EU-Finanzminister: 17 Staaten auf schwarzer Liste – Schweiz auf «grauer» Liste
Brüssel – Die EU-Finanzminister haben nach monatelangen Diskussionen am Dienstag in Brüssel zwei Listen mit Steueroasen verabschiedet: eine schwarze und eine graue Liste. Die Schweiz figuriert auf der grauen Liste.
Das Ziel der EU sei es, «eine gute Steuerpraxis zur allgemeinen Norm zu machen», sagte der estnische Finanzminister, Toomas Toniste, dessen Land zurzeit den EU-Vorsitz unter den EU-Staaten hat, am Dienstag nach der Sitzung in Brüssel.
Auf der schwarzen Liste stehen insgesamt 17 Länder – darunter etwa die Vereinigten Arabischen Emirate, Tunesien, Panama, die Mongolei, Namibia, Bahrain, Südkorea, Barbados und die chinesische Sonderwirtschaftszone Macau. Gemäss dem französischen Finanzminister Bruno Le Maire täten diese Staaten nicht genug, «um Steuerflucht zu bekämpfen».
Gut 45 Staaten stehen auf einer grauen Liste, im Fachjargon Watch-List genannt. Neben der Schweiz befinden sich auch Liechtenstein, Andorra, Hong Kong, Taiwan, Thailand, Turkey, Uruguay, Albanien und Mazedonien auf der Liste.
Diese Staaten haben gegenüber der EU Zusagen gemacht, Änderungen an ihren Steuerpraktiken vorzunehmen. Dafür haben sie nun bis Ende 2018 Zeit. Für Entwicklungsländer gilt eine Zwei-Jahres-Frist und für acht Länder, die von Unwettern heimgesucht worden waren, wird im Frühling über das weitere Vorgehen entschieden.
Zeit wird knapp für die Schweiz
Bern dürfte nicht sehr erfreut darüber sein, dass sich die Schweiz auf der zweiten Liste befindet. Das Staatssekretariat für Finanzfragen (SIF) schrieb auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda: «Die Schweiz hatte sich 2014 gegenüber der EU verpflichtet, dem internationalen Standard nicht entsprechende Steuerregimes abzuschaffen. Deshalb vertritt die Schweiz die Ansicht, dass sie auf keine Liste gehört.»
Die von der EU kritisierten Steuerregime hätten eigentlich mit der Unternehmenssteuerreform III (USR III) abgeschafft werden sollen. Doch mit deren Ablehnung durch die Stimmberechtigten vergangenen Februar geschah dies nicht. Zügig lancierte Finanzminister Ueli Maurer die Nachfolgevorlage, genannt Steuervorlage 17.
Der politische Wille in der Schweiz ist da, die neue Vorlage auf den 1.1. 2019 in Kraft zu setzten. Doch bezeichnete Charles Juillard, FDK-Präsident und Finanzdirektor des Kantons Jura, vor kurzem dieses Ziel als «sportlich».
Brüssel wird laut EU-Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis die Länder und Gebiete auf der grauen Liste kontinuierlich überprüfen, ob sie ihre Zusagen auch umsetzen. Länder, bei denen dies der Fall sei, könnten dann von der Liste genommen werden.
«Jene, die ihre Zusagen nicht einhalten oder abweichen, könnten auf die schwarze Liste kommen», sagte er weiter. Dies sei ein laufender Prozess. Auch der estnische Finanzminister Toniste betonte, es sei wichtig, die Umsetzung der versprochenen Massnahmen, «eng zu verfolgen».
Abschreckende Sanktionen verlangt
Bei der Frage der Sanktionen gegen die Staaten auf der schwarzen Liste gingen die Meinungen der EU-Staaten auseinander. Der deutsche geschäftsführende Finanzminister Peter Altmaier sagte etwa: «Das ist der Beginn eines Weges und wenn sich herausstellen sollte, dass Sanktionen nötig sind, dann werden wir ergebnisoffen auch darüber sprechen.»
Laut EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici erhöht die EU mit den Listen zwar den Druck auf die Steueroasen. Doch dem EU-Kommissar geht dies zu wenig weit: «Ich appelliere an die EU-Staaten, sich nun zügig auf abschreckende Sanktionen zu einigen.» Frankreich etwa hatte sich in der Vergangenheit stets für Sanktionen ausgesprochen.
Auch die Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam kritisierte den Entscheid der EU-Finanzminister. Sie fordert, dass auch EU-Staaten wie die Niederlande oder Irland auf die schwarze Liste gehören – nicht nur Drittstaaten. Andere werfen den EU-Staaten wiederum vor, die USA mit dem Steuerparadies Delaware befindet sich nicht auf der Liste.
Insgesamt hatte die EU 92 Briefe an Länder und Gebietskörperschaften verschickt, die sie der unlauteren Steuerpraktiken verdächtigte. Den Prozess beschleunigt hatten die Enthüllungen in den Panama Papers. (awp/mc/ps)