Preise von 1.200 USD je Bitcoin oder mehr sind völlige Fantasiepreise, die sich nicht mehr lange aufrecht erhalten werden lassen.
Von Artur P. Schmidt
Was ist Geld?
Betrachtet man Bitcoins, so sollte man sich zunächst einmal mit dem Geld als solchen beschäftigen. Was ist Geld? Nun, in einer Zeit, wo Banken Zinssätze und Devisenmärkte manipulieren, stellt sich diese Frage dringender denn je. Wir leben in einer Zeit des organisierten Verbrechens – begangen von Banken an Kunden mit dem Ziel einer Umverteilung von Vermögen im grossen Stil, so dass immer weniger Akteure immer mehr von diesem besitzen. Die Funktion des Geldes ist die des Kaufens und Bezahlens von Waren oder Dienstleistungen. Mit dem Geld verwandt ist der Kredit, da die Bezahlung nicht jeweils beim Kauf bzw. Verkauf einer Ware erfolgt, sondern es hier unterschiedliche Fristigkeiten gibt. Um den Kredit zu decken, braucht man ein Pfand, welches nicht zur Begleichung der Forderung dient, sondern zur Absicherung im Falle einer Nichtbezahlung einer Schuld. Dieser Pfand ist, wie es Argentarius in seinem Buch „Vom Gelde“ beschreibt, nichts anderes als Geld: „Geld verkörpert den aus einer Leistung entstandenen Anspruch auf gleichwertige Gegenleistung“.
Wenn diesem so ist, so stellt sich hier die erste Frage beim fulminanten Kursanstieg der Bitcoins der letzten Jahre: Warum kann sich der Wert von Bitcoins verhundertfachen, wenn der Wert der jeweiligen Gegenleistungen pro durchschnittlicher Transaktion sich nicht verhundertfacht hat?
Doch was ist ein Bitcoin? Bitcoin ist virtuelles Geld, welches im Jahr 2009 entstanden ist. Das Konzept von Bitcoin geht zurück auf das Jahr 2008 und einem Whitepaper von Satoshi Nakamoto (Pseudonym oder Personengruppe), welches auf einer Mailingliste über Kryptographie vorgeschlagen wurde. Der Begriff Bitcoin ist ein Kunstwort, das sich aus den englischen Wörtern Bit und Coin zusammensetzt. Die Geldschöpfung von Bitcoins erfolgt dezentral in einem Computernetz und wird dort verwaltet. Hierbei können Bitcoins elektronisch beliebig zwischen den Teilnehmern überwiesen werden, wobei der Besitz durch einen kryptographischer Schlüssel nachgewiesen wird. Transaktionen werden mit einer digitalen Signatur versehen und in einer öffentlichen, vom gesamten Netzwerk betriebenen Datenbank registriert. Der Handel von Bitcoins erfolgt an Online-Börsen gegen andere Währungen wie z.B. MtGox.
Schneeballsystem mit Risiken?
Die jüngsten Kursturbulenzen haben aufgezeigt, dass Bitcoin-Käufer nur dann Gewinne erzielen können, wenn sich neue Bitcoin-Käufer finden, die bereit sind, zu immer weiter steigenden Preisen Bitcoins abzunehmen. Damit trägt das Bitcoin-System das Gen eines typischen Schnellballsystems bzw. Ponzi-Schemas in sich. Kursverluste von derartigen Systemen von über 95 Prozent sind hierbei keine Seltenheit in der Wirtschaftsgeschichte. Im Extremfall, falls die Politik die Bitcoins verbieten würde, müsste sogar mit einem Totalverlust gerechnet werden. Ähnlich wie bei der Nasdaq-Blase werden die Kurssteigerungen von Befürwortern der Bitcoins mit Netzwerkeffekten begründet, doch auch dieses Argument konnte das Bersten des Nasdaq-Bubbles bei der New Economy im Jahr 2000 nicht aufhalten. Fest steht, dass der Kauf von Bitcoins ein hoch riskantes Investment darstellt. Als zusätzliche Risiken neben der Spekulationsblase sind Verluste durch Viren, Malware, Datenverlust oder Online-Diebstahl bei den Börsen zu nennen. Auch ist zu bezweifeln, ob man zukünftig Bitcoins zur Bezahlung benötigt, oder ob durch die Near Field Communication-Technologie (NFC) alternative Zahlungsformen entstehen, die zukünftig Bitcoins nur als Nischenmarkt existieren lassen.
Bitcoinmania
Wenn jemand im Jahr 2011 Bitcoins für 10.000 USD zu einem Preis von 10 USD gekauft hat, so konnte er Anfang Dezember 2013 dafür für eine Million USD zurückkaufen, d.h. der Bitcoin Verkäufer kann jetzt um den Faktor 100 mehr Gegenleistungen in USD beziehen. Nun, wir kennen solche Preissteigerungen von der Tulpenmania, als man für eine Tulpe ein Haus kaufen konnte, wenn man nur rechtzeitig absprang, bevor die Blase zu platzen begann. Ausserdem gilt es hier noch eine Besonderheit der Bitcoins zu beachten, nämlich dass die maximale Zahl der existierenden Bitcoins auf 21 Millionen gedeckelt wurde. Der Bestand kann somit vom Stand von 12 Millionen November 2013 jetzt nur noch maximal im Rahmen einer Sättigungsfunktion auf 21 Millionen steigen. Was den Preisanstieg der Bitcoins massgeblich verursacht hat, ist somit nicht die Tatsache, dass mehr Bitcoins im Umlauf sind und sich die durchschnittliche Umlaufgeschwindigkeit der Bitcoins in zwei Jahren verdoppelt hat, sondern dass der Preis pro Bitcoin in den unterschiedlichen Währungen explodiert ist. Hierbei ist zu beachten, dass der Preis der Bitcoins nicht mit dem wahren Wert der Bitcoins zu verwechseln ist. Bei einem Preis von 1.000 USD (1) beträgt der Marktwert aller umlaufenden Bitcoins 12 Milliarden USD (2). Noch Mitte 2011 war der Marktwert etwa 20 Millionen USD, wobei hier wohl etwa 8 bis 10 Millionen Bitcoins (3) im Umlauf waren. Somit wäre die Neuschöpfung von 4 Millionen Bitcoins für eine Preissteigerung um fast 12 Milliarden USD verantwortlich. Wenn dies nicht eine Blase ist, was dann?
Umlaufgeschwindigkeit des Geldes
Ein weiteres Indiz, dass es sich um eine Blase handelt, ist die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (4). Diese stieg immer nur dann an, wenn die Preise stark nach oben getrieben wurden, fiel jedoch immer wieder auf den Ausgangswert vor dem Hype zurück, wenn es zu einer Konsolidierung kam. Eine nachhaltige Wertsteigerung kann aber nur erzielt werden, wenn die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes auf dem hohen Niveau einer Verfünf- bis Verzehnfachung verharrt wäre. Tatsächlich zeigt uns dieser Chart jedoch, dass unmöglich in den letzten zwei Jahren 12 Milliarden mehr Gegenleistungen durch die Nutzung von mehr Bitcoins und die Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit allein erzielt werden konnten. Solange sich die Zahl der Bitcoins erhöht, ist es einerseits auch ein Fiat Money System bis die Maximalzahl erreicht wurde, und so lange sich der Wert nicht auf einem fixen Wert einpendelt, ist es andererseits ein hochspekulatives Investment, wie die jüngsten Kursschwankungen mit Einbrüchen von in der Spitze 50 Prozent beweisen:
Abb.: Bitcoin-Crash; Quelle: www.ariva.de
Der wahre Wert eines Bitcoin
Wie wir wissen, ist mit jedem mehr ausgegebenen Bitcoin der Wert des ursprünglichen Bitcoins weniger wert, wenn sich nicht andere Parameter im Verhältnis so verändern, dass es zu einer Wertsteigerung kommt. Da sich also vom Dezember 2011 bis zum Dezember 2013 die Anzahl der Bitcoins um 50 Prozent erhöht, die durchschnittliche Umlaufgeschwindigkeit sich jedoch nur etwa verdoppelt hat, hätte der Wert eines Bitcoins sich also nur um etwa 33 Prozent erhöhen dürfen, d.h. selbst bei einem Maximalpreis von 20 USD für 2011 dürfte der heutige Preis nicht höher wie maximal etwa 27 USD liegen. Tatsächlich lag der Höchstpreis jedoch um fast den Faktor 50 höher. Gehen wir mal davon aus, dass sich andere Wertbestimmungsfaktoren für der Dollarwert wie das Zinsniveau, das Einlagenniveau, die Inflationsrate, das Geldmengenwachstum, das Schuldenniveau sowie das Parken des Geldes in Money Funds in der Summe nicht mehr als um 10 Prozent verändert haben, so muss man konstatieren, dass ein Anleger so schnell wie möglich aus dieser Anlageform aussteigen sollte, bis sich ein faires Preisniveau eingependelt hat.
Ausblick
Sollte die Anzahl der Bitcoins tatsächlich auf 21 Millionen Einheiten begrenzt bleiben und sich zukünftig eine höhere Umlaufgeschwindigkeiten um den Faktor 10 gegenüber heute einpendeln, so dürften Bitcom-Preise von etwa 100 USD bis vielleicht sogar 150 USD im Jahr 2020 gerechtfertigt sein, Preise von 1.200 USD oder mehr sind jedoch völlige Fantasiepreise, die sich nicht mehr lange aufrecht erhalten werden lassen – es sei denn, der Irrsinn erzeugt einen noch grösseren Bubble. Das einzige, was über Jahrtausende den Wert erhalten hat, war Gold. So kostete der Ferrari der Römer, – ein vierspänniger Streitwagen wie damals bei Ben Hur – 100 Goldmünzen, ebenso viel wie ein Bugatti in den 30er Jahren oder ein Porsche heute kostet. Im Porsche-Museum prangert eine Botschaft, die lautet: „Wir wissen nicht, in welcher Währung man in 50 Jahren bezahlen wird. Aber der 911 wird es wert sein.“ Was Bitcoins wert sein werden, wird die Zukunft zeigen, jedoch folgt auf jeden Hype die Ernüchterung. Wir dürfen gespannt sein, wie lange unsere Geldillusionen noch bestehen bleiben, aber Bitcoins als Ersatzwerterhalt für Gold zu erachten, darf so lange bezweifelt werden, wie die Preisentwicklung irrational bleibt. Bedenken wir stets, dass mehr Geld eine Volkswirtschaft nie reicher, sondern immer ärmer gemacht hat. Dies gilt auch für Bitcoins so lange die Maximalzahl von 21 Millionen nicht erreicht ist. Darüber können auch inflationäre Kurssteigerungen nicht hinwegtäuschen. Da die Menge der umlaufenden Bitcoins dem Bedarf entsprechen muss, stellt sich die Frage, ob 21 Millionen Bitcoins zukünftig dann ausreichen werden, oder ob der Weg des Bitcoin nicht früher oder später auch in einer typischen Fiat-Währung wie Euro, Yen oder USD enden wird.
(1) http://www.ariva.de/btc-usd-bitcoin-us-dollar-kurs/chart?boerse_id=152&t=all
(2) http://blockchain.info/charts/market-cap?timespan=all&showDataPoints=false&daysAverageString=1&show_header=true&scale=0&address=
(3) http://blockchain.info/charts/total-bitcoins?timespan=all&showDataPoints=false&daysAverageString=1&show_header=true&scale=0&address=
(4) http://blockchain.info/charts/bitcoin-days-destroyed?showDataPoints=false×pan=&show_header=true&daysAverageString=7&scale=0&address=
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Über Artur P. Schmidt
Der Wirtschaftskybernetiker Dr.-Ing. Artur P. Schmidt wurde in Stuttgart geboren. Er besuchte im Stadtteil Zuffenhausen das Ferdinand-Porsche-Gymnasium und machte dort das Abitur. Das Studium der Luft- und Raumfahrttechnik in Stuttgart und Berlin schloss er im Alter von 27 Jahren mit der Bestnote im Fachgebiet Raketentechnik ab, so dass ihm von Prof. H.H. Koelle die Promotion angetragen wurde. Im Alter von 30 Jahren erhielt Artur P. Schmidt den Doktortitel für ein kybernetisches Marktanalyse-Verfahren am Beispiel der Strategischen Planung von Airbus Industries. Nach einer Beratungstätigkeit bei Anderson Consulting sowie als Leiter der Strategischen Analyse der Ruhrgas AG war Dr. Schmidt Stipendiant der Stiftung zur Förderung der systemorientierten Managementlehre und letzter Schüler von Prof. Hans Ulrich, dem Begründer des St. Galler Management-Ansatzes. Während dieser Zeit begann Dr. Schmidt seine publizistische Laufbahn, aus denen Bestseller wie «Endo-Management» und «Der Wissensnavigator» sowie Wirtschaftsbücher wie «Wohlstand_fuer_alle.com» oder «Crashonomics» hervorgingen. Sein neuestes Buch, welches im EWK-Verlag erschienen ist, heisst «Unter Bankstern».
Heute ist Artur P. Schmidt Herausgeber des Online-News-Portals www.wissensnavigator.com sowie der Finanz-Portale www.bankingcockpit.com, www.wallstreetcockpit.com und thenavigator.mobi sowie Geschäftsführer der Tradercockpit GmbH. Dr. Schmidt ist ein gefragter Keynote-Speaker sowie Kolumnist für zahlreiche Finanzpublikationen.