Von Dr. Thomas Flatt, CEO Abraxas Informatik AG.
Zürich – Dass Naturwissenschaft und Technik in der Schule nicht den Stellenwert geniessen, der ihnen aufgrund ihrer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedeutung zusteht, ist unbestritten. Bis sich Änderungen im Schulsystem bemerkbar machen, vergeht jedoch mehr Zeit, als wir haben. Die Unternehmen müssen daher ihren Beitrag erhöhen – und zwar schnell.
Die Schweizer Technologie-Branche ist sich ungewohnt einig: Die Schule gehört zu den Hauptverantwortlichen dafür, dass unser Land zu wenig Informatiker und Ingenieure hervorbringt. Die sogenannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) werden immer mehr vernachlässigt. Stattdessen beanspruchen die „weichen“ Geisteswissenschaften zu viel Zeit. Um die Zahl der Junginformatiker zu steigern, müsse diese Entwicklung dringend wieder umgekehrt werden, so die einhellige Forderung.
Reformen mit stark verzögerter Wirkung
Auch ich stimme dem zu. Die Begeisterung für Technik und Naturwissenschaften muss unbedingt schon in der Grundschule geweckt werden. Wenn sie bereits ein Teil der ersten Zukunftsträume unserer Kinder wird, ergibt sich der Rest praktisch von selbst.
Aber auch wenn die Kritik an den Schwerpunkten der Schule stimmt – sie nützt uns in der heutigen Situation wenig und verschleiert vor allem auch unsere eigene Verantwortung. Fakt ist: Als Unternehmen können wir schlicht nicht auf Schulreformen warten! Es dauert Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, bis Änderungen in den Lehrplänen im Arbeitsmarkt wirksam werden. Dafür muss nicht nur eine neue Generation Schüler die entsprechend angepassten Ausbildungsgänge von der Primarschule bis zum Abschluss von Lehre oder Studium durchlaufen. Vorgängig ist zusätzlich die Schulung der Lehrpersonen notwendig. Ganz zu schweigen von den neuen Lehrmitteln, die auch nicht einfach aus dem Ärmel geschüttelt werden können.
Zahl der Lehrstellen mehr als verdoppeln
Wenn wir die Zahl der Junginformatiker innert nützlicher Frist steigern wollen, müssen wir dies als Unternehmen selber in die Hand nehmen. Das heisst zu allererst einmal, dass wir genügend Lehrstellen schaffen müssen. Mit einem Lehrlingsanteil von 3,7 Prozent der Gesamtbeschäftigten liegt die ICT-Branche nämlich immer noch weit unter dem Durchschnitt der ganzen Schweizer Wirtschaft von 5,4 Prozent. Wie der Verband ICT-Berufsbildung Schweiz vorrechnet, brauchen wir sogar 2,5-mal mehr Lehrlinge als heute, um nur schon unsere Beschäftigtenzahl mittelfristig halten zu können.
Verantwortung und Resultate sichtbar machen
Der zweite Hebel, mit dem sich der Nachwuchs vermehren lässt, sind attraktive Berufsperspektiven. Mit flachen Hierarchien, sinnvollen Aufgaben und Verantwortung können wir die jungen Talente anziehen und vor allem auch langfristig in unserer Branche halten. Gerade die unsere ICT-Industrie prägenden mittelständischen Unternehmen können hier punkten. Wir müssen aufzeigen, dass ein Informatiker in einem KMU nicht einfach ein unpersönliches Prozesszahnrad ist, das im stillen Kämmerlein Requirements für ein nur schemenhaft erkennbares Projektziel abarbeitet, sondern ein tragendes Element, das entscheidenden Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat. Junge Menschen müssen die Resultate ihrer Arbeit direkt sehen können. Wenn uns das gelingt, werden wir auch den motivierten Nachwuchs finden, den wir benötigen. (Abraxas/mc/ps)
Über Abraxas Informatik AG
Die Abraxas Informatik AG ist eine erfahrene Schweizer ICT-Unternehmung mit breitem Leistungsangebot für öffentliche Verwaltungen und Organisationen im staatlichen Umfeld sowie für Privatunternehmen. Das Unternehmen mit Hauptsitz in St. Gallen hat weitere Niederlassungen in Frauenfeld, Préverenges, Winterthur und Zürich.
In den Bereichen Geschäftsprozessintegration, Fachanwendungen und Services bietet Abraxas den Kunden sämtliche relevanten Dienstleistungen aus einer Hand. Diese reichen von Consulting über Applikationsentwicklung und Implementierung bis hin zu Infrastrukturbereitstellung und Betriebsleistungen.
Dr. Thomas Flatt ist CEO und Delegierter des Verwaltungsrats der Abraxas Informatik AG sowie Präsident des SwissICT, dem mitgliederstärksten Informatik-Verband der Schweiz. Er ist auch Vizepräsident des Dachverbandes ICTswitzerland.