Crowdhouse: Drohender Immobiliencrash? Differenzierte Betrachtungsweise lohnt sich
Zürich – In der Schweiz stehen 70’000 Mietwohnungen leer und die Preise, die für Wohneigentum bezahlt werden, sind hoch. Die Voraussetzungen auf dem Schweizer Immobilienmarkt sind für Investoren in den letzten Jahren zweifelsohne anspruchsvoller geworden. Die Nationalbank und die Finma warnen vor Überhitzungen im Bereich der Renditeliegenschaften. Doch nur daraus einen bevorstehenden Crash abzuleiten, wäre zu einfach.
«Tausenden Hausbesitzer droht der Konkurs – So schlimm wird der Immo-Crash». Gemäss einem kürzlich erschienen Artikel im Blick scheint das Platzen der nächsten Immobilienblase so sicher wie das Amen in der Kirche: «Der nächste Crash kommt bestimmt, und wird Tausende in den Konkurs treiben» heisst es im Artikel weiter. Hauptargument: Statistisch betrachtet, müsse alle 20 Jahre mit einem Einbruch der Immobiliienpreise gerechnet werden.
Boulevardmediale Panikmache oder begründete Angst? Ardian Gjeloshi, Gründer und Verwaltungsrat des digitalen Schweizer Immobilien-Ökosystems Crowdhouse winkt ab: «Vergangene Tendenzen sind kein zuverlässiger Indikator für die zukünftige Entwicklung. Wichtig ist eine differenzierte Betrachtung der Situation unter Berücksichtigung der aktuellen Voraussetzungen.»
Parallelen zur Immobilienkrise der 90er-Jahre?
In der letzten Immobilienkrise der 90er-Jahre fielen die Immobilienpreise laut Blick im Schnitt um 40 Prozent. Ein derart drastischer Preisabsturz würde unbestritten auch heute viele Eigentümer in Schwierigkeiten bringen. Doch die Ausgangslage ist nicht vergleichbar. Insbesondere zwei Unterschiede sind festzustellen. Nach dem Börsencrash von 1987 fuhr die Nationalbank eine lockere Geldpolitik, bis sie im Jahr 1989 den Schalter abrupt umlegte. Der Diskontsatz wurde fast verdoppelt und die Zinsen für neue Hypotheken stiegen in knapp zwei Jahren auf 8 Prozent. Heute leben wir in einem langfristigen Negativzinsumfeld. Die überwiegende Mehrheit der Experten ist sich einig, dass ein Zinsanstieg – wenn überhaupt – nur sehr vorsichtig und langsam möglich ist. Nationalbank-Chef Thomas Jordan hat jüngst sogar bekannt gegeben, dass er noch tiefere Negativzinsen nicht für ausgeschlossen hält.
Gleichzeitig sind die Regulierungen heute um ein Vielfaches strenger als damals. Das Korsett der Hypokredit-Vergabe war vor dem letzten Crash in den 90er-Jahren viel lockerer. Selbstbewohnte Liegenschaften wurden auch zu über 90 Prozent belehnt. Vielen Marktteilnehmern ging es zudem nicht um die Rendite, sondern um spekulative Weiterverkäufe der Liegenschaften. Heute greifen weitaus strengere Tragbarkeitsregeln. Hypothekarnehmer müssen ihre Hypothek auch in einem 5%-Umfeld tragen können. Eine Gewinnsteuer bei frühen Liegenschaftenverkäufen hat gleichzeitig Spekulanten den gesamten Wind aus den Segeln genommen.
Fremdkapitalquoten und Regulierungen im Fokus
Sinkende Immobilienpreise bergen insbesondere bei aggressiv finanzierten Liegenschaften Risiken. Je höher die Belehnungsquote, desto höher die Gefahr, dass das Eigenkapital im Falle einer Preisreduktion ausradiert wird und Geld nachgeschossen werden muss. Nicht zuletzt deswegen hat die Finma jüngst den Druck auf die Banken erhöht. Sie fordert selbstregulierende Massnahmen und noch strengere Vorschriften bei der Vergabe von Krediten. Ein besonderer Dorn im Auge ist der Finma dabei die Entwicklung auf dem Markt der Wohnrenditeliegenschaften. Für Ardian Gjeloshi ist zu bezweifeln, ob die geforderten Massnahmen in diesem Segment auch wirklich in der gewünschten Form greifen würden: «Der Markt für Wohnrenditeliegenschaften ist dominiert von institutionellen Anlegern, die aus Mangel an Alternativen vermehrt auf Betongold setzen. Diese Marktteilnehmer sind gesetzlich ohnehin verpflichtet, bei der Fremdbelehnung konservative Strategien mit tiefen Belehnungsquoten zu fahren.»
Hinsichtlich dem Miteigentums-Modell von Crowdhouse fügt er an: «Wir verfolgen seit Beginn einen auf Sicherheit bedachten Kurs und finanzieren mit moderaten Belehnungsquoten, die in der Regel unter 60% liegen. Die Solidarhaftung ist beim Crowdhouse-Modell zudem ausgeschlossen.»
Renditen von direkt gehaltenen Immobilien sind konkurrenzlos
Dass viele Investoren trotz sich mehrenden kritischen Stimmen an Schweizer Immobilien festhalten, ist nicht verwunderlich. Im Jahr 2018 haben direkte Anlagen in Immobilien mit einer Performance von 6.1% alle anderen Anlageklassen überflügelt – und bleiben damit in einem langfristigen Negativszenario konkurrenzlos. Noch nie haben Immobilien im Verhältnis zum risikolosen Zinssatz derart gut performt. Der Aussicht auf einen drohenden Crash sieht Gjeloshi dementsprechend differenzierter entgegen: «Der Markt hat begonnen, sich selber zu regulieren. Der Mietermarkt fängt an, sich zu bewegen und zwingt Immobilienentwickler, hohen Wert auf die effektive Vermietbarkeit zu legen. Weniger Baugesuche und weniger Bewilligungen deuten eindeutig auf einen Rückgang der Wohneigentumsproduktion. Das sorgt langfristig für Stabilität.»
Richtig kritisch könnte es für den Immobilienmarkt nur dann werden, wenn die Zinsen ruckartig anziehen. Ein entsprechendes Szenario scheint unter den heutigen Voraussetzungen allerdings mehr als nur unwahrscheinlich. Die SNB ist Gläubiger von Staatsanleihen von Ländern mit niedriger Bonität. Eine unüberlegte Kehrtwende in Sachen Zinsen würde zu Erhöhungen der Ausfälle und globalen Turbulenzen mit uneinschätzbaren Kollateralschäden führen. (Crowdhouse/mc)