Deutscher Bundestag billigt Steuerabkommen mit Schweiz

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Bild: © Bundesministerium der Finanzen, Ilja C. Hendel)

Erste, tiefere Hürde genommen: Finanzminister Wolfgang Schäuble. (Bild: © Bundesministerium der Finanzen, Ilja C. Hendel)

Berlin – Der deutsche Bundestag hat das Steuerabkommen mit der Schweiz am Donnerstag angenommen. Mit den Stimmen der schwarz-gelben Koalition genehmigte er das Umsetzungsgesetz zum Abkommen. Ob dieses aber in Kraft treten kann, entscheidet am 23. November die Länderkammer. Mit Ja votierten im Parlament in Berlin in namentlicher Abstimmung 312 Parlamentarier, 256 mit Nein. Es gab eine Enthaltung.

Entscheidend ist allerdings das Votum der Länderkammer (Bundesrat) voraussichtlich am 23. November. Ohne Zustimmung der Länder scheitert das Steuerabkommen. Im Bundesrat ist die Koalition auf die Opposition angewiesen. Von SPD und Grünen geführte Länder lehnen vor allem die Regel für Alt-Schwarzgeld als ungerecht ab.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warb am Donnerstag im Bundestag erneut eindringlich um Zustimmung. Mit dem Abkommen werde Steuergerechtigkeit sowohl für die Zukunft als auch rückwirkend für Altvermögen erreicht. «Wenn wir einigermassen unsere Verantwortung für einen gerechten Vollzug der deutschen Steuergesetze wahrnehmen wollen, dann erfüllen wir mit diesem Abkommen unsere Pflicht.»

Bei einem Scheitern würden Steuerfälle verjähren. Auch sei man weiter auf Zufallsfunde angewiesen. Der weitere Ankauf von Steuer-CDs sei keine Alternative. Der Staat müsse dafür sorgen, dass seine Gesetze vollzogen werden, ohne dass er selbst mit mehr oder weniger Kriminellen zusammenarbeite.

Schäuble: Neue Verhandlungen ausgeschlossen
Es gebe nur eine Alternative zu dem Ausgehandelten – das sei die Verjährung weiterer Steueransprüche. «Wenn Sie Steuerhinterziehung bekämpfen wollen, müssen Sie dieses Abkommen in Kraft setzen», sagte Schäuble. «Es tritt zum 1. Januar (2013) in Kraft oder es ist gescheitert.» Neue Verhandlungen mit der Schweiz seien ausgeschlossen.

Unterstützung erhielt der Minister vom CDU-Abgeordneten Olav Gutting. Er schätzte, der Staat werde mit der Besteuerung der Altvermögen einmalig etwa zehn Milliarden Euro einnehmen. Aus den Abgaben auf künftige Kapitalerträge könne der Staat jährlich dreistellige Millionenbeträge erwarten. Staat und Bürger verlören Milliarden, «wenn Sie weiter blockieren», warf Gutting der Opposition vor.

Der FDP-Abgeordnete Volker Wissing lobte das «hervorragende Verhandlungsergebnis». Schäuble habe ein «gerechtes und gutes Abkommen» ausgehandelt. Trete es nicht in Kraft und verjährten weitere Ansprüche des Staates gegen Steuerhinterzieher, wäre das «die ungerechteste Variante», mahnte Wissing.

«Löchrig wie ein Schweizer Käse»
Die Opposition im Bundestag liess vor der Abstimmung kein gutes Haar am Abkommen. SPD-Fraktionsvize Joachim Poss sagte, mit dem Abkommen habe sich Schäuble zum Komplizen einer fragwürdigen Weissgeld-Strategie der Schweiz und der Schweizer Banken gemacht.» Das Abkommen sei «löchrig wie ein Schweizer Käse» und ein Schlag ins Gesicht ehrlicher Steuerzahler.

Der finanzpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Gerhard Schick, kritisierte, das Abkommen ermögliche Hinterziehern «eine Amnestie ohne Aufdeckung»: «Es wird ein Mantel des Schweigens gelegt – nicht nur über die Steuerhinterziehung, sondern auch über die damit verbunden Straftaten.»

Die Linke-Abgeordnete Barbara Höll sprach von einem «Geschenk für Steuerbetrüger» sowie für die Schweizer Finanzindustrie. Statt der vorliegenden unbefriedigenden Lösung müsse mit dem Nachbarland ein automatischer Informationsaustausch über Konten deutscher Steuerpflichtiger ausgehandelt werden.

Nach dem von Bern und Berlin vereinbarten Abkommen soll auf deutschem Schwarzgeld auf Schweizer Banken einmalig eine Pauschalsteuer zwischen 21 und 41% an den deutschen Fiskus überwiesen werden – anonym und rückwirkend für zehn Jahre. Künftige Kapitalerträge sollen wie in Deutschland besteuert werden.

«Noch nicht mausetot»
Schäuble hatte am Mittwoch gegenüber einer Parlamentarier-Delegation aus der Schweiz erklärt, dass auch bei einer allfälligen Ablehnung durch die deutsche Länderkammer das Steuerabkommen «noch nicht mausetot» sein würde. Es gebe in diesem Fall noch die Möglichkeit eines Vermittlungsausschusses zwischen den Bundesländern.

Aus Sicht der Schweiz geht es nur noch um Ja oder Nein. Bezüglich Nachverhandlungen habe die Schweiz keinen Spielraum, verlautete schon mehrmals aus dem Finanzdepartement. Wenn das Abkommen nicht zustande komme, werde der Status quo weitergeführt. Damit werde es weder eine Regelung für die Vergangenheit noch eine umfassende Regelung für die Zukunft geben.

In der Schweiz selbst steht dem Abkommen praktisch nichts mehr im Weg, da für ein Referendum zu wenige Unterschriften zusammen gekommen sind. (awp/mc/upd/ps)

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