E-Mobility stellt Maschinenbau vor grosse Herausforderungen

E-Mobility stellt Maschinenbau vor grosse Herausforderungen

Würzburg – Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau wird in den kommenden Jahren vom Ausbau der Elektromobilität stark profitieren. Denn durch die Einführung von Fahrzeugen mit elektrischem Antriebsstrang sind auch jene Kompetenzen des Maschinenbaus gefragt, die bislang nur selten in der Automobilproduktion genutzt wurden. Denn kostensenkende Produktionstechnik wird dringend gebraucht.

Daraus ergeben sich attraktive Marktchancen für Anlagen- und Maschinenbauer. Durch neue Produktionsanlagen für Elektrobatterien wird sich bis 2020 ein Geschäftspotenzial von 4,8 Milliarden Euro ergeben. Andererseits steht die Branche vor der grossen Herausforderung, ein neues Produkt- und Technologieportfolio entwickeln zu müssen. Kooperationen und Allianzen unter Maschinenbauern werden notwendig sein, um Gesamtsysteme aus einer Hand zu bieten und sich wichtige Wettbewerbsvorteile zu sichern. Das sind die Kernergebnisse der gemeinsamen Studie von VDMA und der Strategieberatung Roland Berger über «E-Mobility – Chancen und Risiken für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau».

Rasanter Anstieg der Elektromobilität erwartet
«Die Automobilindustrie steht vor einem grossen Wandel», erläutert Ralf Kalmbach, Partner und Mitglied der weltweiten Geschäftsführung bei Roland Berger. «Die Notwendigkeit, CO2-Emissionen zu reduzieren, wird in den kommenden Jahren zu einem rasanten Anstieg der Elektromobilität auf den weltweiten Märkten führen. Das bedeutet eine grosse Umstellung – nicht nur für die Automotive-Branche, sondern auch für den Maschinen- und Anlagenbau.» VDMA-Präsident Dr. Thomas Lindner: «Wir sind mit unserer Produktionstechnik diejenige Branche, auf die es dabei wesentlich ankommt. Auch die Mobilität der Zukunft muss produziert werden.»

Wichtige Wachstumschance
Für die deutsche Maschinenbaubranche spielt der Automobilbau schon jetzt eine wichtige Rolle. So wurden im Jahr 2010 rund 14 Milliarden Euro direkt im Automotive-Bereich umgesetzt. Zusätzlich existieren indirekte Beziehungen: Maschinen und Anlagen werden oft in vorgelagerte Wertschöpfungsstufen der Automobilbranche geliefert. Die Bedeutung des Maschinen- und Anlagenbaus wird vermutlich weiter zunehmen: Wurden im vergangenen Jahr rund 72 Millionen Autos weltweit verkauft, so werden es im Jahr 2020 voraussichtlich 100 Millionen sein. Vor allem die Automobilnachfrage in den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) zeigt sehr hohe Wachstumsraten. «Dabei gehen wir davon aus, dass im Jahr 2025 rund 40 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge einen Hybrid- oder vollelektrischen Antrieb haben werden. An dieser Entwicklung arbeiten die Automobilhersteller gerade sehr intensiv», so Berger-Experte Kalmbach. Für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau bedeutet dies ein zusätzliches Geschäftspotenzial von 4,8 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020 durch neue Anlagen für die Produktion von Batteriezellen.

Neue Produktionstechnologien gefragt
«Mit einem Substitutionseffekt ist mittelfristig nicht zu rechnen», unterstreicht Lindner. «Die herkömmliche Produktionstechnik für Verbrennungsmotoren fällt nicht abrupt weg, da Hybridkonzepte lange dominieren werden.» Aber die zunehmende Verbreitung der Elektromobilität wird eben auch für zusätzliche Geschäftschancen im Maschinenbau sorgen: Neue Produktionsanlagen für Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs werden gefragt sein. Der Maschinenbau wird vor allem erheblich dazu beitragen, Qualitäts- und Kostenziele bei Batterien und Elektromotoren zu erreichen. So entstehen zum Beispiel rund 50 Prozent der Batteriekosten in der Fertigung. Durch den Einsatz von intelligenten Produktionssystemen können hier grosse Optimierungspotenziale erschlossen werden. VDMA-Präsident Lindner: «Das globale Rennen gewinnt, wer den grössten Beitrag zur Kostenreduktion über intelligente, automotive-gerechte Fertigungstechnologien leisten kann. Das ist eine immense Chance für unsere Unternehmen». Elektrische Antriebe erfordern für ihre neuen Komponenten auch neue Produktionstechnologien, die in der Automobilindustrie bislang kaum eingesetzt wurden. «Bisher spielte die Metallverarbeitung im Automobilbereich eine sehr wichtige Rolle», erläutert Kalmbach. «Nun werden für die Batterieproduktion ganz andere Technologien gefragt sein. Denken wir nur an die Beschichtung der Elektroden. In Folge werden auch die Maschinenbauer ihr Produktportfolio entsprechend anpassen müssen.»

Regionale Märkte gewinnen an Bedeutung
«Komponenten für E-Motoren und vor allem Batterien werden demnächst in den jeweiligen Fahrzeugmärkten, d.h. auch in Europa und den USA, produziert werden», erklärt Roland Berger Partner Kalmbach. «Durch den hohen Automatisierungsgrad spielen Lohnkosten bei der Produktion nur eine geringe Rolle und die Ansiedlung in Niedriglohnländern macht aus dieser Perspektive wenig Sinn.» Zusätzlich sind die Transportrisiken bei Batteriezellen ein wichtiger Faktor, da Umwelteinflüsse wie Temperaturschwankungen die Qualität der Zellen beeinträchtigen können. «Durch den Aufbau von Produktionskapazitäten nah an den jeweiligen Fahrzeugwerken können Automobilhersteller diese Hindernisse umgehen – die ersten Ansätze dazu sehen wir bereits», so Kalmbach. «Für den Maschinenbau ist das eine gute Nachricht. Zum Beispiel bei den Anlagen zur Batteriezellenproduktion wird sich ein beträchtlicher Markt entwickeln, den sich deutsche Unternehmen erschliessen können», so Lindner.

Neue Geschäftsmodelle, neues Produktportfolio
Angesichts des grossen Marktpotenzials und der Nähe zu bestehenden technologischen Kompetenzen – wie in der Photovoltaik- und Halbleiterfertigung – ist der deutsche Maschinenbau gut aufgestellt, um sich das attraktive Geschäftsfeld der Elektromobilität zu erschliessen. Vor allem für kleine und mittelständische Betriebe stellt das aber auch eine Herausforderung dar. Partnerschaften werden daher zwischen Maschinenbauherstellern entstehen, um die gemeinsame Entwicklung von schlüsselfertigen Gesamtsystemen voranzutreiben und innovative, kundenspezifische Lösungen auf den Markt zu bringen. «Hier wird die Bedeutung unserer VDMA-Plattform E-MOTIVE deutlich: Dieses weltweit führende Innovationsnetzwerk treibt die Elektromobilität voran – branchenübergreifend, vorwettbewerblich und mit bestem Nutzen für Industrie und Wissenschaft», so der VDMA-Präsident. (Roland Berger/mc/ps)

Über Roland Berger Strategy Consultants
Roland Berger Strategy Consultants, 1967 gegründet, ist eine der weltweit führenden Strategieberatungen. Mit rund 2.000 Mitarbeitern und 42 Büros in 30 Ländern ist das Unternehmen erfolgreich auf dem Weltmarkt aktiv. Die Strategieberatung ist eine unabhängige Partnerschaft im ausschliesslichen Eigentum von rund 200 Partnern.

Über VDMA
Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) vertritt über 3 000 Unternehmen des mittelständisch geprägten Maschinen- und Anlagenbaus. Mit aktuell rund 908.000 Beschäftigten (2010) im Inland und einem Umsatz von 173 Milliarden Euro (2010) ist die Branche grösster industrieller Arbeitgeber und einer der führenden deutschen Industriezweige insgesamt.

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