Zürich – 42 Prozent der Rechnungen an Firmenkunden wurden im Jahr 2011 zu spät bezahlt. Der durchschnittliche Verzug betrug dabei 10.3 Tage. Dies ergibt die Analyse des grössten Zahlungserfahrungs-Pools der Schweiz, für den D&B jährlich über 20 Millionen reale Rechnungen auswertet. Beim Zahlungsverhalten sticht besonders die Westschweiz negativ hervor. Es gibt dort einen hohen prozentualen Anteil an Rechnungen, die zu spät bezahlt werden, und auch der Verzug in Tagen ist deutlich über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt.Dies geht aus einer Mitteilung des Bonitätsdienstleisters Dun & Bradstreet (D&B) hervor.
Die besten Zahler der Schweiz sitzen im Kanton Appenzell Innerrhoden, im Schnitt wurden dort die Rechnungen 0.1 Tage vor der Zahlungsfrist bezahlt – ganz im Gegenteil zum Tessin, wo der durchschnittliche Verzug sieben Tage betrug. Verspätete Zahlungen verringern die Liquidität und können im schlimmsten Fall zum Konkurs der eigenen Firma führen. Deswegen müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Rechnungen pünktlich und vollständig bezahlt werden.
Analyse der Zahlungen mit Verzug
D&B analysierte die im Jahr 2011 bezahlten Rechnungen im schweizerischen Business-to-Business-Geschäft. Als Grundlage diente das in der Schweiz und weltweit grösste Zahlungserfahrungs-Programm, für welches D&B alleine in der Schweiz jährlich über 20 Millionen Rechnungen auswertet. Der Anteil der fristgerechten Zahlungen in der Schweiz liegt bei 58 Prozent. Diese Rechnungen werden also innerhalb der vereinbarten Zahlungsfrist beglichen. Das bedeutet, dass 42 Prozent der Rechnungen zu spät bezahlt werden. Hierbei lassen sich grosse kantonale Unterschiede feststellen. Bei der Zahlungsmoral gibt es gemäss der Analyse von D&B einen eindeutigen Röstigraben-Effekt: In sämtlichen französischsprachigen Kantonen werden mehr als die Hälfte aller Rechnungen zu spät bezahlt. Am schlechtesten ist die Zahlungsmoral im Tessin, wo im Jahr 2011 insgesamt 67 Prozent der Rechnungen verspätet beglichen wurden. Somit zahlen Tessiner Unternehmen also nur jede dritte Rechnung fristgemäss.
Auf der nördlichen Seite des Gotthards ergibt sich ein komplett anderes Bild, denn die Urner Unternehmen begleichen nur 23 Prozent der Rechnungen zu spät. Sie bilden zusammen mit Basel-Stadt, Luzern, den beiden Appenzell und Zug die Gruppe der pünktlichsten Zahler der Schweiz.
Zahlungsverzug aller Zahlungen mit Verspätung
Wie oben gezeigt bestehen grosse kantonale Unterschiede im prozentualen Anteil der verspäteten Zahlungen. Doch auch der durchschnittliche Verzug der verspäteten Zahlungen kann je nach Kanton stark abweichen. Im gesamtschweizerischen Durchschnitt weisen diejenigen Rechnungen, die zu spät beglichen werden, einen Zahlungsverzug von 10.3 Tagen auf.
Auch hier sticht gemäss der Untersuchung von D&B wieder das Tessin besonders negativ hervor, beträgt der durchschnittliche Verzug südlich des Gotthards doch satte 14.3 Tage. Die Hälfte aller Kantone weist einen durchschnittlichen Zahlungsverzug von über zehn Tagen auf. Die französischsprachigen Kantone mit der Ausnahme von Freiburg sind durch die grossen Zahlungsverzüge wiederum in der Gruppe der schlechtesten Zahler vertreten.
Die Ostschweiz präsentiert sich demgegenüber als Region mit tiefen kantonalen Werten beim Zahlungsverzug der verspäteten Zahlungen. Mit einem Verzug von 7.2 Tagen ist Appenzell Innerrhoden auch bei dieser Betrachtungsweise auf dem besten Platz.
Zahlungsverzug aller Zahlungen
Aus dem Zahlungserfahrungsprogramm von D&B lässt sich auch der Verzug sämtlicher Zahlungen im Jahr 2011 analysieren. Auf dem ersten Platz liegt Appenzell Innerrhoden. Im Schnitt werden die Rechnungen dort 0.1 Tage vor der Frist bezahlt. Es ist somit der einzige Kanton, dessen Firmen die Rechnungen nicht nach der Fälligkeit bezahlen. In Uri werden die Rechnungen im Schnitt 0.8 Tage zu spät bezahlt, gefolgt von Luzern mit 1.2 Tagen. Unternehmen aus St. Gallen und Nidwalden bezahlen im Schnitt 1.3 Tage zu spät, gefolgt von Glarus mit 1.4 Tagen und Thurgau mit 1.5 Tagen Verzug. Appenzell Ausserrhoden und Schwyz weisen einen Zahlungsverzug von 1.6 Tagen auf. Darauf folgen die Kantone Obwalden, Aargau, Zug, Zürich und Schaffhausen mit 1.7 Tagen. In Bern beträgt der Verzug 2 Tage, gefolgt von Baselland mit 2.1 Tagen, Basel-Stadt mit 2.4 Tagen und Solothurn mit 2.5 Tagen. Die Rechnungen an Firmen aus Freiburg und Graubünden werden im Schnitt 2.8 Tage zu spät bezahlt. Die hintersten Ränge belegen das Wallis mit 3.5 Tagen, Jura mit 3.9 Tagen, Genf mit 4 Tagen, Neuenburg mit 4.2 Tagen und Waadt mit 4.4 Tagen. Tessiner Unternehmen bezahlen gemäss der Analyse von D&B mit einem durchschnittlichen Verzug von 7 Tagen.
Die Analyse sämtlicher im Jahre 2011 bezahlten Rechnungen von Firmen im Inlandgeschäft zeigt ein ähnliches Bild wie die Analyse der verspäteten Zahlungen. Die lateinischen Kantone zahlen ihre Rechnungen später als alle anderen Kantone. Die letzten acht Plätze im Zahlungsverhalten-Ranking von D&B sind denn auch von den französisch-und italienischsprachigen Kantonen sowie von Graubünden belegt. In den kleineren Kantonen der Deutschschweiz werden Rechnungen schneller bezahlt, wobei speziell die Ostschweiz hervorsticht.
Lieferantenkredit als Risikofaktor
Im besten Fall verringern verspätete Zahlungen die eigene Liquidität. Im schlimmsten Fall können ausbleibende Zahlungen bis zum Konkurs der eigenen Firma führen. Deswegen ist es für Firmen von zentraler Wichtigkeit, keine zu grossen Risiken mit ihren Geschäftspartnern einzugehen und genau zu wissen, ob und wie viele Leistungen sie gegen Rechnung erbringen. Denn jedes Mal, wenn eine Zahlungsfrist eingeräumt wird, gewährt der Lieferant seinem Kunden einen Lieferantenkredit: Die Ware oder Dienstleistung ist bereits beim Kunden, das Geld dafür aber noch nicht bezahlt. Das Fachgebiet des Credit Management befasst sich mit der Gestaltung dieser Lieferantenkredite. Im Spannungsfeld zwischen dem Verkauf, der grösstmögliche Umsätze will, und der Finanzabteilung, welche Debitorenverluste minimieren will, legt das Credit Management die Prozesse und Standards fest, um kalkulierte Risiken einzugehen. Und auch kleine Unternehmen können mit wenig Aufwand sehr viel dafür tun, dass ihre Rechnungen pünktlich und vollständig bezahlt werden.
Elf D&B-Tipps gegen Zahlungsverzug ihrer Kunden
- Kennen Sie Ihren Geschäftspartner: Überprüfen Sie, ob es die Firma ihres Partners wirklich gibt. Stimmt der Firmenname und die Adresse, und ist der Vertrag von einer zeichnungsberechtigten Person unterschrieben?
- Nutzen Sie Bonitätsauskünfte: Informieren Sie sich über die Kreditwürdigkeit ihrer neuen und bestehenden Geschäftspartner. Informationen zum Zahlungsverhalten helfen dabei, ein klares und neutrales Bild über die finanzielle Situation zu erhalten.
- Achten Sie auf Auffälligkeiten: Oft wechselnde Bankbeziehungen, ungewöhnlicher Druck bei der Bestellaufgabe und Sonderwünsche für die Lieferung können ein Hinweis auf unsaubere Geschäftspraktiken sein.
- Stellen Sie schnell Rechnung: Rechnen Sie sofort nach dem Liefern der Ware oder dem Erbringen der Leistung ab und stellen Sie sicher, dass der Kunde die Rechnung schnellstmöglich erhält.
- Schreiben Sie vollständige Rechnungen: Formulieren Sie die Zahlungsbedingungen und das Fälligkeitsdatum deutlich und nehmen Sie sämtliche Informationen zu Ihrem Kunden, sich selbst und der Ware oder Dienstleistung auf.
- Legen Sie das Zahlungsziel fest: Sprechen Sie mit ihrem Kunden ein verbindliches Zahlungsziel ab. Formulieren Sie dieses als konkretes Datum, an welchem die Rechnung bezahlt sein muss.
- Rufen Sie bei Verzögerung an: Sobald Sie einen Verzug feststellen, sollten sie sofort freundlich und konsequent nachfragen, wieso die Zahlung verzögert ist und wann sie erfolgen wird.
- Lassen Sie keine Ausreden zu: Lassen Sie sich bestätigen, dass der Kunde die Ware in der bestellten Menge und in einwandfreier Qualität erhalten hat. So kann er keine taktische Mängelrüge vorschieben.
- Seien Sie offen und ehrlich: Sprechen Sie Probleme an und geben Sie zu verstehen, dass man über alles reden kann und bereit ist für gemeinsame Lösungen.
- Zögern Sie nicht bei der Nachverfolgung: Melden Sie sich direkt nach der Lieferung beim Kunden und fragen Sie nach, ob er die Ware vollständig erhalten hat und auch im Besitz der Rechnung ist.
- Arbeiten Sie mit kompetenten Inkassopartnern zusammen: Konzentrieren Sie sich auf Ihre Kernkompetenzen und sparen Sie Zeit, Geld und Nerven, indem Sie offene Fälle einem Inkassospezialisten übergeben.
Über die Zahlungserfahrungen von D&B
D&B verfügt sowohl in der Schweiz wie auch weltweit über das grösste Zahlungserfahrungs-Programm. Darin werden alleine in der Schweiz jährlich über 20 Millionen Rechnungen gesammelt und ausgewertet. Die Kunden von D&B können dadurch sehen, wie die Geschäftspartner ihre Rechnungen bei anderen Unternehmen bezahlen. Ebenso lassen sich Veränderungen im Zahlungsverhalten, wie sie zum Beispiel bei finanziellen Krisen auftreten, feststellen. Die gesammelten Zahlungserfahrungen werden monatlich anonymisiert verarbeitet und auch zur Berechnung der Ausfallwahrscheinlichkeiten herangezogen. Sie sind somit Teil eines Frühwarnsystems, mit dem Firmen ihre Risiken optimieren und fundierte Kreditentscheidungen treffen können.