Eine Stellungnahme des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv:
Bern – Die Gewerbekammer, das Parlament des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, hat eine Nein-Parole zu einem zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub beschlossen. Der Sozialstaat hat die Grenzen des finanziell Tragbaren längst erreicht. Wirtschaft und Erwerbstätige sind nicht länger bereit und gerade im Zuge der Corona-Krise vielfach nicht mehr in der Lage, immer höhere Beiträge und Lohnabzüge zu tragen.
Gemäss aktuellen Konjunkturprognosen des SECO ist im laufenden Jahr mit einem BIP-Rückgang von fast sieben Prozent zu rechnen. Die einschneidendste Rezession seit 1975 hat zur Folge, dass rund eine Million Beschäftigte in Kurzarbeit sind. Die Arbeitslosenquote ist im Mai bereits auf 3,4% gestiegen und wird weiter zunehmen. Eine rasche Rückkehr auf den bisherigen Wachstumspfad ist utopisch. Die öffentliche Hand wird angesichts der dramatischen Zunahme der Schulden nicht um einschneidende Sparmassnahmen herumkommen. Deshalb ist es in der Sozialpolitik unerlässlich, sich auf das nur absolut Notwendige zu beschränken. Auf jeden teuren Leistungsausbau muss klar verzichtet werden. Staatlich verordnete Vaterschaftsurlaube sind ein schlicht nicht mehr finanzierbarer Luxus! Angesichts dieser Beurteilung hat die Gewerbekammer, das Parlament des grössten Dachverbands der Schweizer Wirtschaft, die klare Nein-Parole zu dieser Vorlage gefasst.
Vaterschaftsurlaub ist Thema zwischen Sozialpartnern
Vaterschaftsurlaube sind ein klassisches Thema für eine gelebte Sozialpartnerschaft. Viele Einzel- und Gesamtarbeitsverträge beinhalten grosszügige Urlaubsregelungen. Der sgv lehnt es ab, immer mehr Elemente sozialpartnerschaftlicher Vereinbarungen ins Gesetz zu übertragen. Junge Väter und Familien haben heute vielfältige Möglichkeiten, sich um ihre Kinder zu kümmern. Die Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit ist der Schlüssel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Eine im Auftrag des BAG verfasste Studie hat ergeben, dass die indirekten Kosten zusätzlicher Urlaubstage die direkten, an die Erwerbsersatzordnung zu bezahlenden Beiträge um das Doppelte bis Vierfache übersteigen. Am 27. September stimmen wir daher über einen Sozialausbau in Milliardenhöhe ab. Die finanzielle Last würde für Staat und Wirtschaft noch erdrückender. Invaliden- und Arbeitslosenversicherung weisen Schulden in Milliardenhöhe aus. Die demographische Entwicklung macht der AHV und der beruflichen Vorsorge schwer zu schaffen. Unser Staat steht finanziell auf einem wackligen Fundament. Ein weiterer kostspieliger Ausbau wäre schlicht verantwortungslos. (sgv/mc/ps)