Zürich – Sowohl in Europa als auch in den Vereinigten Staaten gingen die Umsätze und Gewinne der jeweils 300 grössten Unternehmen im ersten Halbjahr dieses Jahres zurück: Europas Top-Konzerne verzeichneten insgesamt einen Umsatzrückgang um 4,6 Prozent, der Gesamtgewinn brach sogar um 9,6 Prozent ein. In den USA fiel der Gewinnrückgang mit minus 3,5 Prozent deutlich geringer aus. Die Umsätze der Top 300 US-Konzerne sanken mit 0,4 Prozent ebenfalls weniger stark als in Europa.
Der Hauptgrund für den Umsatz- und Gewinnrückgang auf beiden Seiten des Atlantiks waren die niedrigen Öl- und Rohstoffpreise. So verzeichneten die europäischen Öl- und Gaskonzerne einen Umsatzrückgang um 23 Prozent, die Gewinne brachen sogar um knapp die Hälfte ein (48 Prozent). Aber auch andere Branchen waren im ersten Halbjahr in Europa auf Schrumpfkurs – etwa die Energieversorger, deren Umsatz um knapp sieben Prozent sank, der Lebensmittelhandel (minus zwei Prozent), Telekommunikationsanbieter (minus 1,4 Prozent) oder Lebensmittelhersteller (minus 0,8 Prozent). Sehr gut entwickelten sich hingegen die europäischen Unternehmen des Gesundheitssektors (plus 16,2) Prozent, der Medienwirtschaft (plus 12,2 Prozent) und der IT-Branche (plus 7,2 Prozent).
Insgesamt erwirtschafteten die Top-Unternehmen Europas einen Umsatz von 3,25 Billionen Euro bei einem operativen Gewinn von 272 Milliarden Euro, die US-Konzerne kamen auf umgerechnet 4,15 Billionen Euro Umsatz und 483 Milliarden Euro Gewinn.
Die US-Konzerne leiden zwar auch unter der abflauenden Weltkonjunktur, sie konnten aber den Umsatz- und Gewinnrückgang in Grenzen halten und weiter deutlich profitabler sein als die europäische Konkurrenz: Im Durchschnitt lag die Gewinnmarge der US-Konzerne im ersten Halbjahr bei 11,6 Prozent, während die europäischen Unternehmen nur auf eine Marge von 8,4 Prozent kamen. Margen von zehn Prozent oder mehr schafften im ersten Halbjahr in den USA zehn von sechzehn Branchen – in Europa waren es nur sieben.
Dies- und jenseits des Atlantiks bleibt Apple das Mass aller Dinge: Mit einem operativen Gewinn von umgerechnet 38,2 Milliarden USD machte der iPhone-Hersteller mehr Gewinn als die fünf gewinnstärksten europäischen Unternehmen zusammen.
Schweizer Unternehmen weiterhin umsatzstark
Die Zahl der Schweizer Unternehmen im europäischen Top-300-Ranking stieg im Vergleich zum Vorjahr von 22 auf 23. Sie entwickelten sich mit einem Umsatzplus von 9,5 Prozent deutlich besser als die europäische Konkurrenz, musste jedoch einen Gewinnrückgang zum Vergleichszeitraum vom Vorjahr von 3,5 Prozent verschmerzen. Wobei 14 Unternehmen ihren Gewinn zwar erhöhen konnten, jedoch bei der durchschnittlichen Gewinnmarge einen leichten Rückgang von 11,4 auf immerhin noch 10,7 Prozent erfuhren. Bei allen 23 Schweizer Unternehmen zusammen sank die durchschnittliche Gewinnmarge von 10,6 auf 9,1 Prozent, wobei die Schweiz im europäischen Gewinnmarge-Ranking trotzdem auf Platz 2 – hinter Russland – landete.
Unter den zehn umsatzstärksten Unternehmen Europas finden sich mit Glencore (5. Platz) und Nestlé (9. Platz) zwei Schweizer Unternehmen. Beim Gewinn liegt der Pharmakonzern Roche mit einem operativen Gewinn von 7,4 Milliarden Euro in Europa auf dem ersten Platz, vor der Deutschen Telecom und vor Nestlé, die mit 6,1 Milliarden Euro auf Platz drei der gewinnstärksten europäischen Unternehmen landete.
Unruhige Zeiten: Kostensenkungen und Zukäufe
Nachdem in der ersten Jahreshälfte 39 Prozent der im Ranking gelisteten Schweizer Grosskonzerne sinkende Umsätze verzeichneten, dürfte die Situation auch in den kommenden Monaten schwierig bleiben, erwartet Stalder. «Wir befinden uns mitten in der 4. Industriellen Revolution, in der Transformation von einer analogen, physischen in eine digitale Welt. Diese ist zudem geprägt von wachsender Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Eine Entwicklung, die punktuell durch Ereignisse wie den Brexit, die Syrienkrise oder die Präsidentschaftswahlen in den USA verstärkt wird, was wiederum einen schwächenden Einfluss auf die europäische und Schweizer Wirtschaft hat», erklärt Stalder. «Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Schweiz ihre politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter verbessert. Die Geschäftsleitungen müssen sich dem Wandel nicht nur stellen, sondern ihre Unternehmen proaktiv umstrukturieren und es sich zum Ziel setzen, in der jeweiligen Branche eine Vorreiterrolle einzunehmen, um die Schweizer Wirtschaft und ihre Unternehmen zu stärken und fit für die Zukunft zu machen.»
Stalder rechnet damit, dass die Unternehmen einerseits weiter an ihrer Effizienz und Flexibilität arbeiten und auf Kostensenkungen setzen werden. Andererseits werden die Konzerne nach seiner Einschätzung weiter massiv in die Sicherung ihrer zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit investieren: «Viele grosse Schweizer Konzerne arbeiten derzeit an einer grundsätzlichen Neuausrichtung ihres Geschäfts, die bis zur radikalen Abspaltung ganzer Bereiche oder zu Akquisitionen führen kann. Neue Wettbewerber und ein rasanter Wandel durch neue Technologien und regulatorische Vorgaben zwingen die Unternehmen dazu, ihre Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen und sich neu zu formen.»
USA dominieren IT-Sektor
Die anhaltende – und sich zuletzt weiter verschärfende – Margenschwäche der europäischen Konzerne sei auch auf strukturelle Probleme zurückzuführen, sagt Stalder: «Europa leidet nach wie vor unter einem erheblichen Übergewicht der sogenannten Old Economy».
47 Prozent der Top-300-Unternehmen entstammen den klassischen Industriebranchen wie Maschinen- und Anlagebau, Elektroindustrie, Automobilbau sowie Öl- und Rohstoffgewinnung. In den USA liegt der Anteil dieser Branchen bei nur 29 Prozent. Dafür haben in den USA der Dienstleistungs- und der IT-Sektor mit zusammen 25 Prozent ein erheblich grösseres Gewicht als in Europa (12 Prozent).
Vor allem in der IT-Branche hinkt Europa hinterher: Gerade einmal 14 IT-Unternehmen können sich im europäischen Top-300-Ranking platzieren – in den USA sind es 33. Noch deutlicher ist der Abstand beim Umsatz: Die europäischen IT-Konzerne erwirtschafteten im ersten Halbjahr 2016 insgesamt 92 Milliarden Euro, die US-amerikanischen IT-Konzerne kommen hingegen auf einen Gesamtumsatz von umgerechnet 575 Milliarden Euro. «Die USA geben im IT-Sektor den Ton an. Unternehmen wie Apple, Google und Microsoft sind hoch profitabel und treiben die Digitalisierung der Wirtschaft und aller Lebensbereiche mit Macht voran. Als Gestalter dieses technologischen Wandels spielen europäische Konzerne hingegen eine unterproportionale Rolle», beobachtet Stalder.
Über die Studie «Top 300 Unternehmen Europa – USA»
Die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hat für diese Studie die Bilanzzahlen der jeweils 300 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen in Europa und den USA (ohne Banken und Versicherungen) analysiert. Die Zahlen beziehen sich jeweils auf das erste Halbjahr des aktuellen Geschäftsjahres. (EY/mc/ps)
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