. Die zweithöchste Angebotsquote der Grosszentren weist Lausanne auf (7.9 %), wobei das Angebot dank einer robusten Nachfrage gegenüber dem letzten Jahr gesunken ist. In Basel (7.7 %) werden aktuell viele Flächen freigesetzt, was die Angebotsquote steigen lässt. In Zürich (7.0 %) und Bern (5.7 %) sind die Flächenangebote knapp, vor allem in den Innenstädten, während an den Rändern dieser Büromärkte aber ebenfalls viele Flächen auf Mieter warten.

Mietpreise kommen wieder unter Druck
Die Leerstände notieren auf einem ähnlichen Niveau wie 2019. Die leer stehenden Flächen sind im letzten Jahr insbesondere in der Stadt Zürich (–23 %) und im Kanton Waadt (–19 %) gesunken. Zudem entwickelte sich der Kanton Basel-Landschaft mit einem Rückgang von 19 % besser als Basel-Stadt mit einem Plus von 24 %. Deutliche Anstiege der Büroleerstände mussten auch der Kanton Neuenburg (+74 %) und die Stadt Bern (+78 %) ausgehend von tiefen Niveaus verbuchen. Die in den meisten Büromärkten mehr oder weniger synchron erfolgten Mietpreisanstiege seit 2018/2019 mit einem Anstieg zwischen 4 % und 11 % sind mittlerweile infolge von COVID-19 ins Stocken geraten. Sie dürften in einen sinkenden Trend übergehen, denn bei der aktuell schwachen Nachfrage führt eine Bautätigkeit ungefähr auf dem Niveau des langfristigen Durchschnitts unweigerlich zu noch grösseren Überkapazitäten, steigenden Leerständen und Druck auf die Mieten.

Die vollständige Studie «Büroflächenmarkt Schweiz 2021» ist in Deutsch hier verfügbar. (Credit Suisse/mc/ps)

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