CS-Studie «Schweizer Immobilienmarkt 2021»: Home Sweet Home – Wohnungen hoch im Kurs
Zürich – Dank dem grossen Gewicht anhaltend tiefer Zinsen kam der Schweizer Immobilienmarkt bisher relativ unbeschadet durch die Corona-Krise. Für Anleger, Wohneigentümer wie auch für Mieter stehen Wohnungen derzeit hoch im Kurs, was den Eigenheimmarkt beflügelt und den Mietwohnungsmarkt mehr oder weniger stabil hält. Umgekehrt proportional zur Nachfragedynamik werden dagegen weiterhin vor allem Mietwohnungen gebaut. Gemäss den Ökonomen der Credit Suisse wird im Wohnsegment daher vorerst alles beim Alten bleiben: Die Preise für Wohneigentum werden weiterhin stark steigen, während die Angebotsmieten aufgrund von weiter zunehmenden Leerständen im Mietwohnungsmarkt ihren Sinkflug fortsetzen werden. Bei den Geschäftsflächen ist die Situation sehr uneinheitlich: Für Büros ist die individuelle Lage entscheidend, wohingegen Verkaufsflächen fast überall zu den Verlierern zählen. Die neuen Stars auf dem Markt für Geschäftsimmobilien sind dagegen die Logistikflächen.
COVID-19 hat zwar allgemein viel Unsicherheit ausgelöst, in einem Punkt aber Gewissheit gebracht: Leitzinserhöhungen sind in noch weitere Ferne gerückt. Diese Perspektive garantierte in den vergangenen Monaten zusammen mit den raschen und zielgerichteten staatlichen Unterstützungsmassnahmen die hohe Wertbeständigkeit von Immobilien in der aktuellen Krise. Insbesondere Wohnobjekte erweisen sich dabei als krisenresistente Anlage und zementieren den Mythos vom Betongold zusätzlich.
Die Wohnung wird zum Dreh- und Angelpunkt für Eigentümer, Mieter wie auch für Anleger
Seit der COVID-19-Pandemie ist die Wohnung zum absoluten Mittelpunkt unseres Lebens geworden, was auffällige Verschiebungen der Nachfragepräferenzen zur Folge hat. Schöner, grösser, besser muss die Wohnung sein. Gerne mit Aussenraum und am liebsten im Eigentum. Wohneigentum erfährt gegenwärtig ein kaum für möglich gehaltenes Interesse von Kaufwilligen. Im gestärkten Vertrauen auf tiefbleibende Zinsen und in wachsender Sorge vor einer Überwälzung von Negativzinsen forcieren viele Haushalte das Ziel des Eigentumserwerbs. Auf Such-Abos basierende Nachfrageindizes signalisieren sowohl für Eigentumswohnungen als auch Einfamilienhäuser Rekordwerte. Die Ökonomen der Credit Suisse zählen derzeit schweizweit 2,1 Such-Abo pro inseriertem Eigentumsobjekt.
Entrückter Traum vom Wohneigentum
Der Sehnsucht nach einem eigenen Zuhause steht allerdings ein unverändert knappes Angebot gegenüber. Die Produktion von Wohneigentum nimmt seit Jahren ab und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Die Knappheitssignale sind dann auch nicht mehr zu übersehen. Innerhalb eines Jahres sind die Preise auf bereits sehr hohem Niveau nochmals um mehr als 5 % gestiegen. In der Folge können immer weniger Haushalte die regulierungsbedingt hohen Finanzierungsanforderungen erfüllen. Zwei von drei schweizweit inserierten Objekten mit vier und mehr Zimmern sind für einen Haushalt mit mittlerem Einkommen kalkulatorisch nicht mehr tragbar. Neubauten und Objekte an zentralen und damit teuren Lagen rücken für solche Haushalte in noch weitere Ferne. Die Haushalte suchen entsprechend vermehrt in der Peripherie der Grosszentren oder in ländlichen Gemeinden nach Wohneigentum – zumal ihnen der Trend zum Homeoffice bei gleichbleibender wöchentlicher Pendelzeit einen grösseren Suchradius erlaubt. An dessen Rändern gelangen damit auch eher günstige und damit erschwinglichere Eigenheimobjekte in die Auswahl.
Erstaunlich robuste Mietwohnungsnachfrage dank Safe-Haven-Effekt
Vom höheren Stellenwert der Wohnung profitiert letztlich auch der Mietwohnungsmarkt, wie auch von den hochschnellenden Eigenheimpreisen. Insbesondere im urbanen Raum können die wenigsten Haushalte überhaupt noch zwischen Eigenheim und Miete wählen, was letztlich automatisch die Mietwohnungsnachfrage stützt. Für die erstaunlich robuste Mietwohnungsnachfrage war aber in erster Linie ausschlaggebend, dass der befürchtete Einbruch der Zuwanderung aufgrund der Corona-Krise ausblieb. Vergleichsweise schwierigere Arbeitsmarktbedingungen in den Heimatländern bewogen viele potenzielle Wegzüger dazu, im sichereren Hafen Schweiz zu bleiben, so dass der Saldo von Zu- und Wegzügern 2020 sogar deutlich grösser ausfiel als im Vorjahr. Die Ökonomen der Credit Suisse erwarten auch im laufenden Jahr eine robuste Nettozuwanderung, wodurch trotz Corona-Krise auf dem Mietwohnungsmarkt mit einer nur moderaten Nachfrageabschwächung zu rechnen ist.
Büroflächenbedarf wird neu kalibriert
So glimpflich wie die Wohnsegmente können sich die Geschäftsflächen der Corona-Krise nicht entziehen. Die Nachfrage nach Büroflächen bleibt sehr tief, da Unternehmen mit Anmietungen zuwarten und erst einmal prüfen, inwiefern sie mittels Homeoffice langfristig Büroflächen einsparen können. Aktuell wird der Stellenwert zentraler Büroarbeitsplätze unterschätzt. Vor der zweiten Infektionswelle war eine schwache, aber doch stetige Rückkehr der Arbeitskräfte ins Büro zu verzeichnen. Dies könnte ein Zeichen dafür gewesen sein, dass Büros schon bald ein stärkeres Comeback erleben könnten, als viele heute glauben. Ungeachtet davon rechnen die Ökonomen der Credit Suisse für die nächsten Jahre mit einem wieder zunehmenden Überangebot. In der Folge dürften die Leerstände steigen und die Mieten sinken. Einzig hervorragend erschlossene Standorte sowie Innenstadtlagen dürften sich diesem Trend entziehen können. Das bereits heute grösser gewordene Gefälle zwischen den Zentren und den Rändern der Büromärkte in Bezug auf Flächenangebote, Leerstände und Mietpreise dürfte sich somit in den nächsten Jahren weiter akzentuieren.
Gute Retailumsätze übertünchen die Schwierigkeiten des stationären Fachhandels
COVID-19 vertieft auch im Detailhandel die Gräben und schafft klare Gewinner und Verlierer. Eingeschränkte Freizeitaktivitäten und ein gebremster Einkaufstourismus sorgten für temporäre Konsumverlagerungen und bescherten der Branche das grösste Umsatzplus seit Jahrzehnten. Zu den Gewinnern gehören nebst dem Lebensmittelhandel, der von geschlossenen Restaurants und Kantinen profitiert, vor allem die Onlineanbieter. Dagegen leiden insbesondere kleinere Fachdetailhändler unter den ausbleibenden Frequenzen. Nach Überwindung der Pandemie dürfte vom Umsatzplus des Detailhandels nicht viel übrigbleiben. Die hohe Arbeitslosigkeit und erlittene Einkommenseinbussen könnten zu Zurückhaltung bei den Konsumenten führen. Zudem dürfte ein Grossteil der in den Onlinekanal abgewanderten Umsätze für den stationären Handel für immer verloren sein. Und schliesslich gehen Modellrechnungen von dauerhaften Reduktionen der Fussgängerfrequenzen von im Mittel 15 % bis 20 % aufgrund der zukünftig stärkeren Verbreitung von Homeoffice aus. Davon werden vor allem Geschäfte betroffen sein, die von Spontankäufen leben. Für den Verkaufsflächenmarkt heisst das, der Prozess der Gesundschrumpfung wird die nächsten Quartale eher noch stärker spürbar werden.
Logistik: Immobiliensegment der Stunde
Im selben Ausmass, wie Retailflächen an Bedeutung einbüssen, werden Logistikflächen wichtiger. Logistikdienstleistungen sind in einer Welt, in der alles sofort online bestellt werden kann, für Hersteller und Detailhändler zu einem Schlüsselfaktor geworden. COVID-19 hat diese Entwicklung beschleunigt. Entsprechend gross ist der Logistikflächenbedarf. Es fehlt an modernen Lagerflächen sowie Distributions- und Umschlagszentren, weil viele Bestandsobjekte in der Schweiz überaltert sind. Neuentwicklungen stossen vielerorts auf Widerstand und kommen nur langsam voran. Dafür geeignete Grundstücke sind rar, was die Preise steigen lässt. Nur die Mietpreise zeigen in der Schweiz – anders als im Ausland – erst ansatzweise nach oben. Die Knappheit des Angebots und die guten längerfristigen Nachfrageaussichten machen Logistikimmobilien zu einer interessanten Diversifikationsmöglichkeit für Anleger, die von den geringen Korrelationen mit anderen Immobiliensegmenten und den hohen Renditeprämien profitieren wollen.
Die vollständige Studie «Schweizer Immobilienmarkt 2021 – Home Sweet Home» ist in Deutsch hier verfügbar. (Credit Suisse/mc/ps)