Das Sustainable Finance Valley der Schweiz steht in den Startlöchern

Tillmann Lang, CEO und Mitgründer von Inyova Impact Investing. (Foto: zvg)

Wenn wir jetzt die richtigen Schritte unternehmen, könnte die Schweiz das Sustainable Finance Valley der Zukunft werden. Denn die Schweiz hat alles Notwendige: Know-how in Finanzen, Nachhaltigkeit und Technologie. Der erste wichtige Grundstein wurde Ende Juni von höchster Instanz gelegt.

Vor einigen Wochen hat der Schweizer Bundesrat Richtlinien zur Nachhaltigkeit im Finanzsektor verabschiedet. Ziel ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes zu verbessern und einen wirksamen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Finanzsektor zu leisten. Dazu wurden Regeln geschaffen, die die Rechtssicherheit verbessern und die Transparenz für Kunden, Eigentümer, Investoren, Öffentlichkeit und Aufsicht erhöhen. Greenwashing soll nicht länger eine Option sein. Nachhaltigkeitsrisiken sollen besser und konsequenter berücksichtigt werden, alle Finanzexperten müssen in Sachen Nachhaltigkeit gut ausgebildet sein, und digitale Modelle sollen eine Schlüsselrolle spielen.

Auf diese Weise optimiert der Bundesrat den regulatorischen Rahmen, um die Qualität und damit die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes zu erhöhen. Der Bericht stellt fest, dass «Nachhaltiges Finanzwesen» eine grosse Chance für den Schweizer Finanzplatz ist – da sind wir uns einig. Nicht zuletzt, weil uns verschiedene Trends in die Hände spielen.

Der Wunsch nach Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Immer mehr Kunden vertrauen Online-Anbietern und wickeln ihre Finanztransaktionen online ab. Neo-Banken wie Revolut, Transferwise und Neon werden von Tag zu Tag für immer mehr Menschen zur Bank der Wahl. Die Kunden zeigen viel mehr Initiative als früher und wollen sich an der Anlageentscheidung beteiligen. Sie vertrauen nicht mehr blind, sind besser informiert und wollen wissen, was mit ihrem Geld geschieht. Diese ständig wachsenden Bedürfnisse sind eine riesige Chance. Und die Schweiz verfügt über alle notwendigen Mittel, um darauf zu reagieren.

Die Finanzbranche braucht mehr Nachhaltigkeit, und die Schweiz hat bewiesen, dass sie ausgezeichnete Bedingungen für Unternehmen schafft, die unsere Zukunft besser machen. ClimeWorks, Impact Hub Switzerland, myclimate, South Pole, RepRisk, Carbon Delta und der Dow Jones Sustainability Index sind nur einige der Unternehmen mit Sitz oder Ursprung in Zürich, die zeigen, wie wir die (Finanz-)Welt zu einem besseren und nachhaltigeren Ort machen können.

Aber um einen Unterschied zu machen, müssen wir auch die Technologie auf den Tisch bringen. Ohne grosse Datenansätze können die Auswirkungen der Nachhaltigkeit nicht bewertet werden. Und auch hier sind wir optimal vorbereitet. Mit der ETH Zürich, Doodle, Disney Research, Google und Facebook bietet die Schweiz ein Technologie-Ökosystem, in dem eine grosse Menge an relevantem Wissen zu finden ist.

Aus dieser vielversprechenden Konstellation sind bereits spannende Start-ups hervorgegangen, die das Thema Sustainable Finance vorantreiben. In Zürich bietet Carbon Delta Einschätzungen zu den möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Unternehmensbewertungen an. Yova ermöglicht seinen Kunden, unabhängig von der Höhe des Investitionsbudgets in Projekte und Themen zu investieren, die genau auf ihr Wertesystem zugeschnitten sind.

Grosse Ziele erfordern grosse Massnahmen
Die Konstellation von Finanzexpertise, Nachhaltigkeit und Technologie, die in Zürich vorherrscht, ist einzigartig. Wenn jetzt die richtigen Schritte unternommen werden – wie dies vor Jahrzehnten im Silicon Valley der Fall war – kann das Sustainable Finance Valley der Zukunft geschaffen werden, das es der Schweiz ermöglicht, ihre führende Rolle in der Finanzwelt beizubehalten. Doch es ist noch viel zu tun.

Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, sind noch strengere Regulierungen notwendig. Regulierungen, die dem Wunsch unserer Kunden nach mehr Nachhaltigkeit Rechnung tragen. Die Zusammenarbeit von etablierten Finanzdienstleistern und interessanten Start-ups müssen zur Norm werden. Wenn wir aus dem Silicon Valley etwas lernen können, dann, dass florierende Start-up-Ökosysteme öffentliche Unterstützung brauchen – mit Innovationsmessen, Medienberichten, Auszeichnungen auf der einen Seite und praktischer Hilfe beim Zugang zu Marktchancen, Talenten und Kooperationen auf der anderen Seite. Denn wo ein attraktives Umfeld geschaffen wird, besteht ein starker Anreiz, den Spielplatz zu betreten und etwas Sinnvolles zu bewirken.

Wenn wir heute diese ganzen Möglichkeiten richtig nutzen, kann der Schweizer Finanzmarkt in Zukunft auf eine weitere Blütezeit blicken. Die Zeit ist reif.

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