Zürich – Ende Juli wird das grösste Hotel der Stadt Zürich eröffnet, weitere Projekte stehen bereits in den Startlöchern. Die volle Pipeline neuer Hotels sowie die steigende Konkurrenz von alternativen Übernachtungsanbietern wie Airbnb werden in den nächsten Jahren dafür sorgen, dass sich der Verdrängungswettbewerb in der Zürcher Hotellerie weiter verschärfen wird. Dies zeigt eine Analyse von Credit Suisse Real Estate Economics.
Nicht alle Hotels werden jedoch gleichermassen betroffen sein. Strategisch gut gelegene Betriebe, die die gegenwärtigen Erwartungen der Gäste konsequent berücksichtigen und kompetitive Preise anbieten, weisen weiterhin ein gutes Erfolgspotential auf. Im Gegensatz dazu geraten Objekte an dezentralen Lagen und mit veralteten Konzepten unter Druck. In diesem schwierigen Umfeld werden die genaue Abstimmung von Kundenbedürfnissen und angebotenen Leistungen sowie eine sorgfältige Standortauswahl zu kritischen Erfolgsfaktoren für Hotelprojekte.
Einbussen im Schweizer Tourismus ökonomisch ungleich verteilt
Entgegen dem globalen Trend ist der Tourismus in der Schweiz keine Wachstumsbranche. Bereits seit 2010 ist auf dem Schweizer Hotelmarkt eine flache Entwicklung der Anzahl Logiernächte zu beobachten. Das Ausbleiben europäischer Gäste, ausgelöst durch die Eurokrise und verschärft durch die Frankenstärke, trägt viel zu dieser schwachen Dynamik bei. Gemäss der Analyse von Credit Suisse-Immobilienökonomen sind die Einbussen aber geographisch ungleichmässig verteilt. Die klassischen touristischen Gemeinden trugen 2016 mit einem Rückgang der Logiernächte um –1.5% den grössten Verlust. Im Gegensatz dazu konnten Zentren und suburbane Gemeinden weiterhin ein verhaltenes Wachstum verzeichnen (+1.4%), wo die Nachfrage nicht zuletzt vom Geschäftstourismus getrieben wird.
Die Betriebe der Agglomeration Zürich wiesen dabei eine Zunahme der Logiernächte um 0.9% auf. Brice Hoffer, Immobilienökonom der Credit Suisse, kommentiert: «Trotz der Zunahme der Logiernächte ist die Zürcher Hotellerie kein Anbietermarkt, da die zusätzlichen Übernachtungen durch neu errichtete Hotels absorbiert werden. Die Zimmerauslastung ist in der Agglomeration Zürich seit 2011 weitgehend stabil geblieben.»
Sharing-Economy als etablierte Konkurrenz
Seit einigen Jahren werden vermehrt Alternativen zu traditionellen Hotelbetrieben über Online-Plattformen wie Airbnb angeboten, wo Privatpersonen Zimmer oder ganze Wohnungen für eine begrenzte Zeit ausschreiben können. Dieses neue Segment ist innovativ im Sinne seines Vertriebskonzepts (Peer-to-Peer) und seiner Flexibilität. In der Sharing-Economy können Volumen und Preisniveau des Angebots rascher als in den gewöhnlichen Märkten auf Nachfrageschwankungen reagieren. In touristischen Gemeinden und urbanen Zentren wird dieser innovative Kanal bereits heute als etablierter Spieler auf dem Hotelmarkt wahrgenommen. Im Raum Zürich konzentriert sich bisher der Hauptteil des Airbnb-Angebots auf die Innenstadt. In gewissen Quartieren kann die Summe der auf Airbnb ausgeschriebenen Unterkünfte bis 75% des gewöhnlichen Hotelangebots erreichen (Kreis 3). In den suburbanen Gemeinden bleibt die Präsenz von Airbnb zurzeit noch eher begrenzt. Allerdings dürften die Digitalisierung sowie die Veränderung des Konsumverhaltens in naher Zukunft dazu beitragen, dass das wachsende Angebot aus der Sharing-Economy die traditionellen Hotelbetriebe noch stärker herausfordern wird.
Volle Projektpipeline im Hotelmarkt Zürich
Zusätzlich zum neuen Angebot aus alternativen Kanälen wie Airbnb ist zurzeit auch seitens der traditionellen Hotellerie im Raum Zürich viel Bewegung auszumachen. Am Ende dieses Monats wird das Motel One eröffnet, das mit 400 Zimmern zum grössten Hotel der Stadt Zürich wird. Insgesamt beträgt der totale erwartete Zugang in der Agglomeration Zürich über die drei kommenden Jahre fast 2‘500 Zimmer, was mehr als 17% des Zimmerbestands 2016 entspricht. 2017 sollen insgesamt rund 680 neue Zimmer auf den Markt kommen, überwiegend im Zentrum Zürichs. Im Vergleich dazu betrug der durchschnittliche Nettozugang in der Agglomeration Zürich zwischen 2007 und 2016 nur ca. 280 Zimmer jährlich. Die Zunahme des Angebots dürfte sich im nächsten Jahr sogar noch beschleunigen. 2018 könnten bis zu sieben neue Betriebe mit insgesamt rund 1‘000 Zimmern eröffnet werden, die Mehrheit davon in der Nähe des Flughafen Zürich (Kloten, Rümlang und Wallisellen). Für 2019 ist die Projektpipeline mit ca. 800 neuen Zimmern ebenfalls voll.
Gebiete um Hauptverkehrsknoten schneiden bei der Auslastung am besten ab
Der Hotelmarktanalyse zufolge schneiden die verschiedenen Teilmärkte des Zürcher Hotelmarkts im Bereich Auslastung sehr unterschiedlich ab. Die Nähe zu Hauptverkehrsknoten stellt dabei einen wichtigen Einflussfaktor dar. Der Kreis 6, in dem sich mehrere Betriebe in der Nähe des Hauptbahnhofs befinden, weist gemäss 2016er-Daten mit ca. 86% die beste Auslastungsquote der Innenstadt auf. Der zentrale Kreis 1 und das Quartier Hardbrücke (Kreis 5) erreichen ebenfalls hohe Auslastungswerte von 70% beziehungsweise 76%. Im dezentraleren Kreis 7 hingegen liegt die Auslastungsquote bei deutlich tieferen 56%. Im Agglomerationsgürtel weisen die Gebiete in Flughafennähe die beste Belegung auf. Der Auslastungsgrad in Kloten ist mit knapp 87% einer der höchsten schweizweit. Brice Hoffer resümiert: «Die genaue Abstimmung von Kundenbedürfnissen und angebotenen Leistungen sowie eine sorgfältige Standortwahl sind in einem solch herausfordernden Umfeld die entscheidenden Erfolgsfaktoren für Hotelprojekte.» (CS/mc/pg)