Ex-Anwalt von US-Präsident räumt vor Gericht Lüge ein
Washington – US-Präsident Donald Trump muss sich in der Russland-Affäre einmal mehr mit schlechten Nachrichten herumschlagen. Sein langjähriger Vertrauter und Anwalt Michael Cohen gab am Donnerstag vor einem Gericht in New York zu, den Kongress bei dessen Russland-Ermittlungen über einen geplanten Immobiliendeal Trumps in Moskau angelogen zu haben – aus Loyalität zu Trump. Ausserdem räumte er ein, mit einem Kontakt im Kreml über das Bauprojekt gesprochen zu haben.
Trump bezeichnete Cohen daraufhin als Lügner, der auf eine geringere Strafe hoffe. Wenig später sagte er ein geplantes Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin beim G20-Gipfel ab und begründete dies mit den Spannungen zwischen Russland und der Ukraine.
Cohen kooperiert in der Russland-Affäre mit Sonderermittler Robert Mueller, der untersucht, ob es bei den mutmasslichen Versuchen russischer Einflussnahme auf den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 geheime Absprachen zwischen dem Trump-Lager und Vertretern Russlands gab.
Der «Ausputzer»
Cohen hatte 2006 bei der Trump-Organisation angefangen, zuletzt war er Vizepräsident des Unternehmens. Der 52-Jährige galt Trump gegenüber lange als loyal und wurde immer wieder als dessen «Ausputzer» beschrieben. Das änderte sich im Sommer, als er Trump in der Schweigegeldaffäre um den Pornostar Stormy Daniels in Bedrängnis brachte.
Falsche Angaben über Dauer von Bauplänen in Moskau
Am Mittwoch bekannte Cohen sich vor Gericht schuldig, gegenüber zwei Untersuchungsausschüssen im Kongress falsche Angaben gemacht zu haben. Dabei geht es um den geplanten Bau eines Trump-Towers in Moskau, der letztlich nicht zustande kam. Bisher Cohen hatte erklärt, die Pläne für das Apartmenthaus seien im Januar 2016 aufgegeben worden – also noch vor der ersten Abstimmung im Vorwahlkampf der Republikaner.
Nun räumte er ein, noch bis ungefähr Juni 2016 versucht zu haben, eine Genehmigung der russischen Behörden für das Bauprojekt zu erhalten. Seine Bemühungen liefen also in der kritischen Phase von Trumps Wahlkampf weiter, während der sich der Unternehmer als Kandidat der Republikaner herauskristallisierte. Cohen erklärte zudem, dass er bei mehr als drei Gelegenheiten mit Trump über den Status des Vorhabens gesprochen habe und auch Mitglieder von dessen Familie darüber informiert habe.
Um den Immobiliendeal zu arrangieren, suchte Cohen nach eigenen Angaben den Kontakt zum Sprecher von Wladimir Putin, Dmitri Peskow. Bisher hatte er angegeben, keine Antwort erhalten zu haben. Nun erklärte er, mit Peskows Assistentin telefoniert zu haben. Er habe um Hilfe dabei gebeten, Bauland zu bekommen und den Bau zu finanzieren. Cohen gab zudem zu, dass er eine Reise nach Russland geplant und auch mit Trump darüber gesprochen habe, dass dieser ebenfalls einen Trip in das Land unternehmen solle. Auch soll Peskow Cohen zu einer Konferenz in St. Petersburg eingeladen haben, mit dem Angebot, dort möglicherweise Putin zu treffen.
Loyalität – (fast) bis zum Ende
Vor Gericht erklärte Cohen nun, er habe die falschen Angaben gemacht, damit diese zu Trumps politischen Botschaften passen – und um sich ihm gegenüber loyal zu verhalten. Er habe verfolgt, wie Trump 2017 wiederholt bestritten habe, geschäftliche oder politische Beziehungen zu Russland zu haben.
Trump rechtfertigt Vorgehen
Sowohl Trumps als auch Cohens Reise kamen letztendlich nicht zustande. Am 14. Juni traf Cohen sich nach eigenen Worten mit einem Geschäftspartner in der Lobby des Trump Tower und sagte ihm, dass er nicht nach Russland reisen werde. Auch der Deal selbst soll in diesem Zeitraum begraben worden sein. Warum? Das ist nicht ganz klar.
Trump selbst sagte vor seinem Abflug zum G20-Gipfel nach Buenos Aires, er habe entschieden, den Deal nicht einzugehen. «Der vorrangige Grund war sehr einfach: Ich habe mich darauf konzentriert, für die Präsidentschaft zu kandidieren.» Er betonte, selbst wenn er das Projekt in Moskau verwirklicht hätte, wäre das nicht verwerflich gewesen. Nichts spreche dagegen, als Kandidat vor einem Wahlsieg weiter Geschäfte zu machen.
Trumps «Salami-Taktik»
Tatsächlich ist es nicht illegal, als Kandidat mögliche Deals im Ausland auszuloten. Die Entwicklungen werfen dennoch Fragen zu Aussagen von Trump während des Wahlkampfs auf. Er hatte wiederholt bestritten, geschäftliche Verbindungen nach Russland zu haben. So schrieb er etwa am 26. Juli auf Twitter: «Fürs Protokoll, ich habe NULL Investitionen in Russland.» Einen Tag später erklärte er auf einer Pressekonferenz, er habe ein «grossartiges Unternehmen», aber nichts mit Russland zu tun.
Wie schon in der Schweigegeldaffäre um Pornodarstellerin Stormy Daniels kommen auch im Fall des Trump-Towers erst nach und nach Details ans Licht. Cohen hatte im August eingeräumt, dass er während des Wahlkampfes im Auftrag von Trumps Schweigegeld an Daniels und eine andere Frauen gezahlt habe, damit diese nicht über angebliche Affären mit dem Unternehmer auspacken. Trump und sein Umfeld hatten in den Monaten zuvor verschiedene Darstellungen zu der Zahlung an Daniels verbreitet.
Trump und sein Anwaltsteam schickten in der vergangenen Woche Antworten auf Fragen Muellers an den Sonderermittler. Unklar ist, ob und in welchem Mass es dabei auch um den geplanten Immobiliendeal in Moskau ging – und ob sich Trumps Aussage von Cohens nun öffentlich gewordener Darstellung unterscheidet. Trumps Anwalt Rudy Giuliani sagte der «New York Times», der Präsident habe gegenüber Mueller angegeben, von dem Vorschlag für das Bauprojekt gewusst und diesen mit Cohen diskutiert zu haben, bevor der Plan in sich zusammengefallen sei. Giuliani sagte der Zeitung, die Ermittler hätten bestimmte Details nicht angesprochen, etwa wie lange das Projekt noch vorangetrieben worden sei, und dass Trump diese Details nicht von sich aus genannt habe. (awp/mc/pg)