EU prüft britische Steuervereinbarung mit Bern

José Manuel Barroso

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.

Brüssel – Die EU-Kommission wird die ergänzende Vereinbarung zum Steuerabkommen Schweiz-Grossbritannien prüfen, welche die beiden Länder am Dienstag unterzeichnet haben. Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf sieht in dem Abkommen ein mögliches Modell für weitere Staaten. Sie erläuterte die Steuerabkommen mit Deutschland und Grossbritannien beim Gespräch mit EU-Steuerkommissar Algirdas Semeta. Dass das Zusatzprotokoll mit Grossbritannien ausgerechnet am Dienstag in Brüssel unterzeichnet wurde, «ist Zufall», sagte Widmer-Schlumpf vor den Medien.

Das Abkommen könne als Modell dienen, dass auch von anderen Ländern umgesetzt werden könne. Kandidaten gebe es einige. Dazu gehören unter anderem Österreich, Griechenland und Schweden.

Barroso droht mit EUGH

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso erklärte vor den Medien in Brüssel, die «EU-Kommission wird nie ein bilaterales Abkommen eines Mitgliedstaates mit einem Drittstaat wie der Schweiz akzeptieren, wenn es nicht vollkommen in Einklang ist mit dem EU-Recht». Die EU-Kommission habe im Grundsatz nichts gegen bilaterale Abkommen der Mitgliedstaaten mit Drittstaaten. Wenn es aber Probleme gebe im Bezug auf Widersprüche mit dem EU-Recht, «werden wir nicht zögern, vor den Europäischen Gerichtshof zu gehen», erklärte Barroso mit Blick auf Grossbritannien. Widmer-Schlumpf hielt dazu fest, die Schweiz respektiere das europäische Recht. «Aber im Bereich, in dem die Mitgliedstaaten ihre Kompetenzen haben», sei es möglich solche Abkommen abzuschliessen.

Aus EU-Kreisen verlautete, die Kommission habe die am Dienstag zwischen den beiden Ländern unterzeichnete Vereinbarung noch nicht gesehen. Man vertraue aber Grossbritannien, die mit der EU-Kommission vereinbarten Änderungen auch vorgenommen zu haben. Vor den Schweizer Medien zeigte sich die Vorsteherin des Eidg. Finanzdepartements (EFD) erstaunt, dass die Kommission so misstrauisch reagiere. «Die EU-Kommission hat den Entwurf des nun unterzeichneten Vertrags am Wochenende gesehen», erklärte sie.

EU-Kommission prüft
Die Frage stellt sich, wie die Kommission auf die Abgeltungswirkung reagiert. Bisher bestand Brüssel darauf, dass die abgeltende Wirkung, womit alle Steuerpflichten erfüllt wären, nicht Bestandteil des Abkommens sein dürfe. Die Besteuerung künftiger Zinserträge muss nach Ansicht der Kommission aus dem Abkommen genommen werden. Im Communiqué des Eidg. Finanzdepartements vom Dienstag ist festgehalten: «Zinszahlungen werden vom Anwendungsbereich des Abkommens ausgenommen». Weiter steht aber: «Gleichzeitig wird sichergestellt, dass britische Steuerpflichtige ihre Steuern auf Zinszahlungen abgeltend leisten können».

Die Juristen der EU-Kommission wollen den Text im Änderungsprotokoll des Steuerabkommens nun genau unter die Lupe zu nehmen. Aus EU-Kreisen verlautete, dass dies «relativ schnell» geschehen könne, da sich die Kommission ja mit Grossbritannien auf die Änderungen verständigt habe. Also sollte rasch ersichtlich sein, ob diese auch so im Text aufgenommen wurden. Für Staatssekretär Michael Ambühl hat die EU-Kommission die abgeltende Wirkung gar nicht zu beurteilen. «Es ist an den britischen Steuerbehörden zu sagen, ob die abgeltende Wirkung und damit die Steuerpflicht ihrer Bürger erfüllt ist», erklärte er in Brüssel.

Abkommen mit Deutschland

Die Frage ist, wie sich nun der Fortschritt mit den Briten auf das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland auswirkt. Berlin pocht auf Korrekturen, auf die sich der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble letzte Woche mit den Finanzministern verständigt hatte. In Deutschland muss das Abkommen vom Bundestag und vom Bundesrat bestätigt werden. Schäuble ist dabei in der Länderkammer auf die Stimmen der von SPD und Grünen regierten Länder angewiesen. Diese bemängeln, Steuerflüchtlinge kämen im Abkommen zu gut weg. (awp/mc/ps)

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