Fachkräftemangel mit Investitionen in die eigenen Mitarbeitenden bekämpfen
Von Alain Badoux, Area VP Schweiz bei ServiceNow
Der akute Fachkräftemangel macht Schweizer Unternehmen immer mehr zu schaffen. Laut einer aktuellen Studie von WTW erwarten 72 Prozent1 von ihnen, dass sie in diesem Jahr Probleme haben werden, Top-Talente zu akquirieren – das sind fast 2,5 Mal mehr als im Jahr 2020.
Die Gründe dafür sind gut nachvollziehbar, Unternehmen haben während der Pandemie ihre Prozesse digitalisiert und dadurch die Nachfrage nach genau derselben Art von Spezialisten in praktisch allen Industriezweigen in die Höhe schnellen lassen. Branchen wie das Gesundheitswesen und der Finanzdienstleistungssektor, deren Personalsuchen sich normalerweise kaum überschneiden, konkurrieren nun um dieselben Fachkräfte
Das hatte dramatische Auswirkungen auf dem Arbeitsmarkt: Im ersten Quartal 2022 blieben mehr als 100’000 Stellen2 unbesetzt und die Nachfrage nach Talenten wird in den nächsten Jahren voraussichtlich weiter ansteigen. Zugleich wächst die Nachfrage der Verbraucher nach erstklassigen digitalen Kundenerlebnissen. Unternehmen möchten zwar investieren, um ihre Kunden zufriedenzustellen, doch es gestaltet sich zunehmend schwierig, digitale Projekte umzusetzen.
Was ist also zu tun?
Vielleicht ist es für Schweizer Arbeitgeber an der Zeit, in sich zu gehen und sich auf ihre wichtigsten Assets zu konzentrieren – ihre bestehenden Mitarbeitenden. Denn möglicherweise gibt es einen Weg, beide Herausforderungen zugleich anzugehen.
Ein genauerer Blick auf die Dynamik am Arbeitsplatz
Während der Pandemie verwischten die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben. Das hatte für viele Arbeitenden auch negative Konsequenzen. In einer Online-Befragung von BMC Public Health3 gaben 30 Prozent der Arbeitnehmer an, dass sowohl ihr Privat- als auch ihr Berufslehen sich verschlechtert hatte, weil sie mit einer höheren Arbeitsbelastung und gleichzeitig mit mehr Betreuungsaufgaben konfrontiert waren.
Veraltele IT-Systeme behinderten die Arbeitenden während des Lock downs zusätzlich, trugen zur ihrer Überlastung bei und gaben ihnen ein Gefühl der Hilflosigkeit und der mangelnden Anerkennung. Die Folge war eine Art gewisse «Resignation» bei Schweizer Unternehmen. Sie laufen nun Gefahr, bei der Bereitstellung innovativer digitaler Kundenerlebnisse in Verzug zu geraten. «Resignation» ist jedoch nicht angesagt.
Die Ansprüche der Mitarbeitenden in diesem Bereich werden mit der Zeit noch steigen. Um das Schlimmste zu verhindern und ihre Mitarbeiter leistungsfähig und zufrieden zu halten, sollten Unternehmen die Mitarbeitererfahrung in das «Hier und Jetzt» bringen.
Bessere Mitarbeitererlebnisse- wie soll das gelingen?
Nehmen wir als Beispiel das Schweizer Versicherungsunternehmen Baloise Group (Basler Versicherungen); Einer ihrer B2B-Kunden ist ein globales Pharmaunternehmen mit 150 Logistikzentren weltweit; das Versicherungsvolumen der versendeten Waren liegt bei fast 60Milliarden CHF pro Jahr, Wenn Sendungen beschädigt werden, löst dies eine Schadenabwicklung aus, die bis vor kurzem über Papierformulare, Telefongespräche und E-Mails abgewickelt wurde.
Durch die Entwicklung eines massgeschneiderten Schadenportals mit einem verschlankten Arbeitsablauf beseitigte die Baloise langwierige manuelle Prozesse und digitalisierte den Schadenprozess für diesen Kunden durchgängig.
Das neue Portal ermöglicht es nun Kunden, Dokumente und Bilder ein fach hochzuladen, während die Baloise-Mitarbeitenden die Schadenfälle innerhalb von Stunden statt Tagen bearbeiten können. Sie können sich nun auf höherwertige Aufgaben konzentrieren, die den Kunden besser dienen. Auf diese Weise stieg nicht nur die Arbeitszufriedenheit der Baloise-Angestellten, sondern auch ihre Gesamtproduktivität.
Die richtigen Fragen an die Mitarbeitenden führen zum Ziel
Das Beispiel der Baloise Group zeigt, dass Investitionen in die Optimierung der Mitarbeiter-Experience ein Garant dafür sind, Mitarbeiter zu halten und neue hinzuzugewinnen. Das bestätigt auch die Studie «The Future of Digital»4 von ServiceNow: Die befragten Unternehmen konnten auf diese Weise ihre Arbeitgeberattraktivität, das Mitarbeiterengagement und die Kundenbindung um mehr als 50 Prozent erhöhen.
In diesem Kontext empfiehlt es sich, wichtige Mitarbeiterprozesse kritisch zu überprüfen. Verfügen neue Mitarbeitende bereits beim Onboarding über alle wichtigen HR-lnformationen, die sie benötigen? Sind ihre digitalen Arbeitsabläufe darauf ausgelegt, um Kunden schnell helfen zu können?
Die Befragung der eigenen Mitarbeitenden über ihre Probleme und Herausforderungen bei der Erledigung ihrer täglichen Arbeit kann die nötigen Erkenntnisse bringen, um ihre Abläufe so zu optimieren, dass sie Kunden tatsächlich den bestmöglichen Service bieten können.
Vorsprung durch Neugestaltung der Mitarbeitererfahrung
Ein genauerer Blick in die Arbeitsweise der Belegschaft war zum Beispiel entscheidend für die Verbesserung der Mitarbeitererfahrung beim niederländischen Chemieunternehmen Nouryon. Dessen Philosophie besteht darin, die eigenen Angestellten so gut es geht zu befähigen, damit sie intelligenter und effektiver arbeiten können.
Als Nouryon sich von seiner Muttergesellschaft trennte, sah das Unternehmen die Gelegenheit, sich über ein dediziertes Mitarbeiterportal auf die Mitarbeitererfahrung seiner 7’600 Mitarbeitenden starken Belegschaft zu konzentrieren. Dabei fand es heraus, dass sie sich einen einfachen Weg wünschten, um wichtige lnformationen schnell zu finden und Routineaufgaben soweit möglich zu automatisieren. Das Ergebnis: Die Angestellten haben nun eine funktionsreiche Plattform zur Verfügung, die speziell auf sie zugeschnitten ist, und eine um 12 Prozent intensivere Nutzung von Self-Service-Funktionen.
Durch die Einführung des Mitarbeiterportals hat Nouryon nicht nur der eigenen Belegschaft eine bessere Mitarbeitererfahrung verschafft, sondern auch seinen Kunden einen Gefallen gemacht. Da die leistungsstarken Tools dieArbeit der eigenen Mitarbeitenden aufwerten, können diese sich nun besser um die Anliegen ihrer Kunden kümmern.
Die Bedürfnisse von Mitarbeitenden und Kunden überschneiden sich Ähnliche Ergebnisse konnte das deutsche Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim mit einem Portal für seine weltweit 50’000 Mitarbeiter er zielen. Diese können jetzt auf eine globale Plattform zugreifen, die über Landes- und Abteilungssilos hinweg den Benutzern ermöglicht, ihr eigenen Aufgaben, Personalanfragen und Software-Updates zu verwalten. Das hat die Produktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden erheblich verbessert.
Qualifizierte Fachkräfte prüfen heute genau, welche Unternehmen für sie als Arbeitgeber in Frage kommen – ein guter Lohn allein reicht ihnen nicht aus. Sie achten auf die Prozesse und technischen Mittel, die ihnen bei ihrer täglichen Arbeit zur Verfügung gestellt werden, und sie schätzen Technologien, die ihnen das Leben leichter machen. Dazu gehören automatisierte Prozesse ebenso wie Portale, über die sie auf alles zugreifen können, was sie brauchen. Moderne und benutzerfreundliche Technologien verbessern die täglichen Arbeitsabläufe ihrer Mitarbeitenden erheblich und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass sie mehr Fachkräfte gewinnen und auch als zufriedene Mitarbeitende halten können. Mitarbeitende bei Laune, engagiert und leistungsfähig zu halten heisst letztlich, auch Kunden bessere Erlebnisse bieten zu können. (ServiceNow/mc/hfu)
1 Willis Towers Watson. (n.d.). Reimagining Work and Rewards Survey.
2 statistique, O. fédéral de la (2022). Forte hausse de l’emploi et des placcs vacantes au ler trimestre 2022 – Le baromètre de l’emploi au 1er trimestre 2022 I Communiqué de presse.
3 Tusl, M., Brauchli, R., Kerksieck, P. und Bauer, G.F. (2021). Auswirkungen der COVID-19-Krise auf das Arbeits- und Privatleben, das psychische Wohlbefinden und die selbst eingeschätzte Gesundheit bei deut schen und schweizerischen Arbeitnehmern: eine Online-Querschnittsbefragung. BMC Public Health
4 The Future of Digital. (n.d.).