Wall Street: Start-ups wollen nicht an die Börse.
New York – Immer weniger Hightech-Unternehmen streben einen IPO an. Die Zahl der Börsengänge ist auf ein Siebenjahrestief gesunken, was Folgen für die Investorenlandschaft hat. Laut Renaissance Capital kamen 2015 bislang nur elf Prozent der gesamten IPOs aus dem Tech-Bereich. Das ist die geringste Quote seit 2008, als es nur zehn Prozent waren.
Moderate Performances
Ein Grund für die Zurückhaltung: Die Aktienkurse jener Unternehmen, die doch den Sprung an die Börse gewagt haben, fielen bislang nicht sonderlich gut aus. Insgesamt haben Tech-Aktien, die erst seit 2015 auf dem Markt sind, ausgehend vom IPO-Preis einen Anstieg von drei Prozent erzielt. Nimmt man als Benchmark den Schlusspreis vom ersten Handelstag der Aktie, gab es jedoch ein Minus von 15 Prozent
Auch die IPOs der vergangenen Jahre glänzen nicht mit ausserordentlichen Performances. Die Aktie des chinesischen E-Commerce-Giganten Alibaba beispielsweise fiel im August unter den IPO-Preis und seit dem Beginn des Jahres um 39 Prozent. Auch das Twitter-Papier erlebte seit Jahresbeginn eine Entwertung um 23 Prozent und liegt mit einem Preis von weniger als 28 Dollar nicht mehr weit über den IPO-Preis von 26 Dollar.
Überhöhte Bewertungen
Wie das «Wall Street Journal» schreibt, gibt es 117 von Venture-Kapitalgebern unterstützte Unternehmen, die eine Bewertung von einer Mrd. Dollar und mehr aufweisen. Das sind fast doppelt so viele als noch vor einem Jahr. «Der Ansatz der Venture-Kapitalisten, dass diese schnell wachsenden Unternehmen mit dem Zehn bis 20-Fachen ihrer geplanten Umsätze bewertet werden, wird von den Finanzmärkten nicht geteilt und macht es schwer, für die Financiers die geplanten Renditen zu erwirtschaften», so Renaissance-Capital-Chef Paul Bard.
Manche der am höchsten bewerteten Start-ups jedoch halten ihren Börsegang zielgerichtet zurück, obwohl sie mit solchen Wachstumsraten expandieren, die auch Börseninvestoren sehr gut gefallen würden. So erwartet beispielsweise der umstrittene Transport-Dienstleister Uber im laufenden Geschäftsjahr eine Umsatzsteigerung von 400 Prozent.
«Der Zeithorizont für öffentliche Märkte war niemals zuvor kürzer, und der Zeithorizont für den privaten Markt niemals zuvor länger», kommentiert der bekannte Venture-Kapitalgeber Marc Andreesen die aktuelle Entwicklung. Viele Firmen blieben heute länger private Unternehmen – aufgrund der lukrativen Finanzrunden mit Venture-Kapitalisten, die genug Geld zur Verfügung stellen, um damit rund um die Welt zu expandieren, ohne sich den Kopf über Investor Relations oder Börsenrichtlinien zu zerbrechen, die mit einem IPO naturgemäss immer einhergehen. (pte/mc/ps)