Widmer-Schlumpf trifft US-Justizminister Holden

Eveline Widmer-Schlumpf

Alt-Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf. (Foto: admin.ch)

EFD-Vorsteherin Eveline Widmer-Schlumpf. (Foto: admin.ch)

Bern / Washington – Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ist am Donnerstag wegen des Steuerstreits in die USA gereist. Das Finanzdepartement (EFD) bestätigte am Freitagmorgen eine Meldung des Tessiner Radios und Fernsehens RSI. Allerdings sei die Reise schon länger geplant gewesen. Widmer-Schlumpf treffe am Freitagabend den US-amerikanischen Justizminister Eric Holder, erklärte EFD-Sprecher Roland Meier auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.

Widmer-Schlumpf war in Begleitung von Jacques de Watteville, dem Leiters des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen. Gespräche zwischen der Finanzministerin und dem US-Justizminister hätten eigentlich schon an der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds stattfinden sollen. Das habe aber nicht geklappt und werde nun nachgeholt, erklärte der Departementssprecher. Zum Inhalt der Gespräche sagte Meier lediglich, es gehe um Fragen des Bankenprogramms und allgemein um den Steuerstreit mit den USA.

Druck auf die CS steigt
Es dürfte allerdings auf der Hand liegen, dass die Grossbank Credit Suisse bei dem Treffen zur Sprache kommt. Seitens des EFD verlautete dazu gar nichts. Auch die Bank kommentierte das gegenüber der sda nicht. Die CS gerät in letzter Zeit vermehrt unter Druck in den USA. In den letzten Tagen war in US-Medien wie dem «Wall Street Journal» oder der «New York Times» gemeldet worden, US-Staatsanwälte wollten mit Strafklagen gegen die Bank vorgehen.

Zu einem solchen Schritt führen könnte ein Schuldeingeständnis des Treuhänders Josef Dörig vom Mittwoch. Dörig war in den 1990er-Jahren Präsident bei der CS-Tochter Fides Trust.

Käme es tatsächlich zu Strafklagen gegen die Grossbank, wäre Feuer im Dach. Für die traditionsreiche Bank Wegelin etwa bedeutete eine Klage das Todesurteil; sie musste unter dem Druck der USA ihr Nicht-US-Geschäft an die Raiffeisen-Gruppe verkaufen. Der drittgrösste CS-Aktionär, die US-Beteiligungsgesellschaft Harris Associates, kritisiert die möglichen Strafklagen. Das sei eine «grenzwertige Erpressung durch unsere Regierung», erklärte Harris-Investmentchef David Herro der Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Diese Einschüchterungsstrategie solle letztlich zu einem finanziell möglichst hohen Vergleich führen. Aktuell hält Harris 5,2% an der Bank.

CS unterstreicht Bemühungen
In ihrem am Freitag veröffentlichten Quartalsbericht unterstreicht derweil die Credit Suisse ihren Aktionären gegenüber die Bemühungen zur Lösung. Dauer und Ausgang blieben aber weiterhin im Ungewissen, schreiben Verwaltungsratspräsident Urs Rohner und Konzernchef Brady Dougan. Die Bank arbeite hart daran, ihre juristischen Angelegenheiten in den USA ins Reine zu bringen. Dabei verweist das Führungsduo auf die im ersten Quartal erledigten Fälle.

Vergleiche erzielt
So erzielte die Bank im März mit der Federal Housing Finance Agency einen Vergleich. Mit 885 Mio. Dollar begleicht das Finanzinstitut Ansprüche im Zusammenhang mit umstrittenen Hypothekengeschäften. Nach CS-Angaben war das ihr grösster Rechtsfall im US-Hypothekargeschäft.

Im Februar schloss die CS mit der US-Börsenaufsicht SEC einen weiteren Vergleich, mit dem die Bank wegen unerlaubter Dienstleistungen für US-Kunden 196 Mio USD Busse zahlt. Im ersten Quartal setzte die CS gemäss Geschäftsbericht Rückstellungen von 107 Mio CHF für Rechtsstreitigkeiten an.

Anfang April gab die Bank bekannt, dass wegen des Steuerstreits die finanziellen Vorkehrungen um 425 Mio auf 720 Mio CHF erhöht worden seien. Insgesamt hat die CS für Rechtsstreitigkeiten Rückstellungen in Höhe von 900 Mio CHF getätigt.

Happige Vorwürfe in Senatsbericht
Im Februar hatte ein 200-seitiger Bericht eines US-Senatsausschusses der CS happige Vorwürfe gemacht. Die Bank habe US-Kunden aktiv bei der Steuerhinterziehung geholfen. Dougan und drei seiner Mitarbeiter mussten Ende Februar zu einer Anhörung im Senat antraben.

Im Nachgang dazu verlangte der demokratische Senator Carl Levin vom US-Justizministerium ein härteres Vorgehen gegen die Schweiz. Der als Feind aller Steueroasen profilierte Politiker forderte zusammen mit seinem republikanischen Senatskollegen John McCain, die Justizbehörden müssten von der Schweiz sogar die Auslieferung beschuldigter Schweizer Bürger verlangen. Es sei stossend, dass erst sechs Beschuldigte vor Gericht gekommen seien. Dabei habe die Justiz gegen 35 Schweizer Banker und 25 Finanzberater ein Verfahren aufgenommen.

Bei der CS bemängeln die Senatoren, die US-Steuerbehörden hätten von der Bank bloss die Namen zu 238 von insgesamt 22’000 Konten erhalten.

Zeichnet sich ein Praxiswechsel ab?
Mit dem erhöhten politischen Druck lassen auch die möglichen Strafklagen erklären. Sie wären ein Bruch mit der bisherigen Praxis. Banken, die in der Steuerfrage wie die CS in die erste Kategorie fallen und bereits in einem Verfahren stecken, sollten gemäss einer Vereinbarung zwischen den Regierungen der Schweiz und der USA eigentlich mit dem US-Justizdepartement einen Vergleich aushandeln.

Dieser Vergleich ist von Fall zu Fall verschieden und kann Bussen, Auflagen und andere Bedingungen enthalten. In dieser ersten Kategorie sind über ein Dutzend Banken, etwa auch Julius Bär und die Kantonalbanken von Zürich und Basel.

Im Bankenprogramm sind weitere 106 Banken. Sie unterteilen sich in weitere drei Kategorien: Die zweite Kategorie, die Banken mit Verdachtsfällen, kann sich durch umfassende Kooperation und eine Busse von der Strafverfolgung befreien. Die dritte Kategorie sind die Banken, die ihre Unschuld beweisen. Und die vierte umfasst schliesslich die reinen Regionalbanken ohne Konten von US-Kunden. (awp/mc/pg)

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