Zürich – Der Kanton Zug ist erfolgreich. Wirtschaft und Bevölkerung profitieren von der höchsten Standortqualität in der Schweiz, die Bevölkerung wächst und die Anzahl der Arbeitsplätze steigt. Doch ein wichtiger Standortvorteil Zugs, die tiefen Unternehmenssteuern, dürfte laut den Ökonomen der Credit Suisse in den nächsten Jahren schwinden: Falls die Stimmbürger die Unternehmenssteuerreform III annehmen, reduzieren zahlreiche Kantone ihre Steuersätze, Konkurrenzstandorte holen auf. Zudem ist der Finanzhaushalt defizitär, der Kanton Zug zehrt von den Reserven. Zu den Begleiterscheinungen des Erfolgs zählen auch die hohen Immobilienpreise – eine stärkere Durchmischung der Bevölkerung bleibt eine Herausforderung.
Der Kanton Zug bietet Unternehmen viel – seit Jahren behauptet er sich an der Spitze des Standortqualitätsrankings der Credit Suisse. Auf der Rangliste der 110 Schweizer Wirtschaftsregionen liegen die beiden Zuger Wirtschaftsregionen ebenfalls weit vorne: Die Region Lorzenebene/Ennetsee positioniert sich auf Rang 2 hinter der Stadt Zürich, die Region Zuger Berggemeinden auf Rang neun. Die hohe Attraktivität des Kantons Zug zeigt sich in allen Dimensionen des Standortqualitätsindikators (SQI) der Credit Suisse: Die Steuerbelastung für Privatpersonen und Unternehmen ist niedrig, die Verfügbarkeit von Fachkräften und Hochqualifizierten hoch und die Erreichbarkeit dank kurzen Wegen in die Ballungsräume Zürich und Luzern weit überdurchschnittlich.
Unternehmenssteuerreform III: Der Steuervorteil Zugs schwindet
Am 12. Februar 2017 entscheiden die Schweizer Stimmberechtigten über die Unternehmenssteuerreform III. Mit dieser wird die privilegierte Besteuerung von Unternehmen, die ihre Erträge primär im Ausland erzielen, voraussichtlich abgeschafft. Um seine steuerliche Attraktivität trotz Wegfall dieser Steuer-privilegien zu erhalten, möchte der Kanton Zug seine bereits tiefen Gewinnsteuern von heute 14.6% auf rund 12% senken. Zug würde mit den tiefsten Unternehmenssteuern aller Kantone von Rang 6 an die Spitze rücken, stellen die Ökonomen der Credit Suisse in der neuen Studie fest. Konkurrenzstandorte wie die Kantone Waadt, Basel-Stadt, Genf und weitere planen jedoch ebenfalls starke Steuersenkungen. Die Steuersätze für Unternehmen nähern sich damit an. Der Vorsprung des Kantons Zug bei den Unternehmenssteuern schwindet.
Zug verteidigt Spitzenposition bei den Steuern für Privatpersonen
Die Steuerbelastung für natürliche Personen ist unabhängig vom Einkommensniveau im kantonalen Vergleich in Zug am attraktivsten. Vermögende Steuerzahler sind im Kanton deutlich übervertreten, schreiben die Ökonomen der Credit Suisse. Das durchschnittliche Reineinkommen pro Steuerpflichtigen im Kanton Zug wuchs von 2003 bis 2013 um gut 21% – deutlich stärker als der Schweizer Durchschnitt (9%). Überdurchschnittlich entwickelten sich auch die Steuererträge der natürlichen Personen. Auch für sehr vermögende Steuerpflichtige ist Zug attraktiv: Von den schweizweit 278’746 Vermögensmillionären (5% der Steuerpflichtigen) haben sich überdurchschnittlich viele im Kanton Zug angesiedelt (12% der Steuerpflichtigen). Nur im Kanton Schwyz ist dieser Wert leicht höher. Mit der zunehmenden Mobilität und der Trennung von Arbeits- und Wohnort wird die steuerliche Attraktivität für natürliche Personen wichtiger, besonders für mobile, wohlhabende Individuen. Der Kanton Zug ist für diesen Wettbewerb bestens positioniert.
Kaum strukturelle Risiken im Branchenportfolio
Zugs Beliebtheit als Standort für Hauptsitze und Dienstleistungsfirmen ist ungebrochen. Am stärksten wächst Zug-West, getrieben von der Spitzenindustrie. Die dominierende Branche des Kantons ist der Grosshandel, der jeden siebten Beschäftigten anstellt. Neben dem Rohstoffhandel ist der Handel mit Pharmaprodukten von grosser Bedeutung. Ebenfalls wichtig sind die äusserst wertschöpfungsstarken Lifesciences, die rund 8% der Beschäftigten ausmachen. In Zug sind diese Stellen mehrheitlich den Bereichen Pharma, Biotechnologie und Medtech zuzuordnen. Unsere Betrachtung der Chancen und Risiken zeigt, dass die grösseren Branchen im Kanton Zug ein intaktes oder sogar hohes Wachstums-potenzial aufweisen. Am höchsten schätzen wir das Potenzial für Informatikdienste ein. Zu den Branchen mit einem Überhang von Risiken zählen der Detailhandel und die Gastronomie.
Impulse aus dem Crypto Valley
In der Stadt Zug haben sich zahlreiche Fintech-Unternehmen niedergelassen, die sich auf Verschlüsselungstechnik spezialisieren, sogenannte kryptische Verfahren. Zug wird darum – in Anlehnung an den Begriff Silicon Valley – auch als Crypto Valley bezeichnet. Die Dichte an Informatikdienstleistern im Kanton Zug ist schweizweit am grössten, wenn man diese am Beschäftigtenanteil misst: 3.9% der Zuger Beschäftigten arbeiten bei einem IT-Dienstleister – schweizweit sind es 2.0%. Mittlerweile nimmt Zug eine Vorreiterrolle bezüglich digitaler Währungen und Verschlüsselungstechnik ein. Dass Zug für diese Firmen ein geeigneter Standort ist, liegt einerseits an der steuerlichen Attraktivität des Kantons. Anderseits gilt Zug als einer der innovativsten Standorte der Schweiz, liegt nahe am Finanzzentrum Zürich und bietet eine ausgezeichnete Infrastruktur und Zugang zu hochqualifizierten Fachkräften.
Finanzielle Wohnattraktivität: Tiefe Abgaben, hohe Preise
Ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Wohnorts ist dessen finanzielle Attraktivität. Konkret: Wie viel bleibt nach Abzug aller Kosten, etwa für Wohnen, Steuern, Krankenkasse und Pendeln, vom Einkommen übrig? Für einen breit definierten Mittelstand liegt das frei verfügbare Einkommen im Kanton Zug knapp über dem Schweizer Durchschnitt. Zug belegt damit laut den Ökonomen der Credit Suisse im RDI-Indikator (Regional Disposable Income) allerdings nur den 19. Rang unter den Kantonen. Zwar sind die obligatorischen Abgaben in keinem Kanton tiefer als in Zug, insgesamt ist das Leben aber teuer. Dies liegt vor allem an den hohen Immobilienpreisen. Kantonsweit am günstigsten lebt es sich in der Gemeinde Menzingen, am teuersten sind Walchwil und die Stadt Zug, wo die Wohnkosten gut 60% höher sind. Der Kanton Zug ist insgesamt ein attraktiver Wohnort, wie das rasante Bevölkerungswachstum zeigt. Seit einigen Jahren ziehen zudem wieder mehr Menschen aus anderen Kantonen nach Zug als umgekehrt.
Kantonsfinanzen: Wachsende Spannungen
Seit 2013 schreibt der Kanton Zug rote Zahlen. Jährlich wendet der Kanton rund CHF 100 Mio. mehr auf, als er einnimmt. Das aktuell stattliche Eigenkapital von rund CHF 900 Mio. schmilzt, falls keine Massnahmen ergriffen werden, bis 2020 auf CHF 200 Mio. Stagnierende Steuereinnahmen, steigende Zahlungen in den nationalen Finanzausgleich und hohe Investitionen belasten das Budget. Ein Spar-programm scheiterte am Referendum. Auch Zug wird den Zielkonflikt zwischen tiefer Steuerlast und hohem Leistungsniveau neu aushandeln müssen. Trotz der düsteren Wolken ist die Situation des Zuger Finanzhaushalts noch nicht dramatisch. Der Kanton ist kaum verschuldet. Wenn man das Finanzvermögen berücksichtigt, verfügt er sogar über ein ansehnliches Nettovermögen. Er hat also Reserven aufgebaut, von denen er in den kommenden, wohl magereren Jahren zehren kann. Dank der hohen Standort-attraktivität ist der Kanton zudem gut positioniert im internationalen und interkantonalen Wettbewerb um Steuersubstrat von Unternehmen wie Privatpersonen. «Diesen guten Rahmenbedingungen des Standorts Zug gilt es Sorge zu tragen», erklärt Roger Suter, Leiter Region Zentralschweiz bei der Credit Suisse. «Ziel der Politik muss es sein, den Kanton Zug für Unternehmen langfristig attraktiv zu halten und Innovationen weiter zu fördern.» (CS/mc/pg)