Carney will nach Brexit-Schock höhere Inflation in Kauf nehmen

Carney will nach Brexit-Schock höhere Inflation in Kauf nehmen
Mark Carney, Gouverneur der Bank of England. (Foto: BoE)

London –  Zur Sicherung des Wachstums nach dem Brexit-Schock will die Londoner Notenbank mit Blick auf den Preisauftrieb ein Auge zudrücken. Die Bank of England (BoE) sei bereit, die Inflationsrate etwas über das Ziel von zwei Prozent hinausschiessen zu lassen, sagte BoE-Chef Mark Carney am Freitag in Nottingham. Zuletzt lag die Rate im August zwar mit 0,6 Prozent noch deutlich darunter. Doch der Pfund-Verfall nach dem EU-Austrittsvotum der Briten vom Juni verteuert Importe auf die Insel. Dies gilt insbesondere auch für Energie, wo der Preis durch mögliche Förderbegrenzungen des Ölkartells OPEC ohnehin steigen dürfte.

Seit dem Brexit-Votum hat das Pfund zum Dollar rund 18 Prozent verloren. Manche Bankenökonomen sagen für Ende 2017 Inflationsraten zwischen drei und vier Prozent voraus. Auch Carney rechnet mit anziehenden Preisen: «Das Inflationsumfeld wird sich ändern.» Steigende Preise werden seiner Meinung insbesondere den sozial schlechter gestellten Briten das Leben erschweren. Doch sei es nicht die Aufgabe der Notenbank, ein Ziel für den Währungskurs zu sichern. Allerdings sei ihr der Pfund-Kurs auch nicht gleichgültig, betonte der Kanadier.

Nebenwirkungen der Krisenmedizin
Vor dem am 3. November anstehenden Zinsentscheid der Notenbank hat Premierministerin Theresa May auf ein Ende der ultra-lockeren Linie der Währungshüter gedrungen. Sie warnte vor «negativen Nebenwirkungen der Krisenmedizin» und verwies darauf, dass insbesondere Sparer durch die Nullzinspolitik schlechter gestellt seien. Die Briten hatten sich am 23. Juni mehrheitlich dafür entschieden, der EU den Rücken zu kehren. Dies hat zu Verunsicherung in der Wirtschaft geführt. Um die Konjunktur nach dem Referendum anzukurbeln, hat die BoE im August die Zinsen gekappt. Zudem öffnete sie die Geldschleusen weiter und stockte ihre Staatsanleihenkäufe um 60 Milliarden auf 435 Milliarden Pfund (524 Milliarden Franken) auf. Angesichts der unsicheren Konjunkturaussichten hält sie sich für eine weitere Senkung der Leitzinsen bereit, die von den Währungshütern derzeit auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent gehalten werden. (awp/mc/cs)

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