Das grosse Feilschen nach Trumps Zöllen
Brüssel – Nach dem Verhängen von Schutzzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte in die USA hat das grosse Feilschen um Ausnahmeregelungen begonnen. Die EU und viele Länder der Welt versuchen, die Wirkung der Massnahmen von US-Präsident Donald Trump abzuschwächen. Die Europäische Union will in dem Handelsstreit mit einer Beschwerde vor die Welthandelsorganisation WTO ziehen.
Dazu habe die EU nun 90 Tage Zeit, erläuterte Handelskommissarin Cecilia Malmström am Freitag in Brüssel. In diesem Zeitraum könnte auch über Vergeltungszölle, etwa auf Whiskey, Erdnussbutter und Maisprodukte entschieden werden. «Wir hoffen, das wird nicht nötig», sagte Malmström. Sie will sich an diesem Samstag mit dem US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer treffen.
25 Prozent Zoll auf Stahleinfuhren,10 Prozent auf Aluminium
Trump hatte am Donnerstag seiner Ankündigung Taten folgen lassen und zwei Proklamationen unterzeichnet. Damit sollen Stahleinfuhren mit 25 Prozent Zoll, die von Aluminium mit 10 Prozent belegt werden. Die Regelung tritt binnen 15 Tagen in Kraft. Ausgenommen sind zunächst nur die Nachbarn und Freihandelspartner Mexiko und Kanada. Beide stehen zusammen für ein Viertel der US-Stahlimporte. «Amerika wurde von vielen Ländern ausgenutzt», sagte Trump zur Begründung.
Im Namen der «nationalen Sicherheit»
Stahl und Aluminium seien wichtig für die nationale Sicherheit der USA. Das Handelsministerium hatte unter diesem Gesichtspunkt nach monatelanger Prüfung eine Vorlage geliefert. Indem Trump die Nationale Sicherheit bemüht, konnte er am Kongress vorbei alleine die Entscheidung treffen. Die Abgeordneten seiner eigenen Partei, traditionell dem Freihandel verschrieben, hatten noch bis zuletzt versucht, ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Trump nutzt die Zölle auch als innenpolitische Waffe. In der Stahl-Hochburg Pennsylvania steht demnächst eine wichtige Nachwahl an.
Kritik weltweit
Der Entscheidung in Washington folgten scharfe Kritik aus aller Welt, aber auch Aufrufe zur Besonnenheit. Die Zölle seien nicht gut, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel in München. «Aber den Vorzug müssen jetzt erst einmal noch Gespräche haben. Am besten wäre es, wir könnten ausgenommen werden.» Sie vertraue auf die Kommunikation der EU. Deutschland steckt als grösster Stahl-Exporteur der EU in die USA besonders in der Zwickmühle.
Trump droht mit Strafzöllen auf Autos
Sollte die EU mit Gegenmassnahmen reagieren, hatte Trump harsche Strafzölle auf Autos angedroht. Davon wäre wiederum Deutschland betroffen. Die deutsche Autoindustrie rief auch deshalb dazu auf, einen Handelskrieg mit den USA zu vermeiden. «In einem solchen Handelskrieg gibt es keine Gewinner, auf keiner Seite», sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, in Berlin. «Mit Emotionen kommen wir nicht weiter, wir brauchen eine sachliche Debatte.»
Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries wurde deutlicher als Merkel. «Das ist Protektionismus, der enge Partner wie die EU und Deutschland vor den Kopf stösst und den Freihandel begrenzt», sagte die SPD-Politikerin. Der europäische Stahlverband (Eurofer) nannte die Entscheidung des US-Präsidenten eine «Absurdität».
Die deutsche Stahlbranche befürchtet nun, dass bis zu 13 Millionen Tonnen Stahl aus anderen Ländern wie China vorrangig auf den nicht durch generelle Importzölle abgeschotteten EU-Markt gelangt. Eurofer warnte, es bestehe die Gefahr des Verlusts Zehntausender Jobs im europäischen Stahlsektor und angrenzenden Branchen.
90 Prozent des Aluminiums werden in die USA importiert
Das Weisse Haus begründet die Zölle unter anderem mit dem Verlust von Zehntausenden Jobs in der Stahl- und Aluminiumindustrie in den vergangenen 20 Jahren. US-weit existierten nur noch fünf Aluminium-Schmelzereien, nur zwei davon seien voll ausgelastet. 90 Prozent des Aluminiums würden importiert.
China will «wirksame Massnahmen» ergreifen
Das chinesische Handelsministerium sprach in einer Mitteilung von einem «schweren Angriff» auf die internationale Handelsordnung. China werde «wirksame Massnahmen» ergreifen und seine legitimen Rechte und Interessen verteidigen. Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warnte, ein Handelskrieg zwischen den USA und dem Rest der Welt werde nur für Verlierer sorgen.
Kritik auch in den USA
Trumps Schritt stiess auch in den USA selbst und sogar in der eigenen Partei auf Kritik. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses und führende Republikaner, Paul Ryan, sagte: «Ich bin mit diesem Handeln nicht einverstanden und fürchte ungewollte Folgen.» Die Ausnahmeregelungen seien nicht hinreichend. Seine Partei werde weiter versuchen, Zugeständnisse zu erreichen. (awp/mc/pg)