Fisch Asset Management: Erholungspotenzial bei Wandelanleihen
Von Stephanie Zwick, Head Convertible Bonds bei Fisch Asset Management in Zürich
„An den Finanzmärkten bleibt die Unsicherheit auch nach der überraschend deutlichen Erholung im Januar greifbar. War es nur ein kurzer Rebound oder geht es weiter aufwärts? Eine Einschätzung dazu hängt von einer Reihe von Faktoren ab: Ein wesentlicher ist die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession und wie heftig diese ausfallen könnte sowie die Reaktionen der Notenbanken darauf. Angesichts dieses Szenarios mit noch offenem Ausgang positionieren sich Investoren mit Wandelanleihen vorteilhaft. Ganz im Sinne eines aktiven Anlegers haben sie bei einer positiven Entwicklung das Äquivalent zu einer höheren Aktienallokation im Portfolio, während ein negatives Szenario automatisch eine höhere ‚Bondallokation‘ nach sich zieht. Darüber hinaus bieten Wandelanleihen auch zusätzliche Renditequellen, die nicht direkt von der allgemeinen Marktentwicklung abhängen, darunter M&A-Aktivitäten.
Viele Wandelanleihen handeln unter Par
Nach der schwachen Performance von Wandelanleihen im vergangenen Jahr hat sich das Anlageuniversum deutlich verändert und weist seit einiger Zeit wieder ein stark asymmetrisches Risikoprofil auf – wie es für die Anlageklasse typisch ist. Damit zeigt sich auch unabhängig von den genannten makroökonomischen Überlegungen ein interessanter Einstiegszeitpunkt. Beispielsweise handeln mittlerweile fast 70% aller US-Wandelanleihen unterhalb des Nominalwerts von 100% und bieten sowohl einen wirksamen Puffer gegen weitere Kursverluste als auch entsprechendes Erholungspotenzial. Gleichzeitig partizipieren Wandelanleihen seit dem heftigen Ausverkauf im ersten Halbjahr 2022 wieder verstärkt an steigenden Aktienkursen. Damit bestätigen sie die gewünschten Charakteristika, im Abwärtstrend die Partizipation gegenüber fallenden Aktienkursen zu verringern und anschliessend in der Erholung wieder zu erhöhen.
Vom Rückgang der Inflation profitieren Small- & Mid-Caps
Kleinere und mittelgrosse Unternehmen sind im Wandelanleihenuniversum stark vertreten, da sich die Anlageklasse besonders als Finanzierungsinstrument für innovative und schnell wachsende junge Unternehmen eignet. Sie litten am stärksten unter der weltweit sprunghaft in die Höhe geschossenen Inflation. Im Vergleich mit Grosskonzernen kommen ihre Margen durch steigende Kosten stärker unter Druck, da sie kaum über Preissetzungsmacht verfügen. Sehr deutlich war dies im vergangenen Jahr an der im Vergleich zum grosskapitalisierten S&P 500 Index schwachen Performance des Russell 2000 zu sehen, der US-amerikanische Small- und Mid-Caps beinhaltet. Daher profitieren diese Unternehmen umgekehrt auch besonders in Phasen zurückgehender Inflation, so wie sie sich jetzt abzeichnen, und wir erwarten entsprechend eine Outperformance gegenüber Blue Chips.
Günstige Bewertungen befeuern M&A
Zusätzlicher Rückenwind kommt von Seiten der Bewertung. Verschiedene Kennziffern, darunter das Verhältnis von Buchwert zu Aktienkurs und die erwartete Gewinnrendite, befinden sich für Small Caps gegenüber dem S&P 500 auf dem höchsten Niveau seit 2001. Die relativ niedrigen Kurse im Vergleich zum Unternehmenswert spiegeln die signifikante Outperformance grosskapitalisierter Unternehmen der vergangenen Jahre wider. Die günstigen Bewertungen, gerade auch aufgrund des Wertverlusts im Wachstumssegment in den vergangenen zwölf Monaten, rufen nun potenzielle Käufer auf den Plan. Hinzukommt der eher niedrige Verschuldungsgrad der Übernahmekandidaten und die hohen Cash-Bestände der Unternehmen, die die M&A-Aktivität anfeuern. Bereits 2022 haben wir deutliche Anzeichen hierfür vernommen, da eine beachtliche Anzahl der Rückzahlungen ausstehender Wandelanleihen durch Übernahmen ausgelöst wurde.
Positiv zu erwähnen ist, dass Wandelanleiheninvestoren häufig von so genannten Übernahmeschutzklauseln profitieren, die den Investor im Falle einer Übernahme zu attraktiven Konditionen kompensieren. Gerade auch bei Wandelanleihen, die anleihenähnlich handeln, also deutlich unter Nominalwert, kann der Anleger die Wandelanleihe zu 100% zurückgeben und realisiert somit umgehend die Ablaufrendite. Dies bietet eine zusätzliche, von der allgemeinen Marktlage losgelöste, Renditequelle. Wir erwarten für das Wandelanleihenuniversum ein anhaltend hohes Niveau der Übernahmeaktivitäten, da sich dort besonders viele Wachstumsunternehmen als potenzielle M&A-Kandidaten befinden.
Zunahme der Neuemissionen
Das schwache Finanzmarktumfeld liess die Neuemissionen im vergangenen Jahr auf historische Tiefstände einbrechen. Die Stabilisierung des Umfelds in Kombination mit dem stark erhöhten Zinsniveau lässt eine deutliche Zunahme der Aktivitäten erwarten. Denn die niedrigeren Coupons von Wandelanleihen machen die Anlageklasse aufgrund der Zinsersparnis zu einem sehr attraktiven Finanzierungsinstrument. Damit einher geht eine Verbreiterung des Anlageuniversums, das Anlegern eine bessere Diversifikation ihrer Allokation ermöglicht.
Alles in allem sind wir aufgrund der erläuterten Faktoren positiv gestimmt, dass die Anlageklasse der Wandelanleihen zu altbewährter Stärke findet und Investoren im Jahr 2023 wieder eine deutlich positive Rendite ermöglicht.“