EU will auf US-Strafzölle antworten – Furcht vor Eskalation

EU will auf US-Strafzölle antworten – Furcht vor Eskalation
EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini. (Foto: The European Union)

Brüssel / Washington – Die von den USA verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium bringen die EU in Zugzwang und lassen die Sorge vor einem Handelskrieg mit weiteren Produkten wachsen. Es gibt Befürchtungen, dass die Regierung von US-Präsident Donald Trump nach einem Vergeltungsschritt aus Brüssel zusätzliche Branchen wie die exportstarke deutsche Autoindustrie mit höheren Abgaben belegt. Beobachter mahnen zur Besonnenheit: Solange es vor allem um Stahl gehe, sei Europa vergleichsweise wenig betroffen.

Die US-Sonderzölle auf Einfuhren von Stahl (25 Prozent) und Aluminium (10 Prozent) aus der EU traten am Freitagmorgen in Kraft. Auch Mexiko und Kanada – grösster Stahllieferant der USA – fallen darunter. Alle drei Handelspartner Washingtons halten dies für ungerechtfertigt. Die Bundesregierung beurteilt die neuen Zölle als rechtswidrig.

Die EU reichte am Freitag Klage gegen die US-Sonderzölle bei der Welthandelsorganisation WTO ein. «Die Europäische Union muss ihre Interessen eindeutig vertreten», sagte die Aussenbeauftragte Federica Mogherini in Brüssel. Der Antrag auf Konsultationen im Rahmen eines Streitschlichtungsverfahrens sei eingegangen, hiess es bei der WTO in Genf. Zudem will die EU zusätzliche Zölle auf eine Reihe von US-Importen erheben.

Juncker: «Die USA lassen uns keine andere Wahl»
Die EU-Vergeltungszölle sollen nach einer bereits bei der WTO eingereichten Liste auf US-Produkte wie Whiskey, Erdnussbutter, Motorräder, Jeans oder Tabakprodukte erhoben werden. Auch Stahlerzeugnisse, Schiffe und Boote wären betroffen. Der geplante Zusatzzollsatz würde 25 Prozent betragen. Die Einführung könnte allerdings frühestens zum 20. Juni erfolgen. «Die USA lassen uns keine andere Wahl», sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker.

Der Handelskonflikt überschattet auch das Treffen der Finanzminister der G7-Staaten, das am Donnerstagabend (Ortszeit) im kanadischen Whistler begann. Dort gab es eine «offene und ehrliche» Aussprache von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Finanzminister Steven Mnuchin. Scholz habe klar gemacht, dass es um die Souveränität Europas und um eine Frage gegenseitigen Respekts gehe, hiess es nach der 40-minütigen Unterredung aus Regierungskreisen. Beide hätten die Sorge vor einer weiteren Eskalation geteilt.

Regierungssprecher Seibert betonte, Europa müsse nun geschlossen auftreten. Die EU habe die notwendigen Vorbereitungen getroffen, mit Gegenmassnahmen auf die US-Strafzölle zu reagieren. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werde sich weiter für offene Märkte einsetzen.

Trudeau: «Völlig inakzeptabel»
Kanadas Premier Justin Trudeau nannte die Massnahmen der USA «völlig inakzeptabel». Mexiko und Kanada kündigten ebenso Vergeltungszölle an. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte laut der Nachrichtenagentur AFP, Trumps Entscheidung sei illegal und ein Fehler: «Der wirtschaftliche Nationalismus führt zum Krieg. Das ist genau das, was in den (19)30er Jahren passiert ist.» China, das mit den USA in Handelsfragen auch über Kreuz liegt, reagierte verstört. «Viele Länder sind besorgt über Unilateralismus und Protektionismus der US-Seite», sagte eine Sprecherin des Aussenamtes in Peking.

In der deutschen Wirtschaft ist die Enttäuschung ebenfalls gross. Beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hiess es, Trump riskiere, die transatlantische Partnerschaft um Jahrzehnte zurückzuwerfen. «Sein kompromissloses Vorgehen ist kurzsichtig und selbstzerstörerisch», sagte BDI-Präsident Dieter Kempf. Der weltgrösste Autobauer Volkswagen warnte vor einer gefährlichen Spirale gegenseitiger Vergeltungsschritte.

«Reaktionen der EU, die zu einer Eskalation der Situation und weiteren Handelsbarrieren führen, würden einen noch viel grösseren Schaden anrichten», sagte der Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung, Christian Vietmeyer. Der Chef des Stahlherstellers Salzgitter, Heinz Jörg Fuhrmann, zeigte sich nicht alarmiert – wies jedoch auf indirekte Folgen hin, falls Stahl etwa aus der Türkei oder Russland statt in die USA nun auf den Markt in Europa gelenkt werde.

Zum Schutz geistigen Eigentums europäischer Unternehmen hat die EU zudem ein Klageverfahren gegen China vor der WTO eingeleitet. Die derzeitige chinesische Gesetzgebung untergrabe die Rechte europäischer Unternehmen, teilte die EU-Kommission mit. Sie würden gezwungen, chinesischen Betrieben Eigentums- oder Nutzungsrechte für ihre Technologien zu gewähren. Technologietransfer-Vereinbarungen könnten nicht frei ausgehandelt werden. (awp/mc/ps)

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