Bundesrätin Leuthard weiht das erste energieautarke MFH der Welt ein
Das erste energieautarke MFH der Welt – ein Projekt der Umwelt Arena. (Foto: Umwelt Arena)
Spreitenbach – Gemeinsam mit Ausstellungspartnern hat die Umwelt Arena Spreitenbach in Brütten ZH das erste „solarbetriebene“ Neunfamilienhaus der Welt gebaut, das komplett ohne externe Energieanschlüsse auskommt. Bundesrätin Doris Leuthard hat dieses Leuchtturmprojekt der Energiestrategie heute eingeweiht.
„Wenn Bertrand Piccard mit einem Flugzeug ohne fossilen Treibstoff rund um die Erde fliegen kann, sollten wir auch ein Wohnhaus ohne fossile Energien bauen und betreiben können“, erklärt Walter Schmid, Initiator und Bauherr, seinen Antrieb zum Bau des ersten energieautarken Mehrfamilienhauses der Welt. Die Herausforderung: Um ein 100 Prozent energieautarkes Gebäude (ohne externe Anschlüsse für Strom, Öl und Gas, ohne Cheminée) realisieren zu können, muss die Effizienz in jedem Bereich gesteigert werden: von der Energieproduktion über die Energiespeicherung bis hin zum Verbrauch und dem Benutzerverhalten.
Vor 200 geladenen Gästen aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung und beteiligten Hochschulen weihte Bundesrätin Doris Leuthard heute das spektakuläre Projekt in Brütten ZH feierlich ein. „Der Bau eines Hauses ist stets ein Generationenprojekt, wenn man die Lebensdauer betrachtet. Darum ist es wichtig, dass wir mit Visionen und Überzeugung ans Werk gehen. Das heute eingeweihte Haus zeigt: Energieautarkes Bauen ist ohne Komforteinbussen möglich“, sagte Bundesrätin Leuthard in ihrer Rede und gratulierte den Verantwortlichen dafür. EnergieSchweiz, ein Förderprogramm des Bundesamtes für Energie, unterstützt das Projekt. Die Geschäftsführerin Daniela Bomatter ist überzeugt: „Das Team geht hier an die Grenzen des Möglichen und optimiert dadurch jede Komponente des Hauses, um Energie-Autarkie zu erreichen.“
Umsetzung Energiestrategie 2050 bereits heute möglich
Das Projekt der Umwelt Arena Spreitenbach zeigt, dass die Umsetzung der Energiestrategie 2050 bereits heute möglich ist, wenn die vorhandenen Technologien und das Knowhow konsequent genutzt und intelligent kombiniert werden. Dazu gehört, dass sich alle Komponenten wie Gebäudehülle, Gebäudetechnik und Energiekonzept technisch auf dem höchsten Niveau bewegen und die energieeffizientesten Küchen- und Haushaltsgeräte
(A+++) eingesetzt werden. So wird der heute durchschnittliche Verbrauch von 4400 kWh pro Wohnung und Jahr auf 2200 kWh/Wohnung/Jahr halbiert, ohne dass die Bewohner Komforteinbussen in Kauf nehmen müssen.
Zusätzlich stehen den Mietern ein Elektro- und ein Biogasfahrzeug zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung. Der Strom für das Elektroauto wird mit der hauseigenen PV-Anlage produziert, und für das Bio-/Erdgasauto steht so viel Biogas bereit, wie aus den biologischen Abfällen aller Bewohner gewonnen werden kann (Kompogasverfahren). Die Mieter sind jederzeit über ihren Energieverbrauch informiert. So können sie mit ihrem Verhalten aktiv und messbar ihren Energieverbrauch beeinflussen.
Herausforderung für Architektur
Eine wichtige Rolle spielt die Architektur. Hier besteht die Herausforderung, Ästhetik und Energieproduktion – das ganze Haus ist schlussendlich ein Kraftwerk – in Einklang zu bringen. Die Solarpaneele sind speziell auf die Anwendung im architektonischen und gestalterisch-ästhetischen Bereich angepasst und weiterentwickelt worden. Deshalb sind die verbauten Photovoltaikplatten an der Fassade matt, blendfrei und als Bauplatten verwendbar. Neben dem Vorteil der Stromproduktion bietet dieses neuartige Konzept auch eine weit höhere Lebensdauer als herkömmliche Fassaden; dies bei kaum höheren Kosten.
Der verantwortliche Architekt René Schmid, René Schmid Architekten AG, erklärt: „Dank der Symbiose von Architektur und Technik sind zukunftsgerichtete und nachhaltige Projekte bereits heute gewinnbringend realisierbar.“
Die ersten Mieter sind bereits eingezogen. Bei der Auswahl wurde bewusst auf eine Durchmischung von energiebewussten Personen und solchen, die sich weniger um den Energieverbrauch kümmern, geachtet. So kann aufgezeigt werden, wie stark sich das Benutzerverhalten auf den Energiebedarf auswirkt. Die Mietpreise liegen im ortsüblichen Rahmen.
Damit die innovativen Lösungen, die es zur Realisation eines komplett energieautarken Mehrfamilienhauses braucht, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind, hat die Umwelt Arena Spreitenbach zusammen mit den beteiligten Fachpartnern und der Unterstützung von EnergieSchweiz insgesamt 17 Fachbroschüren zum Thema produziert. Die Broschüren können im Internet über die Website der Umwelt Arena oder als Printausgaben direkt in der Umwelt Arena Spreitenbach bezogen werden.
In der Umwelt Arena Spreitenbach zeigt die Ausstellung „Energieautarkes Mehrfamilienhaus“ anhand eines Grossmodells den technischen Aufbau und die angewandten Lösungen. Themenführungen durch die Ausstellung mit Fokus auf das Projekt „Energieautarkes Mehrfamilienhaus“ sind buchbar für Gruppen über [email protected], Tel. +41 56 418 13 10.