Bern – Könnten Frauen in sämtlichen Bereichen arbeiten und alle Berufe ausüben, liesse sich die Produktivität in manchen Ländern um 25 % steigern. Dies ist nur ein Beispiel dafür, wie wichtig die Gleichstellung der Geschlechter für die Entwicklung ist. Mit diesem Thema befasst sich der Weltentwicklungsbericht 2012 der Weltbank. Der im September 2011 in Washington lancierte Bericht wurde gemeinsam mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) diese Woche in der Schweiz vorgestellt.
Die Frauen stellen heute weltweit über 40 % der erwerbstätigen Bevölkerung, 43 % der landwirtschaftlichen Arbeitskräfte und über 50 % der Studierenden an den Universitäten. Sie haben auf der ganzen Welt eine höhere Lebenserwartung als die Männer. In Malawi und Ghana zum Beispiel könnten die Maiserträge um ein Sechstel gesteigert werden, wenn die Bäuerinnen den gleichen Zugang zu Düngemitteln hätten wie die Männer. Die Gleichstellung der Geschlechter ist also ein grundlegendes Entwicklungsziel, von dem auch die Wirtschaft profitiert.
Auch den Kindern geht es besser
Zu diesem Schluss kommt der Weltentwicklungsbericht 2012 der Weltbank, der dem Thema «Gleichstellung der Geschlechter und Entwicklung» gewidmet ist. Der Bericht ist von der Weltbank und der DEZA am Montag in Genf und am Dienstag in Bern vorgestellt worden. Er zeigt auf, dass die Gleichstellung der Geschlechter zur volkswirtschaftlichen Produktivität und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der nächsten Generation beitragen kann. In so unterschiedlichen Ländern wie Brasilien, Nepal, Pakistan und Senegal haben die Expertinnen und Experten festgestellt, dass es auch den Kindern besser geht, wenn die Frauen besser ausgebildet und gesünder sind.
Erhebliche Fortschritte erzielt, aber…
Wie der Bericht festhält, haben sich die Lebensbedingungen von Frauen und Mädchen in den letzten 25 Jahren stark geändert. Erhebliche Fortschritte wurden bei der Schulbildung, der Lebenserwartung und der Teilhabe am Erwerbsleben erzielt. Trotzdem bestehen in verschiedenen Bereichen nach wie vor Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. In vielen Ländern mit kleinem oder mittlerem Einkommen haben Frauen und Mädchen eine deutlich höhere Sterblichkeitsrate. Sowohl in den Entwicklungsländern als auch in den Industrieländern gibt es bei der Entlöhnung und der Vertretung in höheren Ämtern in Politik und Wirtschaft markante Unterschiede zwischen den Geschlechtern.
Die am meisten verbreitete Form von Ausgrenzung
Die DEZA ist überzeugt, dass die Diskriminierung von Frauen weltweit die am meisten verbreitete Form der Ausgrenzung darstellt und dass ungleiche Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern zu den Ursachen von Armut und politischer Instabilität gehören. Deshalb hat sie sich bei allen ihren Aktivitäten die Gleichstellung zum Ziel gesetzt.
Frauensterblichkeit, Bildung und aktivere Rolle im Fokus
Nach Auffassung der Weltbank können die Probleme nicht durch Wachstum allein gelöst werden. Der Bericht zeigt daher Bereiche auf, in denen der Staat handeln muss. Dies betrifft vor allem die Frauensterblichkeit, die Bildung und die Möglichkeit für Frauen, in der Gesellschaft eine aktive Rolle zu spielen. Mit der Verbesserung der Trinkwasserversorgung wie in Vietnam oder der Schwangerenbetreuung wie in der Türkei kann ein Beitrag zur Senkung der Müttersterblichkeit geleistet werden.
Besserer Zugang zu Krediten und Grundeigentum
Auf wirtschaftlicher Ebene befürwortet die Weltbank unter anderem Massnahmen zur Verbesserung des Zugangs von Frauen zu Krediten und Grundeigentum, die Unterstützung weiblicher Selbsthilfegruppen und die Schaffung von Betreuungseinrichtungen für Kinder. Zudem empfiehlt sie der internationalen Gemeinschaft, vermehrt Partnerschaften mit der Privatwirtschaft, mit Entwicklungsorganisationen und mit Organisationen der Zivilgesellschaft einzugehen, um die noch bestehenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern zu bekämpfen. (DEZA/mc)