Euler Hermes: Exportrisiko-Monitor 2015
Dr. Paul Ammann, Studienverantwortlicher auf Seite der Berner Fachhochschule.
Zürich – Knapp 400 Schweizer Unternehmen, 2/3 davon mit einem Exportanteil von über 30%, haben offen gelegt, von welchen Risiken sie gegenwärtig und zukünftig betroffen sind und wie sie mit diesen umgehen. Abgefragt wurden alle mit Export zusammenhängenden Risiken.
Schweizer Exportunternehmen sind stark von Risiken im Export betroffen:
- 56% der befragten Unternehmen geben an, Aufträge wegen der aktuellen Währungssituation verloren zu haben
- Bei 25% der antwortenden Unternehmen haben Kunden aus dem Ausland Rechnungen nicht bezahlt
- 10% der Unternehmen gaben an, wegen unbezahlten Aufträgen aus dem Ausland sogar mit Liquiditätsproblemen konfrontiert gewesen zu sein
Zur aktuellen Frankenstärke meint Ludovic Subran, Chefökonom der Euler Hermes Gruppe: „Das Rezept ist eine höhere Diversifikation – sowohl nach Produkten als auch nach Absatzregionen wie etwa Südostasien oder in die arabischen Länder.“
Exportunternehmen sind mit drei Hauptrisiken konfrontiert
Die von der Berner Fachhochschule und von Euler Hermes durchgeführte Studie zeigt, dass vor allem das konjunkturelle Risiko sowie das Währungs- und das Delkredererisiko die drei Hauptrisiken für Schweizer Exportunternehmen darstellen. Es erstaunt, dass die Unternehmen das konjunkturelle Risiko und Währungsrisiko als praktisch gleich grosse Bedrohung einschätzen.
Im Allgemeinen gehen rund 80% der Firmen davon aus, dass die Risiken in naher Zukunft mindestens gleichbleiben oder sogar zunehmen. In diesem Zusammenhang überrascht es, dass viele Firmen bei vereinzelten als hoch eingeschätzten Risiken wie bspw. dem konjunkturellen Risiko keine Massnahmen ergreifen. Von den exportorientierten Schweizer Unternehmen waren 87% vom Währungsrisiko mittel bis stark betroffen. Für dieses Risiko sind Schweizer Unternehmen jedoch stark sensibilisiert und gut aufgestellt:
- Rund 50% der Unternehmen erhöhen den Einkauf im Ausland und senken die Kosten in der Schweiz
- 29% geben an, Absicherungen über Währungstermingeschäfte vorzunehmen
- Bemerkenswerte 32% geben an, ihre Rechnungen im Ausland in Schweizer Franken stellen zu können
- Ebenfalls beträchtliche 24% geben an, die Preise im Ausland bei der Aufwertung des Schweizer Frankens erhöhen zu können
- Lediglich 5% der befragten Unternehmen treffen keine Massnahmen.
„Diese Unternehmen haben ihre Hausaufgaben gemacht und verfügen über einen Konkurrenzvorteil, der es ihnen erlaubt, die Kosten der Frankenstärke zum Teil auf die Kunden im Ausland zu verlagern,“ erklärt Dr. Paul Ammann, Studienverantwortlicher auf Seite der Berner Fachhochschule.
Spannend erscheint, dass 88% der Unternehmen in der Vergangenheit stark oder mittel vom konjunkturellen Risiko betroffen waren und sogar 83% der Unternehmen ein Wachstum oder Gleichbleiben des konjunkturellen Risikos vorhersagen. Nichtsdestotrotz ergreifen immer noch 23% der Unternehmen keine Massnahmen dagegen. Fast die Hälfte aller befragten Unternehmen versucht über Diversifikation – also Präsenz in den wichtigsten Exportländern – das Risiko zu verkleinern. Andere Unternehmen passen frühzeitig ihre Ressourcen in den entsprechenden Ländern an oder ziehen sich bei konjunkturellen Problemen aus dem betroffenen Land zurück.
„Know-how über Länder- und Branchenrisiken kann entscheidend sein für den Geschäftserfolg“, ist Stefan Ruf, CEO Euler Hermes Schweiz, überzeugt. „Ein Outsourcen an einen spezialisierten Drittpartner lohnt sich. Euler Hermes analysiert die Länder- und Brancherisiken kontinuierlich und stellt die Informationen seinen Kunden zur Verfügung“, meint Ruf.
55% der Unternehmen war stark oder Mittel vom Delkredere-Risiko/Kreditrisiko (Zahlungsunfähigkeit oder –unwilligkeit von Kunden im Ausland) betroffen. Bei 25% der antwortenden Unternehmen haben Kunden aus dem Ausland Rechnungen nicht bezahlt und 10% gaben an, wegen unbezahlten Aufträgen aus dem Ausland sogar mit Liquiditätsproblemen konfrontiert gewesen zu sein. Unternehmen versuchen durch Vorauszahlungen, Anzahlungen, Akkreditiven und reine Bonitätsabklärungen das Risiko zu minimieren. Garantien, Kreditversicherungen und Inkasso durch Drittunternehmen werden im Vergleich nur selten eingesetzt.
Verschiebung der Zielmärkte für Exporte prognostiziert
Interessant ist auch, wie Schweizer Unternehmen die Entwicklung der Exportmärkte einschätzen. Unternehmen gehen davon aus, dass Exporte in die USA, China und in die Golfstaaten zunehmen werden. „Dies ist im Sinne der Risikoverteilung die richtige Strategie,“ ist Dr. Paul Ammann von der Berner Fachhochschule überzeugt. „Somit kann zumindest teilweise der rückläufige EU-Export kompensiert werden“, ergänzt Stefan Ruf von Euler Hermes weiter. Auf der anderen Seite prognostizieren Schweizer Exportfirmen eine rückläufige Entwicklung der Exporte in den EU-Raum. Ludovic Subran ist überzeugt: „Es wird nicht einfach werden, die abnehmenden Exporte in den EURaum zu kompensieren und neue Märkte zu erschliessen. Es braucht eine langfristige Strategie und Struktur vor Ort.“
Wirtschaftliches Umfeld Schweiz für Schweizer Exportfirmen & Prognose Euler Hermes
Euler Hermes prognostiziert einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 5% im Vergleich zu 2014. Die Insolvenzen dürften weiter steigen im 2016 und erst Ende Jahr werden die Exporte wieder erstmals wachsen. „Schweizer Firmen wissen worauf es ankommt – nichtsdestotrotz müssen sie investieren, um die hohen Preise von Swissmade-Produkten zu rechtfertigen. Sie müssen im europäischen Raum Partner ausfindig machen, um günstig einzukaufen,“ sagt Subran.
Absicherungsmassnahmen und Informationskanäle
Die Umfrage hatte auch das Ziel herauszufinden, welche Ereignisse bewirken, dass Unternehmen mehr Absicherungsmassnahmen gegen Risiken treffen. Dabei wird ersichtlich, dass am häufigsten ein Margenrückgang oder Debitorenverluste im Ausland Unternehmen dazu bewegen, präventiv zu handeln und die anstehenden Risiken abzusichern. Im Rahmen der Umfrage wurde ebenfalls eruiert, wie Schweizer Exportunternehmen sich in der heutigen Informationsflut informieren. Interessant dabei ist, dass Vertriebspartner in Exportländer und interne Quellen als häufigste Informationsquellen von Unternehmen angegeben werden. Die meist genutzten Informationskanäle um Exportrisiken abzudecken, sind dabei Medien & Websites. „Spezialisierte Drittpartner, die in den Exportländern vor Ort präsent sind, werden selten eingesetzt. Dabei vernachlässigen Unternehmen die Gefahr, aufgrund falscher oder ungenügender Informationen die falschen Strategien und Massnahmen zu treffen. Vertiefte Länder- und Branchenkenntnisse sowie lokale Inkassokenntnisse sind Gold wert für exportierende Unternehmen, “ erläutert Stefan Ruf.
Regelmässige Überprüfung der Absicherungsmassnahmen auf GL-Ebene entscheidend
Bei den Absicherungsmassnahmen fällt auf, dass die am häufigsten genannten das Einverständnis des Kunden im Ausland voraussetzen: Absicherungsmassnahmen wie «Vorauszahlung» (35%), «Rechnungsstellung in Schweizer Franken» (28%) und das «Akkreditiv» (8%) können nur in Absprache mit dem Kunden eingesetzt werden. „Langfristig betrachtet ist es wichtig, dass die Schweizer Exportunternehmen den Einsatz der Absicherungsmassnahmen überdenken: Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass in einigen Jahren die Kunden nicht mehr bereit sein werden für eine Vorauszahlung, weil in vielen Bereichen neue Konkurrenten – z.B. chinesische Maschinenhersteller – mit ähnlich guten Produkten auftreten werden,“ ist Ammann überzeugt.
„Der Einsatz von Absicherungsmassnahmen ohne Einbezug der Kunden, d.h. eine kundenfreundliche Risikoabsicherung, kann damit zu einem entscheidenden Konkurrenzvorteil werden“, ergänzt Ruf. „Bei vielen als bedeutend eingeschätzten Risiken haben erstaunlich viele Unternehmen geantwortet, keine Absicherungsmassnahmen zu ergreifen. Es ist wichtig, dass die Schweizer Unternehmen das Risikomanagement auf strategischer Ebene positionieren, proaktiv mit den Risiken umgehen und die Risikoabschätzung und der Einsatz der Absicherungsmassnahmen regelmässig auf Geschäftsleitungsebene überprüfen,“ schlussfolgert Ammann.
Angaben zur Umfrage
Zum ersten Mal wurden in der Schweiz alle Exportrisiken tiefgehend analysiert und die Unternehmen nach den Absicherungsmassnahmen befragt. Im Fokus stand nicht wie üblich nur das Währungsrisiko. Ziel ist es, exportierenden Unternehmen eine Vergleichsplattform zu liefern und sie bei der Absicherung der Risiken zu unterstützen resp. Optimierungspotentiale aufzuzeigen. Abgefragt wurden alle mit Export zusammenhängenden Risiken: Währungsrisiko, konjunkturelles, politisches und interkulturelles Risiko, Delkredere- und Sicherheitsrisiko sowie auch das Risiko ungenügender
Rechtssicherheit. Die grosse Mehrheit der befragten Unternehmen sind KMU mit 10-250 Mitarbeitern. Es wurden ausschliesslich exportierende Unternehmen befragt, die entweder Investitions- oder Standardgüter herstellen, im Kundenspezifischen Projektgeschäft tätig sind, im Handel oder Dienstleistungen verkaufen. Weitere Informationen unter www.ti.bfh.ch/exportrisiko_monitor erhältlich
Euler Hermes
ist weltweiter Marktführer im Kreditversicherungsbereich und anerkannter Spezialist in den Bereichen Kautionen, Garantien und Inkasso. Das Unternehmen verfügt über mehr als 100 Jahre Erfahrung und bietet seinen Business-to-Business(B2B)-Kunden Finanzdienstleistungen an, um sie im Liquiditäts- und Forderungsmanagement zu unterstützen. Über das unternehmenseigene Monitoringsystem wird täglich die Insolvenzentwicklung kleiner, mittlerer und multinationaler Unternehmen verfolgt und analysiert, die in Märkten tätig sind, auf die 92% des globalen BIP entfallen. Das Unternehmen mit Sitz in Paris ist in mehr als 50 Ländern vertreten und beschäftigt über 6’000 Mitarbeiter. Euler Hermes ist eine Tochtergesellschaft der Allianz und ist an der Euronext Paris kotiert (ELE.PA). Sie wird von Standard & Poor’s und Dagong Europa mit einem Rating von AA- bewertet. 2014 wies das Unternehmen einen konsolidierten Umsatz von EUR 2,5 Milliarden aus und versicherte weltweit Geschäftstransaktionen im Wert von EUR 860 Milliarden. Euler Hermes Schweiz beschäftigt rund 50 Mitarbeitende an ihrem Hauptsitz in Wallisellen und den weiteren Standorten in Lausanne und Lugano.