Peking – China hat Donald Trump vor einem folgenschweren Kurswechsel in den Beziehungen gewarnt. Die Äusserungen des künftigen US-Präsidenten, die USA müssten sich nicht unbedingt an die Ein-China-Politik halten, kommentierte ein Aussenamtssprecher am Montag in Peking mit «grosser Besorgnis». Er warnte vor Schaden für die Beziehungen zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften. Chinesische Experten riefen dazu auf, Druck auf Trump auszuüben.
«Die Taiwanfrage gehört zu Chinas Kerninteressen und betrifft die chinesische Souveränität», sagte der Sprecher des Aussenministeriums, Geng Shuang. Die Einhaltung der Ein-China-Politik sei Grundlage der Beziehungen. Wenn dieses Fundament zerstört würde, könne es keine gesunde und stabile Entwicklung der Beziehungen mehr geben.
«Abtrünnige Provinz»
Die kommunistische Führung betrachtet Taiwan seit 1949 nur als abtrünnige Provinz und droht mit einer gewaltsamen Rückeroberung. Mit seiner Ein-China-Doktrin fordert Peking, dass kein Land diplomatische und andere offizielle Beziehungen zu der heute demokratischen Inselrepublik unterhalten darf, wenn es ein normales Verhältnis mit der Volksrepublik pflegen will.
Ein aussenpolitischer Experte beschrieb Trump als diplomatisch «unreif». «Deswegen müssen wir ihm klar machen, wie ernst das Problem ist und Druck auf ihn ausüben», sagte Li Haidong, Professor an der Universität für auswärtige Angelegenheiten der Zeitung «Global Times», die vom Parteiorgan «Volkszeitung» herausgegeben wird.
https://youtu.be/9ND8IMjwxes
Trump will «Ein-China-Politik» mit anderen Deals verbinden
In einem Interview mit «Fox News» hatte Trump am Vortag gesagt, er verstehe die langjährige US-Position voll und ganz. «Aber ich verstehe nicht, warum wir an eine «Ein-China-Politik» gebunden sein müssen, solange wir nicht einen Deal mit China über andere Dinge haben, darunter den Handel.» Zuvor hatte bereits sein Telefonat mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen für Wirbel gesorgt. Es war das erste eines neu gewählten US-Präsidenten seit 1979.
«Als Unternehmer denkt er, es sei ganz normal, Geschäfte zu machen, aber er begreift nicht, dass die Taiwanfrage kein Geschäft für China ist», sagte Professor Li Haidong. Er beschrieb Trump als «Neuling im Umgang mit Fragen der diplomatischen und internationalen Beziehungen». Seine Kenntnis davon sei nur «sehr oberflächlich». «Deswegen hat er die Nerven, zu sagen, was immer er will.» Wie Druck ausgeübt werden soll, sagte der Professor nicht. «Wir sollten dafür sorgen, dass er die Bedeutung und Komplexität der chinesisch-amerikanischen Beziehungen versteht, und verhindern, dass er von einigen konservativen Kräften manipuliert wird.»
Trump will sich nichts vorschreiben lassen
Der künftige US-Präsident hatte in dem Interview auch seine Kritik an Peking bekräftigt. Er warf China unter anderem vor, eine «Festung» auf umstrittenen Inseln im Südchinesischen Meer zu bauen und nicht dabei zu helfen, Nordkoreas nukleare Ambitionen zu stoppen. Erneut kritisierte er auch Pekings Währungspolitik und betonte, er lasse sich von Peking nicht vorschreiben, mit wem er telefonieren dürfe.
China hatte sich nach seinem Telefonat mit Taiwans Präsidentin beschwert. «Ich will nicht, dass China mir etwas vorschreibt», sagte Trump. Im Übrigen sei er angerufen worden, nicht umgekehrt. Es sei «ein sehr netter Anruf» gewesen. Bereits zuvor hatte das Trump-Team mitgeteilt, dass sich Tsai Ing-wen gemeldet habe, um ihm zur Wahl zu gratulieren. «Ich denke, es wäre nicht sehr respektvoll gewesen, den Anruf nicht entgegenzunehmen», sagte Trump. (awp/mc/pg)