Ein Kleid aus Fett und Zucker hilft Krebszellen sich auszubreiten

Ein Kleid aus Fett und Zucker hilft Krebszellen sich auszubreiten
Gewebeprobe eines Ovarialkarzinoms: Tumorzellen sind grün, Immunzellen rot und Zellkerne blau gefärbt. (Bild: Ricardo Coelho, Universität Basel / Universitätsspital Basel)

Basel – Die Veränderung von Tumorzellen bei der Metastasierung hängt von bestimmten Molekülen auf der Zelloberfläche ab. Die Bedeutung dieser sogenannten Glykolipide bei der Ausbreitung von Eierstockkrebs hat ein internationales Team unter Basler Leitung entschlüsselt. Die Erkenntnisse könnten den Weg für neue Therapieansätze ebnen.

Der Eierstockkrebs gehört zu den tödlichsten Krebserkrankungen bei Frauen. Grund dafür ist vor allem, dass der Krebs bei den meisten Patientinnen erst im weit fortgeschrittenen Stadium erkannt wird, wenn er sich bereits im Bauchraum ausgebreitet hat. Leider ist dann die Heilungschance trotz Chemotherapie relativ gering.

Bei der Metastasierung müssen sich die Tumorzellen an neue Umgebungen anpassen und somit einen Übergang zwischen verschiedenen Zellstadien vollziehen. Diese Fähigkeit wird in Fachkreisen «Zellplastizität» genannt.

Oberflächenmoleküle ermöglichen Verwandlung
Frühere Studien haben gezeigt, dass eine bestimmte Klasse von Molekülen hier einen entscheidenden Beitrag leistet, die Glykolipide. Dabei handelt es sich um Moleküle, die aus einem Zucker- und einem Fettanteil bestehen. Sie kommen auf jeder Zelloberfläche vor und sind in verschiedenste zelluläre Kommunikationsprozesse involviert. Glykolipide «könnten möglicherweise aktiv die Zellplastizität von Tumorzellen beeinflussen», so Francis Jacob, Projektleiter am Departement Biomedizin, Universität Basel und Universitätsspital Basel.

Dieser Hypothese sind Francis Jacob und Prof. Dr. Viola Heinzelmann-Schwarz in einem von der Wilhelm Sander-Stiftung unterstützten Projekt nachgegangen. Beteiligt waren auch Forschende der Griffith Universität in Australien und der Medizinischen Hochschule Hannover. Im Fachblatt «Cell Reports» berichten die Forschenden, dass Tumorzellen die für die Metastasierung nötige Umwandlung nur eingeschränkt vollziehen können, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, Glykolipide herzustellen. Ausserdem stellten sie fest, dass es einen Zusammenhang zwischen Glykolipiden, Zellplastizität und Kalzium gibt.

Der Zucker-Code
Die Verbindung von Proteinen und Lipiden mit Glykanen, also Zuckerketten, verändere ihre Funktion und stelle vermutlich einen eigenen Code dar, vergleichbar mit dem Erbgut, erklärt Jacob. «Dieser Code ist so komplex, dass ein stetig wachsendes Feld von Forschenden weltweit versucht, diesen zu entschlüsseln.» Denkbar ist ferner, dass Glykolipide auch bei der Metastasierung anderer Krebsarten wie etwa Brustkrebs eine Rolle spielen.

Die gewonnenen Erkenntnisse wollen die Forschenden nun durch die Analyse weiterer Tumorproben vertiefen, um ein noch besseres Verständnis der Funktion der Glykolipide auf der Ebene einzelner Zellen und in der molekularen Umgebung innerhalb des Tumors zu erlangen. Das Wissen um die Rolle der Glykolipide könnte neue therapeutische Ansätze inspirieren, welche die Tumorausbreitung unterdrücken und so die Heilungschancen verbessern.

Für ihre Untersuchungen haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Heinzelmann-Schwarz und Jacob in den letzten Jahren eine internationale Gewebebank von mehr als 1500 Patientinnen mit gynäkologischen Tumorerkrankungen aufgebaut. Zudem ist das Team Teil des «Tumor Profiler»-Projekts, eines Netzwerks aus Forschungsgruppen mit dem Ziel, die molekularen Eigenschaften von Tumoren bis ins Detail zu beschreiben. (Universität Basel/mc/ps)

Originalpublikation
Cumin et al.
Glycosphingolipids are mediators of cancer plasticity through independent signalling pathways.
Cell Reports
, doi: 10.1016/j.celrep.2022.111181
Forschungsgruppe Ovarian Cancer Research

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