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Erfurt – Haben Mitarbeiter, die über einen langen Zeitraum in einem Unternehmen angestellt sind, das Recht auf längere Kündigungsfristen? Mit dieser Frage hat sich das höchste deutsche Arbeitsgericht beschäftigt – und eine Entscheidung getroffen.
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt prüfte aufgrund einer Klage im September das gesetzlich verankerte Prinzip, Kündigungsfristen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu staffeln. Der sechste Senat musste klären, ob ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz oder das Europäische Recht vorliegt, wenn die Kündigungsfristen mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit steigen. Die 31-jährige Klägerin war der Ansicht, dass diese Vorgehensweise diskriminierend gegenüber jüngeren Arbeitnehmern sei, da eine längere Betriebszugehörigkeit erst mit einem höheren Alter erreicht werden könne. Ihr Ziel war es auch, für jüngere Arbeitnehmer eine ausreichende «Vorwarnfrist» zu erreichen, damit diese im Falle einer Kündigung durch den Arbeitgeber genügend Zeit haben, sich auf dem Arbeitsmarkt nach einer neuen Stelle umzusehen. Die Frau aus Hessen bestand auf die höchstmögliche Kündigungsfrist von sieben Monaten. Auslöser für ihre Klage war die Kündigung ihres Arbeitgebers, einer Golfsportanlage, wo sie zuvor dreieinhalb Jahre als Aushilfe gearbeitet hatte.
Das Urteil
Die Erfurter Richter hatten jedoch andere Ansichten. Sie billigten die bisherige Regelung (6 AZR 636/13), wonach weiterhin Arbeitnehmern mit längerer Beschäftigungsdauer auch eine längere Kündigungsfrist zusteht. Eine Diskriminierung konnte das Bundesarbeitsgericht in der gestaffelten Kündigungsfrist nicht erkennen. Die Entscheidung aus Erfurt ist für alle deutschen Arbeitnehmer relevant, denn seit 1993 gelten einheitliche Kündigungsfristen für Arbeitnehmer, die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt sind. Die Regelung, dass bei der Beschäftigungsdauer lediglich die Arbeitsjahre nach Vollendung des 25. Lebensjahres einberechnet werden, wurde 2010 vom EuGH gekippt. Diese Rechtsprechung muss der deutsche Gesetzgeber jedoch noch umsetzen.
Über Arbeitnehmerrechte informieren
Der Fall aus Deutschland zeigt, dass die Auseinandersetzung mit dem Arbeitsrecht nicht nur für Arbeitgeber, sondern vor allem für Arbeitnehmer wichtig ist. Auch wenn die Klage in diesem Fall keinen Erfolg hatte, ist die gestaffelte Kündigungsfrist in den Fokus gerückt und von einigen Arbeitnehmern erst jetzt zur Kenntnis genommen worden. Bei Problemen oder Unsicherheiten bezüglich Kündigungen, Abfindungen oder Lohnzahlungen sowie Unstimmigkeiten mit dem Betriebsrat, ist es deshalb ratsam sich rechtlichen Beistand einzuholen. Besonders beim Arbeitsrecht gibt es häufig aktuelle Rechtsprechungen und Präzedenzfälle, die im Falle einer Klage zum Vorteil für den Arbeitnehmer ausgelegt werden können. (Schmidt/mc/hfu)