Enges Rennen für Clinton und Trump bei der Präsidentenwahl

Donald Trump - Hillary Clinton

US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump und Hillary Clinton.

Washington – Erstmals in der 240-jährigen Geschichte der USA steht die Demokratin Hillary Clinton am Dienstag kurz davor, als erste Präsidentin des Landes Geschichte zu schreiben. Die meisten Umfragen sagten der früheren Aussenministerin, Senatorin und First Lady einen Sieg voraus – es wäre 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts ein Meilenstein in der Geschichte der US-Demokratie. Nach Berechnungen des Umfragenexperten Nate Silver vom Blog «FiveThirtyEight» liegt Clintons Gewinnchance bei 72%. Ihr republikanischer Rivale ist der Milliardär und Quereinsteiger Donald Trump. Das Ergebnis sollte Mittwochmorgen feststehen.

Der Sieger der besonders ruppigen Wahlschlacht wird am 20. Januar in das Weisse Haus einziehen und Amtsinhaber Barack Obama nach dessen achtjährigen Amtszeit ablösen. Obama war der erste schwarze Präsident in der US-Geschichte.

Millionen für TV-Werbung im Endspurt
In den letzten Stunden des Wahlkampfs versuchten Clinton (69) und Trump (70) noch einmal alles, in besonders heiss umkämpften US-Staaten die Bürger auf ihre Seite zu bringen. Beide Kandidaten investierten zum Schluss noch einmal Millionen Dollar in TV-Werbespots.

Hillary Clinton und ihr Ehemann, der frühere Präsident Bill Clinton, gaben am Dienstagmorgen in ihrem Wahllokal in Chappaqua (New York) ihre Stimme ab. Clinton war damit die erste Frau einer der beiden grossen Parteien, die sich selbst als Präsidentin wählte. «So viele Menschen bauen auf den Ausgang der Wahl heute», sagte Clinton dem Sender CNN. «Ich tue das Beste, was ich kann.»

US-Kongress
Ein historischer Wahlsieg hätte für Clinton einen bitteren Beigeschmack, wenn ihre Demokraten bei der zeitgleichen Parlamentswahl nicht wenigstens die Mehrheit im Senat zurückerobern. Auf eine Mehrheit in der zweiten Kammer, dem Abgeordnetenhaus, konnten die Demokraten laut Umfragen von vornherein nicht rechnen.

Als Präsidentin oder Präsident können Clinton oder Trump viel, aber längst nicht alles ohne den US-Kongress entscheiden – beispielsweise in der Gesetzgebung, bei der Besetzung hoher Regierungsämter oder bei der Ernennung von Richtern für den Obersten Gerichtshof.

Gewalt befürchtet
Da sich das Clinton- und Trump-Lager besonders unversöhnlich gegenüberstehen, wurde mancherorts ein Ausbruch von Gewalt befürchtet. Trump hatte seine Anhänger aufgerufen, Wahllokale genau in Augenschein zu nehmen und etwaige Verstösse sofort zu melden.

Trump bezeichnet die Wahl seit längerem als gezinkt, ohne dafür Beweise vorzulegen. Besonders spannend bleibt, wie Trump und seine Anhänger auf eine etwaige Niederlage reagieren werden. Der Republikaner hatte entgegen aller politischen Gepflogenheiten offen gelassen, ob er das Wahlergebnis anerkennen wird.

Erste Stimmen ausgezählt
Während die Kandidaten noch bei ihren letzten Wahlkampfauftritten auf der Bühne standen, wurden am Dienstag bereits die ersten Stimmen ausgezählt. Bei der traditionellen mitternächtlichen Abstimmung in drei Örtchen im US-Bundesstaat New Hampshire lag der Republikaner Trump in der Nacht mit insgesamt 32 zu 25 Stimmen gegen die Demokratin Clinton in Führung. In dem kleinsten der Orte, Dixville Notch, setzte sich Clinton mit 4:2 Stimmen gegen Trump durch.

Währenddessen hielt Clinton zusammen mit Popstar Lady Gaga noch eine Wahlkampfveranstaltung in Raleigh (Bundesstaat North Carolina) ab. Clinton gab ihren Anhängern eine Empfehlung mit auf den Weg, für den Fall, dass deren Kinder und Enkel sie später fragten, was sie im Jahr 2016 getan hätten, «als alles auf dem Spiel stand». Die Antwort laute: «Ihr habt für ein stärkeres, faireres, besseres Amerika gestimmt – ein Amerika, wo wir Brücken bauen, nicht Mauern.»

219 Millionen Menschen wahlberechtigt
Trump schloss derweil seinen letzten Tag als Kandidat in Grand Rapids (Michigan) ab. «Heute ist unser Unabhängigkeitstag», zitierte er leicht verändert einen Spruch aus dem Hollywood-Film «Independence Day» von 1996. «Wir beenden endlich das Kapitel der Geschichtsbücher über die Clintons, ihre Leben, ihre Machenschaften, ihre Korruption.»

Wahlberechtigt waren etwa 219 Millionen Menschen. Voraussetzung war, dass sich ein Wähler registrieren liess und nicht von der Wahl ausgeschlossen wurde – beispielsweise wegen einer kriminellen Vergangenheit. Mehr als 42 Millionen Amerikaner haben bereits frühzeitig abgestimmt.

Indirekte Wahl
Am Ende gewinnt nicht der Kandidat, der landesweit die meisten Stimmen auf sich vereint. Denn der US-Präsident wird nur indirekt vom Volk gewählt. Jeder Bundesstaat hat eine bestimmt Zahl von Stimmen in einem 538-köpfigen Gremium aus Wahlmännern und -frauen zu vergeben. Deren Zahl richtet sich nach der Grösse eines jeden Staates. Das bevölkerungsreiche Kalifornien stellt 55 Wahlmänner, das kleine Delaware nur drei. Wer ins Weisse Haus einziehen will, braucht mindestens 270 Wahlmännerstimmen.

Die Wahllokale schlossen ab 18.00 Uhr Ortszeit. Erste Ergebnisse einzelner Staaten werden nicht vor 1.00 Uhr (MEZ) erwartet. (awp/mc/upd/ps)

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