Von Peter Lechner, CEFA, Portfoliomanager Fixed Income und Anleihenspezialist, DJE Kapital AG
Ein möglicher Zinsgipfel oder ein Zinsplateau bietet potenziell einen guten Zeitpunkt, um das höhere Zinsniveau mit Anleihen zu fixieren. Bonds mit längeren Laufzeiten sind damit wieder in der Gunst der Anleger gestiegen. Die aktuelle Situation im Vorfeld der beiden mit Spannung erwarteten Notenbanksitzungen von Federal Reserve und EZB.
Ob wir nun bereits ein Zinsplateau oder einen Zinsgipfel erreicht haben – darüber scheiden sich die Geister. Sowohl die EZB als auch die Federal Reserve halten sich bedeckt, ob sie den Leitzins im September und den kommenden Monaten noch einmal erhöhen. Man wolle die Datenlage über den Sommer hin beobachten, heisst es.
Nach über zehn Leitzinserhöhungen der Federal Reserve in Amerika und neun Erhöhungen seitens der EZB, glauben allerdings viele Marktteilnehmer, dass die Leitzinsen von 5,25% bis 5,5% in den USA und 4,25% in Europa vorerst auf diesem Niveau bleiben werden, oder dass es sogar wieder zu Zinssenkungen kommen kann.
Zeichen der Rezession
Die inversen Zinskurven in Europa (z.B. Bundkurve) und in den USA deuten darauf hin, dass die Börsianer mehrheitlich nach wie vor von einer Rezession – besonders in Europa – ausgehen. Diese Argumentation könnte die Zentralbanken dazu bewegen die geldpolitischen Zügel zukünftig lockerer zu lassen, sodass das Zinsniveau künftig zumindest nicht mehr steigt.
Die Inflationsraten, verglichen mit ihren Höchstständen, sind zwar deutlich zurückgegangen, aber sie liegen dennoch sowohl in den USA mit etwa 3,2% als auch in der Eurozone mit rund 5,5% noch immer über dem von den beiden Zentralbanken ausgegebenen Ziel von um die 2%. Zudem könnte die Inflation durch erneut steigende Energiepreise im Winter wieder angeheizt werden. Dies könnte wiederum die Zentralbanken dazu zwingen weitere Zinserhöhungen vorzunehmen. Auch steigende Lohnkosten und Zweitrundeneffekte tragen weiter zu einer höheren Inflation bei.
Inflation bleibt hoch
Könnte es auch wieder bald zu sinkenden Leitzinsen kommen? Dies ist eher unwahrscheinlich. So sagte US-Notenbank Chef Jerome Powell Ende Juli, dass er die Inflation nicht vor 2025 wieder bei 2% sieht. Daher dürften Zinssenkungen später kommen als aktuell von vielen Marktteilnehmern angenommen wird. Es ist davon auszugehen, dass uns eine erhöhte Inflation zwischen 3% und 4% auch im nächsten Jahr begleiten wird.
Mit dem derzeitigen Zinsniveau sind Anleihen eine ernstzunehmende Konkurrenz für Aktien. Vor allem in den USA hat sich die Gewinnrendite am Aktienmarkt, den Renditen von US-Staatsanleihen angenähert. Dies spricht für die Attraktivität von Bonds im derzeitigen Umfeld. Investoren sollten bei den Anleihen weiterhin auf eine breite Mischung setzen: Strategisch in ein breit gefächertes Basis-Portfolio aus Staats- und Unternehmensanleihen mit guter Bonität (Investmentgrade) investieren. Dabei sind derzeit Unternehmen mit einer hohen Marktkapitalisierung zu bevorzugen. Diese Firmen sind in der Lage, aufgrund Ihrer Marktstellung Preiserhöhungen an Kunden weitergeben zu können. Damit haben sie gute Chancen eine mögliche Rezession unbeschadet zu überstehen. Ergänzend wird ein kleiner Anteil in handverlesene High-Yield Anleihen investiert. Damit wird ein zusätzlicher Beitrag zur Performance erzielt. Bei den Laufzeiten sind länger laufende Titel zunehmend attraktiver, da davon auszugehehen ist, dass die Notenbanken mittelfristig bei ihrer Inflationsbekämpfung erfolgreich sein werden. Die zwischenzeitlich vorhandenen Durations-Risiken werden mittels derivativem Overlay-Management gesteuert. (DJE Kapital/mc/ps)