Firmenpleiten nähern sich Krisenniveau an
Urdorf – Von Januar bis November 2011 gab es in der Schweiz 5871 Konkurseröffnungen. Davon waren 3977 durch Insolvenz verursacht. Dies sind drei Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Die Insolvenzen erreichen einen Höchststand seit sechs Jahren, liegen aber noch unter dem Niveau der Krisenjahre 2003–2005. D&B erwartet allerdings einen weiteren Anstieg der Insolvenzen im kommenden Jahr.
Das grösste Insolvenzrisiko besteht immer noch im Gastgewerbe.Doch auch Firmen aus anderen Branchen müssen sorgfältig geprüft werden, denn die Insolvenz eines Kunden führt meistens zum finanziellen Totalverlust. Die Neugründungen von Firmen haben sich abgeschwächt. Bisher wurden 35’585 Firmen ins Handelsregister eingetragen. D&B prognostiziert, dass bis Ende Jahr rund 39’000 neue Firmen entstehen. Der Nettobestand an Firmen, also die Neueintragungen abzüglich Löschungen, wird in diesem Jahr um rund 11000 Firmen wachsen, wie Wirtschaftsauskunftei Dun & Bradstreet (D&B) in einer Mitteilung vom Dienstag schreibt.
Insolvenzen im Jahresvergleich
D&B untersuchte die Anzahl der Insolvenzeröffnungen über die letzten zehn Jahre. Von Januar bis November 2011 gab es 3977 Insolvenzen. Dieser Wert wurde nur in den Krisenjahren 2003 bis 2005 übertroffen, wo die Auswirkungen der geplatzten Dotcom-Blase die Insolvenzen in die Höhe trieben. D&B geht davon aus, dass im nächsten Jahr die Konkurse vor allem aufgrund der Euroschwäche weiter ansteigen werden: Denn davon sind nicht nur die Exporteure, sondern auch deren Dienstleister und Zulieferer betroffen.
Insolvenzen in den Schweizer Grossregionen
Bei den Insolvenzeröffnungen von Januar bis November 2011 gab es grosse regionale Unterschiede. Nur in der Genferseeregion kam es zu einem Rückgang, nämlich um vier Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. In allen anderen Regionen stiegen die Insolvenzfälle. Am stärksten war der Zuwachs im Tessin mit zwölf Prozent, gefolgt von Zürich mit acht Prozent und dem Espace Mittelland mit fünf Prozent. In der Ostschweiz stiegen die Insolvenzen um drei Prozent, in der Nordwestschweiz um zwei Prozent und in der Zentralschweiz um ein Prozent gegenüber der Vorjahresperiode.
Firmenkonkurse Januar bis November
Kantonal gab es von Januar bis November grosse Unterschiede bei den Konkurseröffnungen aufgrund von Insolvenz. Spitzenreiter sind – bei kleinen absoluten Fallzahlen – die Kantone Uri, Jura und Appenzell Ausserrhoden, nahmen doch die Insolvenzen in diesen Kantonen im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 80 Prozent zu. Deutlich weniger Firmenpleiten als im Vorjahr gab es demgegenüber in Appenzell Innerrhoden, Schaffhausen und Wallis. Die Betrachtung der fünf einwohnerreichsten Kantone ergibt ein uneinheitliches Bild: Während die Insolvenzen im Aargau um ein Prozent abnahmen, blieben sie in der Waadt und in St. Gallen auf dem Vorjahresniveau. In Bern stiegen sie um drei Prozent, und in Zürich betrug der Zuwachs ganze acht Prozent.
Firmenkonkurse im November
Im November 2011 gab es gesamtschweizerisch insgesamt 590 Firmenkonkurse. Dies ist ein Prozent weniger als im November 2010. 444 dieser Konkurse mussten aufgrund einer Zahlungsunfähigkeit eröffnet werden. Das heisst, diese Firmen wurden insolvent und konnten ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Die Insolvenz eines Geschäftspartners bedeutet in jedem Fall zusätzlichen Aufwand und Ärger, in den meisten Fällen aber auch den finanziellen Totalverlust. Deswegen empfiehlt D&B eine frühzeitige und umfassende Bonitätsprüfung sämtlicher Geschäftspartner. Die Prüfung sollte nicht nur die Neukunden, sondern auch die Stammkunden umfassen, verursachen diese doch rund 80 Prozent der Debitorenverluste in der Schweiz. Auch sollten Unternehmen im Rahmen des Supply Chain Management ihre Lieferanten regelmässig prüfen, denn ein Ausfall von spezialisierten Zulieferern kann zu bedrohlichen Krisen führen.
OR Artikel 731b: Konkurs durch Organisationsmangel
Anfang 2008 trat das Konkursverfahren ohne Konkurseröffnung (Schweizerisches Obligationenrecht Artikel 731b) in Kraft. Dieses regelt das Vorgehen bei sogenannten Organisationsmängeln von Firmen. Wenn ein notwendiges Organ einer Firma fehlt oder wenn die Organe nicht rechtmässig zusammengesetzt sind, kann ein Aktionär, ein Gläubiger oder der Handelsregisterführer beim Richter beantragen, dass die erforderlichen Massnahmen getroffen werden. Eine der möglichen Massnahmen ist die Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs. Neben dem Konkurs durch Insolvenz ist somit auch ein Konkurs durch Organisationsmangel möglich. D&B wertet die Konkurse nach beiden Ursachen aus, soweit dies aus den Konkurspublikationen ersichtlich ist. In der Gesamtübersicht (Tabelle «Gesamtübersicht Firmenkonkurse») werden neben den Gesamtzahlen auch die Insolvenzen und die Fälle nach OR 731b ausgewiesen.
Von Januar bis November 2011 gingen insgesamt 5871 Firmen in Konkurs. Mit 1894 Fällen nach OR 731b sind 32 Prozent der gesamten Konkurseröffnungen auf Organisationsmängel zurückzuführen. D&B erwartet eine weitere relative Zunahme der Konkurse nach OR 731b und dass sich die Konkurse aufgrund von Organisationsmängeln im Jahr 2012 auf rund 35 Prozent der Gesamtkonkurse einpendeln werden.
Konkursrisiko in verschiedenen Branchen
D&B analysierte das Insolvenzrisiko in verschiedenen Branchen. Dazu wurden die Insolvenzen von Januar bis November im Verhältnis zum Bestand an Firmen in der jeweiligen Branche betrachtet. Der Wert 100 entspricht dem durchschnittlichen Konkursrisiko aller erfassten Konkurse durch Insolvenz. Ein Wert über 100 bedeutet ein überdurchschnittliches Konkursrisiko. Das höchste Konkursrisiko besteht im Gastgewerbe. Der Konkursrisiko-Indikator von 239 zeigt, dass Firmen in dieser Branche ein beinahe zweieinhalb Mal höheres Risiko haben, wegen Zahlungsunfähigkeit ihre Pforten schliessen zu müssen, als der Durchschnitt. Doch auch das Baugewerbe und Handwerksbetriebe haben im Vergleich ein sehr hohes Konkursrisiko. Auf der anderen Seite gibt es auch Branchen, in denen es kaum Insolvenzfälle gibt: So ist das Risiko in der Textil- und Bekleidungsindustrie nur rund ein Drittel so hoch wie der Durchschnittswert.
Neugründungen von Firmen
Von Januar bis November 2011 wurden 35’585 Firmen neu ins Handelsregister eingetragen. Dies sind sechs Prozent mehr als in der Vorjahresperiode und ein absoluter Rekordwert. D&B erwartet, dass im Gesamtjahr 2011 in der Schweiz rund 39’000 neue Firmen gegründet werden. In sämtlichen Grossregionen stiegen die Neueintragungen von Firmen gegenüber der Vorjahresperiode. Am stärksten war der Zuwachs in der Genferseeregion mit einem Plus von zehn Prozent. Doch auch im Tessin (+8%), im Espace Mittelland (+7%) und in Zürich (+6%) gab es deutliche Zunahmen. In der Ostschweiz betrug der Zuwachs noch fünf Prozent, gefolgt von der Zentralschweiz mit drei Prozent. Am schwächsten war der Zuwachs in der Nordwestschweiz, wo die Firmengründungen nur um ein Prozent gegenüber der Vorjahresperiode anstiegen.
Firmengründungen Januar bis November
Von Januar bis November 2011 wurden 35585 Firmen neu ins Handelsregister eingetragen. Dies sind sechs Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Nur in sechs Kantonen gab es weniger Gründungen: In Glarus (-24%), Schaffhausen (-11%), Appenzell Innerrhoden (-10%), Basel-Stadt (-6%) sowie Obwalden und Zug (beide -4%). Zweistellige Zuwachsraten verzeichneten Uri (+30%), Jura (+26%), Luzern (+18%), Genf (+12%) und Waadt (+10%).
Firmengründungen im November
Im November 2011 wurden gesamtschweizerisch ingesamt 3252 Firmen ins Handelsregister eingetragen. Dies sind 55 Firmen mehr als im Vorjahresmonat, was einer Zunahme von zwei Prozent entspricht. (D&B/mc/ps)