EY Thesenpapier: KI-generierte Inhalte im Wandel – zwischen Fortschritt und Ermüdung

EY Thesenpapier: KI-generierte Inhalte im Wandel – zwischen Fortschritt und Ermüdung
Adrian Ott, Chief AI Officer bei EY in der Schweiz. (Foto: EY)

Zürich – Large Language Models haben die Art und Weise, wie Inhalte produziert und konsumiert werden, grundlegend verändert. Doch während beispielsweise Unternehmen und Blogger verstärkt auf KI-generierte Inhalte setzen, zeigt sich eine zunehmende Müdigkeit gegenüber dieser automatisierten Datenflut. Gleichzeitig ist die Künstliche allgemeine Intelligenz (Artificial General Intelligence, AGI), die jede intellektuelle Aufgabe mindestens gleich gut wie ein Mensch bewältigen kann, in greifbare Nähe gerückt. Trotzdem haben Unternehmen Mühe, ihre internen Systeme und ihre Datenqualität auf diese Situation vorzubereiten.

Spätestens nach dem Erscheinen von kostengünstigen Open-Weight Modellen wie DeepSeek gibt es Anzeichen, dass es auch für die Schweiz noch nicht zu spät ist, sich im Wettlauf nach intelligenten KI-Modellen erfolgreich zu positionieren. Mit dem Erfolg der kleinen KI-Modelle ist es realistisch anzunehmen, dass bald auch in der Schweiz ein hochmodernes KI-Modell entwickelt wird.

Das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen EY Schweiz beleuchtet mit dem zweiten Thesenpapier in drei Thesen die nahe Zukunft der Künstlichen Intelligenz.

These 1: KI-Inhaltsmüdigkeit nimmt zu

Die digitale Landschaft zeigt klare Anzeichen von Inhaltserschöpfung. Nutzer werden zunehmend geübter darin, KI-generierte Inhalte an ihren vorhersehbaren Mustern und dem übermässig polierten Ton zu erkennen, wie an zu glatten Formulierungen, generischen Aussagen oder der fehlenden Tiefe. Inhalte, die zwar gut strukturiert, aber ohne echte menschliche Perspektive sind, verlieren an Relevanz. Viele dieser Artikel bieten nicht viel mehr als neu verpackte Informationen und bringen selten neue Aspekte in die Diskussion ein.

Unternehmen, die KI nutzen, programmieren ihre KI-Agenten oft so, dass sie eine glatt polierte Unternehmenssprache verwenden, um mögliche Kontroversen zu vermeiden. Obwohl mit der richtigen Technik diese Hürden teilweise überwunden werden können, gibt es heute eine Flut von Inhalten, die steril und von menschlicher Erfahrung losgelöst wirken.

Adrian Ott, Partner und Chief Artificial Intelligence Officer bei EY Schweiz, sagt dazu: «Die Nutzer fühlen sich zunehmend zu authentischen menschlichen Perspektiven hingezogen, um den Kontext und die Person hinter Meinungen zu verstehen. Der Anstieg an KI-generierten Inhalten hat es schwieriger denn je gemacht, originelle Ansichten zu finden.»

Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass viele Nutzer nach alternativen Informationsquellen suchen. Interviews, Podcasts und traditionelle Medienformate erleben eine Renaissance, da sie eine authentischere Auseinandersetzung mit Themen ermöglichen und tendenziell mehr Transparenz zum Ursprung von Meinungen zulassen. Das zeigt, dass zumindest zum heutigen Zeitpunkt KI-Techniken zwar effizient Inhalte erstellen können, jedoch nicht das menschliche Bedürfnis nach echten Einsichten und individuellen Perspektiven ersetzen.

KI-Einsatz mit (menschlichem) Augenmass

Wenn die KI mit Bedacht als Redaktions- und Qualitätskontrollinstrument eingesetzt wird, kann sie die menschliche Kreativität eher unterstützen als ersetzen. Bei der Erstellung eines neuen Artikels mit KI gibt es mittlerweile eine Reihe von Möglichkeiten, mit denen überflüssiger Fachjargon und KI-Schreibstile vollständig entfernt werden können, so dass der Inhalt frisch und gut lesbar bleibt und die Autoren sich auf ihre ursprünglichen Gedanken konzentrieren können. Um die Interaktion zwischen Mensch und KI ist ein ganzer Wissenschaftszweig (Human-AI Interaction, «HAX») entstanden, der diese Verbindung untersucht und Wege für die Zukunft aufzeigt.

These 2: Unternehmensdaten bleiben eine Herausforderung für die Künstliche allgemeine Intelligenz (AGI)

Die Künstliche allgemeine Intelligenz (AGI) übertrifft in der Theorie den Menschen in vielen kognitiven Fähigkeiten, doch ihre Integration in Unternehmen bleibt eine Herausforderung. Denn Unternehmenswissen basiert auf in Jahrzehnten angesammelter Daten, Prozesse und Know-how, das oft nur direkt bei den erfahrenen Mitarbeitenden vorhanden ist. «Der Traum, alle Unternehmensdaten in eine AGI zu laden, die sofort den Überblick über das Unternehmen gewinnt, wird wahrscheinlich nicht wie erwartet funktionieren», sagt Ott. «Die Frage ist nicht nur, wann AGI ankommt, sondern auch, wie lange es dauern wird, sie sinnvoll in unsere Geschäftswelt zu integrieren.»

Das Trainieren von KI-Systemen auf einem komplexen Netz von Unternehmensinformationen ist nicht nur technisch herausfordernd, sondern auch kostspielig. Datenschutzbedenken und regulatorische Hürden erschweren den Prozess zusätzlich. «Unternehmen müssen sicherstellen, dass sensible Informationen nicht in neuronale Netzwerke gelangen, da diese nicht vergessen können, was sie einmal gelernt haben», fügt Ott hinzu.

Statt einer plötzlichen Revolution ist eher mit einer schrittweisen Entwicklung bei der Integration von Künstlicher Intelligenz in betriebliche Abläufe zu rechnen. Der Erfolg dieses Übergangs wird nicht daran gemessen werden, wie schnell Unternehmen KI-Systeme einsetzen können, sondern daran, wie effektiv sie sie in ihre bestehenden Abläufe integrieren und dabei Zuverlässigkeit und Vertrauen bewahren können.

These 3: Effiziente neue KI-Modelle werden den Energieaufwand reduzieren

Ein weiteres grosses Thema im Bereich der KI-Produktivität ist der immense Energieaufwand, den moderne Sprachmodelle benötigen. Grosse KI-Modelle, wie sie von Tech-Giganten entwickelt werden, erfordern enorme Rechenkapazitäten und verursachen einen entsprechend hohen Stromverbrauch. Dies hat dazu geführt, dass immer mehr Forscher und Unternehmen nach effizienten KI-Modellen suchen, die mit weniger Ressourcen auskommen und trotzdem mit der Intelligenz der grossen Modellen mithalten können.

Neue KI-Modelle, wie das in China entwickelte DeepSeek, zeigen, dass leistungsfähige Sprachmodelle auch mit einem Bruchteil der bisherigen Ressourcen trainiert werden können. Dies wirft die Frage auf, ob die Notwendigkeit riesiger, energieintensiver KI-Systeme in Zukunft überholt sein könnte.

In der Praxis wird sich die KI-Landschaft wohl entlang zweier Linien entwickeln: Einerseits leistungsstarke, selbstlernende Modelle, die den heutigen Wissensstand der Menschheit stark erweitern und neue Erkenntnisse erforschen. Und andererseits effizientere, kompaktere Modelle für den alltäglichen Einsatz, welche das neu generierte Wissen kostengünstig zur Verfügung stellen. Unternehmen stehen vor der Entscheidung, ob sie selbst in ihrem Spezialbereich in umfassende, energieintensive KI-Modelle investieren sollen, oder auf kostengünstige Modelle mit breitem Wissensstand setzen.

«Beim Wettlauf um die Verbesserung der KI-Fähigkeiten geht es nicht nur darum, bestehendes Wissen korrekt anzuwenden – es geht darum, die Grenzen unseres heutigen Wissens zu erweitern», erklärt Ott.

Fazit: die Mensch-KI-Partnerschaft

Es zeigt sich eine wachsende Ermüdung gegenüber KI-generierten Inhalten. In einer Zeit von Informationsüberflutung und KI-Bots ist Authentizität und Transparenz über die Herkunft von Meinungen und Wissen wieder mehr gefragt.

Gleichzeitig sollten sich selbst zurückhaltende Unternehmen, die allenfalls schon Misserfolge mit KI-Lösungen erfahren haben, auf die exponentiellen Weiterentwicklungen vorbereiten und heute schon sicherstellen, dass ihre Daten, Prozesse und internen Strukturen den rasanten Entwicklungen gewachsen sind. Und für hochspezialisierte Unternehmen, die bisher die Entwicklung von eigenen KI-Modellen aus Kostengründen nicht in Betracht gezogen haben, stellt sich nach dem Erfolg von leistungsstarken und günstigeren Modellen wie DeepSeek die Frage, ob eine spezialisierte Eigenentwicklung doch zu einem beträchtlichen Wettbewerbsvorteil und zu Unabhängigkeit von Drittanbietern und anderen Ländern führen könnte. (EY/mc/ps)

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