Forschende wandeln Krebszellen in weniger schädliche Zelltypen um

Forschende wandeln Krebszellen in weniger schädliche Zelltypen um
(Photo by Drew Hays on Unsplash)

Basel – Krebszellen ähneln in ihren Eigenschaften Stammzellen und sind extrem anpassungsfähig. Forschende der Universität Basel haben vielversprechende Wirkstoffe identifiziert, die Zellen eines hochaggressiven Brustkarzinoms künstlich reifen lassen und dadurch in einen Zustand überführen, der gesunden Zellen ähnelt.

Krebs entsteht, wenn Zellen unkontrolliert wachsen und sich weiter im Körper ausbreiten. Krebszellen unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von normalen Zellen: Eines ihrer Merkmale ist ihre hohe Anpassungsfähigkeit an verschiedene Umgebungen im Körper sowie an medikamentöse Behandlungen. In dieser Eigenschaft ähneln sie Stammzellen oder Zellen in einem frühen Stadium der Reifung.

Forschende der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel haben die Möglichkeit getestet, Brustkrebszellen künstlich heranreifen zu lassen, genauer gesagt zu differenzieren, um sie in einen normaleren Zelltyp umzuwandeln.

Differenzierung ist eine therapeutische Strategie, die bei der Behandlung von Blutkrebs erfolgreich eingesetzt wird, jedoch noch nicht bei soliden Tumoren. In der Zeitschrift «Oncogene» berichtet nun eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Mohamed Bentires-Alj über vielversprechende neue Ergebnisse. Den Forschenden gelang es, die Differenzierung zur Behandlung eines besonders aggressiven Karzinoms, des dreifach-negativen Brustkrebses, einzusetzen.

«Wir zeigen hier, dass wir Brustkrebszellen in weniger schädliche Zellen umwandeln können, die aufhören zu wachsen», sagt Bentires-Alj, Forschungsgruppenleiter am Departement Biomedizin.

Östrogenrezeptoren in gesunden und kranken Zellen
Das Hormon Östrogen wirkt als Signalmolekül in Zellen, indem es sich an den ihm zugehörigen Rezeptor, den Östrogenrezeptor, bindet und dadurch eine Reihe biologischer Prozesse auslöst. In der gesunden Brust sind Zellen, die den Östrogenrezeptor produzieren, reife, spezialisierte Brustzellen und vermehren sich nicht.

Im Gegensatz dazu vermehren sich Zellen mit Östrogenrezeptor bei einem Subtyp von Brustkrebs erheblich. Dieser Subtyp wird als östrogenrezeptor-positives Brustkarzinom bezeichnet und macht etwa 75 Prozent aller Brustkrebsfälle aus. Da diese Tumore für Östrogen empfänglich sind, können sie mit anti-östrogenen Therapien behandelt werden, die sich als sehr wirksam etabliert haben.

Brusttumore vom dreifach-negativen Subtyp hingegen reagieren weder auf Östrogene noch auf Anti-Östrogene. Dieser Karzinomtyp tritt hauptsächlich bei Frauen vor der Menopause auf, und es gibt oft keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten. «Unsere ursprüngliche Idee war es, die Produktion des Östrogenrezeptors künstlich anzukurbeln, um den dreifach negativen Brusttumor in ein östrogenrezeptorpositives Karzinom umzuwandeln, da es für diesen Subtyp wirksamere Behandlungsmöglichkeiten gibt», sagt die Erstautorin der Studie, Dr. Milica Vulin.

In Zusammenarbeit mit Novartis testete das Forschungsteam mehr als 9500 Substanzen auf diese Wirkung. Dabei stellte sich heraus, dass die vielversprechendsten Wirkstoffe sich dadurch auszeichnen, ein wichtiges Zellzyklusprotein namens Polo-like Kinase 1 (PLK1) zu hemmen. Die Blockierung dieses Proteins führte zu der gewünschten verstärkten Expression des Östrogenrezeptors. Zur Überraschung der Forschenden verwandelte dies die dreifach negativen Brustkrebszellen nicht nur in einen besser kontrollierbaren Typ von Krebszellen. Es wandelte sie in Zellen um, die normalen Zellen ähnlich sind.

Bedeutung für die Behandlung
«Das Verständnis der zellulären und molekularen Mechanismen, die Krebs definieren, und wie sich diese Mechanismen von normalen Zellen unterscheiden, ist für die Entwicklung neuer innovativer Therapien von entscheidender Bedeutung», sagt Vulin. Die Ergebnisse eröffnen einen neuen Weg für die Behandlung von dreifach negativem Brustkrebs. «Die in dieser Studie verwendeten Wirkstoffe befinden sich bereits in klinischen Versuchen zur Behandlung anderer Krebsarten, darunter Blut-, Lungen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs», so die Forscherin weiter. Dies unterstreicht die Möglichkeit, diese Substanzen auch für die Behandlung von Brustkrebs zu testen.

Im Zusammenhang mit den relativ neuartigen Immuntherapien gegen Krebs vermuten Fachleute, dass «normalähnliche» Zellen vom Immunsystem beseitigt werden können, während «krebsartige» Zellen sich der Abtötung durch Immunzellen entziehen. Für die Zukunft bleibt abzuwarten, ob die Differenzierungstherapie mit Immuntherapien kombiniert werden kann. «Wir verfolgen solche Strategien, und nur Zeit und knappe Ressourcen stehen uns im Weg, um weitere Fortschritte zu erzielen», schliesst Bentires-Alj. (Universität Basel/mc/pg)

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