Zürich – In den 1990er-Jahren stand er am Rande des Kollapses – heute gilt der Rote Thun nicht mehr als überfischt. Dieser wichtige Erfolg zeigt, dass bedrohte Bestände mit entschlossenem Handeln wieder stabilisiert werden können, wenn Meeresschützer, Regierungen und Produzenten zusammenarbeiten.
- Tiefpunkt 1996: Die Bestände waren auf dramatische 15 Prozent gesunken im Vergleich zu 1950. Heute stehen sie wieder bei etwa 55 Prozent.
- WWF spielte eine Schlüsselrolle bei der Rettung des Roten Thuns, indem er illegale Handelspraktiken aufdeckte, mediale Aufmerksamkeit schuf und Entscheidungsträger und Unternehmen zu verantwortungsvollem Handeln bewegte.
- Schutz der Bestände durch Regulierung: Dank strikter Kontrollen und wissenschaftlich fundierten Fangquoten wird der Rote Thun im Atlantik und Mittelmeer nicht mehr überfischt.
- Langfristige Sicherung des Erfolgs: Ohne strenge Kontrollen und nachhaltige Praktiken droht ein Rückfall – auch Konsumenten und Marktakteure tragen Verantwortung für den weiteren Schutz.
Schlüsselrolle des WWF beim Schutz des Roten Thuns
Der Rote Thun – auch Grosser Thun, Nordatlantischer Thun oder Blauflossen-Thunfisch genannt – ist ein beeindruckender Raubfisch an der Spitze der Nahrungskette. Bis zu vier Meter lang und über 600 Kilogramm schwer jagt er mit Spitzengeschwindigkeiten von über 70 km/h durch die Meere. Jahrtausendelang wurde er von Fischergemeinden im Mittelmeer gefangen. «Vor allem der Boom der Sushi-Industrie und der industriellen Fischerei haben die Bestände massiv unter Druck gesetzt, so sehr, dass sie fast kollabierten», sagt Catherine Vogler, Meeresschutzexpertin beim WWF Schweiz.
Nach einem Tiefpunkt im Jahr 1996, als der Bestand im Ostatlantik und im Mittelmeer im Vergleich zu den 1950er Jahren um 85 Prozent zurückgegangen war, ist der Bestand nun wieder auf zirka 55 Prozent des 1950er Standes angewachsen. Das war nur möglich, weil strenge Regulierungs- und Überwachungsmassnahmen ergriffen wurden. Der WWF war eine treibende Kraft in diesem Prozess. Er lenkte mit medienwirksamen Berichten und Studien den Blick der Öffentlichkeit auf die sich abzeichnende Katastrophe und zeigte die Konsequenzen des illegalen Handels auf. Der WWF setzte sich für ein entschiedenes Handeln bei Entscheidungsträgern wie der Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT) ein, die die Fischerei auf Roten Thun reguliert. Zudem strengte er direkte Gespräche mit Marktakteuren an. Mit Erfolg: 2010 verpflichteten sich 35 Unternehmen der Seafood-Branche im „Tuna Market Manifesto“ keinen Atlantischen Roten Thun mehr zu kaufen oder zu verkaufen. Diese Entscheidung hat bis heute weitgehend Bestand und war wichtig für die Stabilisierung der Bestände.
Wissenschaft ins Boot zu holen, ist wichtig für den Erfolg
Nach 20 Jahre konsequentem Schutz zeigen aktuelle Bestandsabschätzungen: Der Rote Thun im Atlantik und Mittelmeer ist nicht mehr überfischt. Die Fangquoten werden heute auf Grundlage wissenschaftlicher Einschätzungen angepasst, was für eine wirksame Regulierung von grosser Bedeutung ist. Doch die Herausforderungen bleiben: Der Grossteil des Roten Thuns auf dem Markt stammt aus Produktionsmethoden, die besonders schlecht für die Ökosysteme der Meere sind, wie Langleinen oder Thunfischmastanlagen. Wenn jedoch selektive Fangmethoden eingesetzt werden – wie die traditionelle Fischerei mit Fallen („Almadraba“ oder „Tonnara“) oder Handleinen- und Angelfischerei, dann hat dies weniger starke Auswirkungen. Die Empfehlungen für so gefangenen Roter Thun aus dem Mittelmeer sind im WWF-Ratgeber für Fisch und Meeresfrüchte nun aktualisiert und als akzeptabel eingestuft worden.
Engagement für die Zukunft
Das Comeback des Roten Thun ist ein Erfolg, der weiter gesichert werden muss. Fachleute warnen, dass ohne strenge Kontrollen und nachhaltige Fangpraktiken ein Rückfall droht. «Die Entwicklung der Bestände des Roten Thuns zeigt, wie schnell eine Art an den Rand des Kollapses geraten kann – aber auch, was möglich ist, wenn sich alle Akteure für den Schutz überfischter Arten einsetzen. Dies sollte als Vorbild für andere bedrohte Fischarten dienen», sagt Catherine Vogler, Meeresschutzexpertin beim WWF Schweiz. Und Konsument:innen und Marktakteure tragen ebenfalls Verantwortung: Roter Thun sollte sehr selten und ausschliesslich aus verantwortungsvoller Fischerei verzehrt werden.
Fazit: Die Stabilisierung des Atlantischen Roten Thun ist ein bedeutender Meilenstein im Artenschutz. Doch nur durch konsequente wissenschaftsbasierte Massnahmen, schonende Produktionsmethoden und die Mitwirkung von Händlern und Konsumenten kann die langfristige Erholung dieser Art gesichert werden. (WWF/mc/ps)