Chinas neue Führung steht vor kniffligen Herausforderungen

Chinas neue Führung steht vor kniffligen Herausforderungen
Chinas Staatspräsident Xi Jinping.

Vizepräsident und designierter neuer Parteichef der KP Chinas, Xi Jinping.

Über die US-Wahlen wurde viel geschrieben und berichtet, aber auch die Bedeutung des 18. Kongresses der Kommunistischen Partei Chinas, der am Donnerstag 8. November begonnen hat und rund eine Woche dauert, darf nicht unterschätzt werden. Es wird für die neue Führung keine leichte Aufgabe sein, angesichts der wachsenden Dynamik im Land in den nächsten Jahren Stabilität und geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.

von Jan Boudewijns, Head of Emerging Equity Management, Dexia Asset Management

Der KP-Kongress findet alle fünf Jahre statt. Alle zehn Jahre (so wie jetzt) ist er besonders wichtig, weil dann viele hochrangige Parteiführer zurücktreten und durch eine neue Führung ersetzt werden. Diesmal müssen Generalsekretär Hu Jintao, die 25 Mitglieder des Politbüros und der ständige Ausschuss des Politbüros (die Top-Parteifunktionäre) gehen. Die neue Parteiführung wird die „5. Generation“ seit Gründung der Volksrepublik China sein – nach Mao Zedong, Deng Xiaoping, Jiang Zemin und Hu Jintao jetzt nach aller Wahrscheinlichkeit also Xi Jinping. Die neue Regierung wird auf dem Kongress zwar nicht gewählt, aber viele der neuen Parteiführer werden zu den Regierungsmitgliedern zählen, wenn die Nationalversammlung im März 2013 den neuen Präsidenten, den Premierminister und den Staatsrat wählt (das chinesische Kabinett).

Spannende Veränderungen an der Parteispitze
Meist sind die wichtigsten Ergebnisse der Wahlen zum ständigen Ausschuss mehr oder weniger vorhersehbar. Aber in diesem Jahr besteht eine gewisse Unsicherheit. Dies liegt an den jüngsten parteiinternen Reibereien und daran, dass der populistische Bo Xilai (der neue Stern am Parteihimmel und ein Kandidat für den ständigen Ausschuss) von der Bildfläche verschwunden ist. Zudem ist es eher ungewöhnlich, dass gleich sieben von neun Mitgliedern des ständigen Ausschusses aufgrund ihrer Amtszeit oder ihres Alters zurücktreten müssen. Nur der Vizepräsident und designierte neue Parteichef Xi Jinping (Jahrgang 1953) und der Vize-Premierminister Li Keqiang (Jahrgang 1955) bleiben. Zudem hat der neue ständige Ausschuss möglicherweise nicht mehr neun, sondern nur noch sieben Mitglieder. All dies wirft Fragen auf und macht die Spekulationen, wer wohl gewählt wird, noch spannender. Auf jeden Fall wird die neue Zusammensetzung der Parteispitze einen Hinweis auf die Machtverteilung innerhalb der Partei und auf eventuelle Verschiebungen geben. Die beiden wichtigsten Fraktionen sind die Reformer und die konservativen Hardliner, eine noch immer sehr verschlossene und undurchsichtige Gruppierung. Der Kongress wird also ahnen lassen, welche Richtung die politischen und/oder wirtschaftlichen Reformen in den nächsten Jahren nehmen werden und was dies für Politik und Wirtschaft bedeuten könnte – in China und weltweit.

Ungerechte Einkommensverteilung und unausgewogene Wirtschaftsstruktur
Sofortige oder drastische politische Veränderungen sind allerdings nicht zu erwarten. Anfangs wird die neue Führung zumindest die laufenden Programme fortführen, zumal sie für diese (zumindest teilweise) verantwortlich ist. Hinzu kommt, dass die jetzige Regierung bis März nächsten Jahres im Amt sein wird. Erste politische Weichenstellungen könnte die Wirtschaftsplanung für das Jahr 2013 erkennen lassen, die auf der Zentralen Plankonferenz im Dezember verabschiedet wird. Wirklich spürbare strukturelle politische Veränderungen und Reformpläne der neuen Führungsgeneration sind aber frühestens nach dem dritten Plenum des 18. Parteikongresses Ende nächsten Jahres zu erwarten. Die neue Führungsgeneration steht vor der schwierigen Aufgabe, die chinesische Gesellschaft nach zehn Jahren mit spektakulärem und bis dahin einzigartigem Wachstum in eine neue Ära zu führen. Hunderte Millionen Menschen sind in den letzten Jahren zu (relativem) Wohlstand gekommen. Dennoch steht das Land vor enormen Herausforderungen: Zu nennen sind die ungerechte Einkommensverteilung, die Bevorzugung des staatlichen gegenüber dem privaten Sektor (obgleich hier die meisten neuen Stellen geschaffen wurden), Schwierigkeiten im Umwelt- und Wassermanagement, eine sehr unausgewogene Wirtschaftsstruktur und eine schnell alternde Gesellschaft. Hinzu kommt, dass es immer schwieriger wird, die politische und soziale Stabilität des Landes zu gewährleisten und der neuen weltpolitischen Verantwortung einer der führenden Volkswirtschaften gerecht zu werden. China stehen also entscheidende und spannende Zeiten bevor. (Dexia/mc/hfu)

 

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