New York – US-Präsident Donald Trump drängt China im Zollstreit vor wichtigen Verhandlungen in Washington zur Entscheidung. Er warnte die Führung in Peking am Mittwoch in einer Twitter-Botschaft davor, auf Zeit zu spielen.
Die Volksrepublik solle nicht darauf spekulieren, dass sich womöglich ein «sehr weicher» demokratischer Nachfolger im Weissen Haus auf Neuverhandlungen einlassen würde. Laut Trump zeigt China inzwischen neue Signale der Einigungsbereitschaft: Die USA seien «gerade» darüber informiert worden, dass Vizeregierungschef Liu He nach Washington kommen wolle, um eine Vereinbarung abzuschliessen. «Wir werden sehen», fügte er hinzu.
Trump erhöht den Druck
Liu soll am Donnerstag und Freitag an der neuen Gesprächsrunde zur Lösung des Konflikts in Washington teilnehmen. Um den Druck im Vorfeld zu erhöhen, hatte Trump am Sonntag angekündigt, am Freitag Importzölle auf chinesische Produkte im Volumen von 200 Milliarden Dollar auf 25 Prozent zu erhöhen. Damit löste er an den Märkten Furcht vor einem Platzen der Verhandlungen aus.
China droht den USA im Handelsstreit mit Vergeltungsmassnahmen
Die chinesische Regierung hat den USA im Handelsstreit mit Vergeltungsmassnahmen gedroht. Sollten die USA die geplanten Zollerhöhungen umsetzen, dann werde China «notwendige Gegenmassnahmen» ergreifen, teilte das Handelsministerium in Peking mit. Ein eskalierender Handelsstreit läge aber nicht im Interesse Chinas und der Welt. China würde es «zutiefst bedauern», falls die USA ihre geplanten Zollerhöhungen umsetzen.
«Die nächsten Tage könnten heftig werden», sagte Marktanalyst Craig Erlam vom Finanzhaus Oanda. Bis vor kurzem hätten die Märkte noch eingepreist, dass es eine Einigung im Handelsstreit geben werde. Inzwischen sei die Frage, ob es wirklich dazu komme.
China bringt Trump mit Änderungswünschen in Rage
Den Zorn Trumps hatten nach Reuters-Informationen massive Änderungswünsche der Pekinger Führung am Entwurf für ein Abkommen geweckt. In einer fast 150-seitigen Vorlage habe China systematisch Passagen gestrichen, die zu Kernforderungen der US-Seite gehörten, wie mehrere mit der Sache vertraute Personen äusserten.
Demnach löschten die chinesischen Unterhändler in jedem der sieben Kapitel der Vertragsvorlage Stellen, in denen Verpflichtungen zu Gesetzesänderungen festgeschrieben werden sollten – zu den Streitthemen Diebstahl geistigen Eigentums, erzwungener Technologie-Transfer, Wettbewerbspolitik, Zugang zu Finanzdienstleistungen und Währungsmanipulation. «Das untergräbt die Kern-Architektur der Übereinkunft», sagte einer der Insider in Washington.
Der Konflikt zwischen den beiden grössten Wirtschaftsmächten der Welt schwelt seit längerem und lastet auf der globalen Konjunktur und den Finanzmärkten. China und die USA haben sich bereits gegenseitig mit hohen Strafzöllen überzogen.
US-Handelsdefizit mit China
Trump unterstrich seine Position mit neuen Drohungen: In seinem jüngsten Tweet erklärte er, dass er sich sehr auf Zolleinnahmen von über 100 Milliarden Dollar im Jahr freue, die die amerikanische Staatskasse füllten: «Grossartig für die USA, nicht gut für China!» Dem US-Präsidenten ist insbesondere das amerikanische Defizit im Handel mit der Volksrepublik ein Dorn im Auge, da die USA aus seiner Sicht dadurch jährlich 500 Milliarden Dollar verlieren.
….Guess what, that’s not going to happen! China has just informed us that they (Vice-Premier) are now coming to the U.S. to make a deal. We’ll see, but I am very happy with over $100 Billion a year in Tariffs filling U.S. coffers…great for U.S., not good for China!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) May 8, 2019
Die jüngsten Daten liefern der US-Seite neue Munition: Denn im April stieg der chinesische Überschuss im Handel mit den USA auf 21,01 Milliarden Dollar von 20,5 Milliarden im März. Insgesamt war der Handelsüberschuss mit dem Ausland im April mit 13,84 Milliarden Dollar allerdings weit niedriger als erwartet. Das lag auch daran, dass die chinesischen Einfuhren aus dem Ausland im April zum Vorjahresmonat unerwartet stiegen, und zwar um 4,0 Prozent. (awp/mc/pg)